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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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Bewusstsein drang. Er ging zum Heck, beugte sich zur Reling hinüber und flankte aufs Deck. Dort kauerte er sich zusammen. Drei Meter von ihm entfernt schwang die halb geöffnete Tür, in der Hanusson verschwunden war, leicht mit den Bewegungen des Boots hin und her. Um beweglicher zu sein, nahm er den Rucksack ab und deponierte ihn an der Reling. Vorsichtig schlich er auf den Eingang zu. Metallische Laute und das Licht von Neonröhren drangen die Treppe herauf. Stefan schlüpfte hinein. Seine nackten Füße erzeugten kein Geräusch auf den Stufen. Der Mann stand gebeugt über einem der Motoren und wandte Stefan den Rücken zu. Seine Arme steckten bis zu den Ellenbogen in dem Aggregat und er arbeitete konzentriert.

    *

    Dieser miese Drecksack! Das gewissenlose Stück Scheiße! Stefan entdeckte eine große Rohrzange auf dem Boden, bückte sich und holte aus. Das Maul der Zange stieß gegen die Decke. Hanusson drehte den Kopf und versuchte, sich aufzurichten. Das Werkzeug sauste herunter und schlug mit einem dumpfen Geräusch auf Hanussons Schulter ein. Sein Schmerzensschrei vermischte sich mit Stefans Überraschungsruf. Stefan holte erneut aus. Diesmal traf er den Kopf. Der Ton, mit dem der Schädelknochen barst, hallte als hundertfaches Echo in Stefans Kopf wider. Hanusson ging in die Knie, ein rotes, klebriges Rinnsal rann über sein Gesicht. Seine weit aufgerissenen Augen fixierten Stefan, als er versuchte die Hand zu heben und nach ihm zu greifen. Sein Blick erlosch und er fiel aufs Gesicht. Warmes Blut spritzte über Stefans Füße. Er ließ die Rohrzange fallen. Farbige Schlieren schillerten vor seinen Augen, wie Öl auf einer Pfütze. Sein Kreislauf spielte verrückt und er lehnte sich mit dem Rücken an die Holzwand. Er hatte es getan! Er hatte diesem Mörder gezeigt, dass man die Umwelt nicht straflos zerstören durfte!
    Jetzt hieß es, ungesehen zurück in die Stadt zu kommen und dort bis zum Rückflug unterzutauchen. Ob er sich Poulson noch vorknöpfen sollte? Wahrscheinlich würde man Hanussons Leiche eher früher als später entdecken und Poulson wäre gewarnt. Das konnte die Angelegenheit unnötig komplizieren. Wozu also ein zusätzliches Risiko eingehen? Er hatte mehr erreicht, als er sich erträumt hatte: Einen der Verbrecher hatte die gerechte Strafe für den vielfachen jahrelangen Mord an den Grindwalen ereilt. Eine unerkannte Flucht zurück nach Deutschland würde die Aktion krönen.
    Stefan hob die Rohrzange auf und wischte den Griff gründlich mit einem herumliegenden Fetzen Putzwolle ab. Ebenso verfuhr er mit der Wand, an die er sich gelehnt hatte. Der Türrahmen und die Reling fielen ihm ein, auch dort musste er seine Spuren verwischen. Er wandte sich zur Treppe und wollte den Fuß auf die erste Stufe stellen, aber es funktionierte nicht. Seine Beine schienen wie festgeklebt.
    »Du dummer kleiner Junge.« Nur ein Flüstern.
    Er versuchte, sich umzudrehen. Es ging nicht. Was zum Teufel …?
    »Nein, nicht der. Eher das Gegenteil!« Die Stimme steigerte sich zu einem Raunen, das aus vielen Kehlen zu kommen schien. Und es erklang direkt in seinem Kopf.
    »Du hast nichts verstanden. Gar nichts. In deiner überbordenden Selbstgerechtigkeit dachtest du, deine Vorstellung einer Weltordnung, deine Ansichten von Gut und Böse durchsetzen zu müssen.«
    Stefan erschauerte innerlich. Aber …?
    »Was aber?!« Aus dem Raunen wurde ein Donnern. »Ihr dummen Menschen. Ihr versucht mein Handeln zu interpretieren, mein Denken nachzuvollziehen. Lächerlich! Meine Beweggründe könnt ihr ebenso wenig verstehen, wie eine Ameise die Gedanken eines Menschen begreifen kann. Anstatt euch zu fügen, die geltende Ordnung als gegeben anzuerkennen, steigert ihr euch in einen Wahn des besser machen Wollens hinein und macht alles viel schlimmer!«
    Ein warmer, feuchter Fleck breitete sich auf Stefans Hose aus. Panik wühlte in seinen Eingeweiden und arbeitete sich zielsicher in seinen Kopf vor. Er begriff, dass er mit etwas – mit jemandem – sprach, der oder das weit außerhalb dessen lag, was er sich vorstellen konnte.
    »Ich erkläre es dir.« Die Stimme klang jetzt freundlicher, fast gütig. »Du denkst an die vielen gequälten Tiere und meinst, ihnen helfen zu müssen. Hast du schon mal einen Gedanken daran verschwendet, dass es mein Plan sein könnte? Was glaubst du, passiert mit den Seelen der Menschen, die Böses tun? Sie kommen nicht in die Hölle. Die existiert nicht. Sie werden wiedergeboren, in Körpern von

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