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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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genauer, die ihn förmlich aufzusaugen schien, und sah, dass es Blut war. Blut und Fleischfetzen – Leichenteile ermordeter Wale und Delfine. Links von ihm schwamm ein Auge, groß wie ein Tennisball und sah ihn an. Das Ende des Zuges war jetzt fünfzig Meter von ihm entfernt und er steckte bis zum Brustkorb fest.
    »Wartet auf mich!«, schrie er. »Ich will mitkommen, ich gehöre zu euch …«

    *

    »Geht es Ihnen gut?«
    Die sanfte Berührung an der Schulter riss ihn aus seinem Albtraum. Eine Stewardess in ihrer adretten Uniform stand neben ihm und blickte ihn besorgt an. Ihr skandinavischer Akzent gefiel ihm.
    »Alles in Ordnung«, beeilte er sich zu versichern. »Ich habe nur schlecht geträumt.«
    »Dann sollten Sie besser wach bleiben«, riet ihm die Flugbegleiterin lächelnd. »Wir landen in fünfzehn Minuten auf dem Flughafen Vagar.«

    *

    Es war kühl. Ein strammer Wind blies den Nieselregen waagerecht über den Vorplatz des Flughafens. Stefan überlegte, was er als Nächstes tun sollte. Er hatte weder eine Unterkunft gebucht, noch sich um seine weiteren Schritte große Gedanken gemacht. Nach seinen Informationen aus dem Internet waren es zwölf Kilometer bis zu der Bucht, an der die Fotos aufgenommen worden waren. Dort wollte er zuerst hin.

    *

    Der Regen hatte nachgelassen und blaue Stellen am Himmel ließen die Sonne durch. Er hatte einen Hügel erklommen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Das Wasser des Fjords lag erstaunlich ruhig und klar vor ihm. Keine Spur von Blut. Vereinzelte Holzhäuser lagen weit verstreut in der hügeligen Landschaft und zeichneten das trügerische Bild einer Idylle, in der noch vor wenigen Tagen ein bestialisches Morden stattgefunden hatte.
    Wenn Wale schreien könnten , dachte Stefan, dann würdet ihr nicht … Ach was …, korrigierte er sich, ihr würdet trotzdem. Ihr habt keine Skrupel, beruft euch darauf, dass der Mensch ein Raubtier sei. Pah! Raubtiere töten, um zu überleben. Ihr tötet aus wirtschaftlichen Überlegungen, aus Profitgier und häufig einfach aus Spaß. Ihr seid keine Raubtiere, ihr seid Monster! Die angeblich wissenschaftlichen Gründe der Japaner fand er genauso lächerlich wie die Ausrede der Färöer, die sich auf ihre Tradition beriefen.
    Wut kochte in ihm hoch. Zielstrebig machte er sich auf den Weg zu dem kleinen Hafen. Dort hoffte er, weitere Informationen zu finden.
    Die Adressbücher hatten ihm nicht weiter geholfen und die Einträge im Handels- und Schifffahrtsregister beinhalteten lediglich eine Postfachadresse, die Telefonnummer einer Serviceagentur und die Adresse einer Webseite.
    Seine Gedanken irrten durcheinander. War er tatsächlich in der Lage, einen Menschen zu töten? Rein körperlich war er das. Aber psychisch? War es Rechtfertigung genug, dass diese gewissenlosen Mörder jedes Jahr Hunderte von Tieren schlachteten?
    Er verlangsamte den Schritt, versuchte sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Auf die Geräusche des Grases unter seinen Stiefeln, den Meeresgeruch in der Luft und den sanften Wind in seinem Gesicht. Natur – sie konnte viel geben.
    Er war bereit, den Mördern die Rechnung für ihr Tun zu präsentieren. Sie nahmen der Menschheit ein Stück von dem, was allen gehörte. Auch ihm! Und sie taten es auf eine bestialische, unmenschliche Art.
    Stefan erreichte die ersten Gebäude der kleinen Siedlung. Lagerschuppen, Werkstätten und halbverfallene Wohnhäuser, die allesamt aussahen, als wären sie monatelang nicht mehr betreten worden. Je näher er der Anlegestelle kam, desto neuer und gepflegter wirkten die Häuser und die Straßen wurden belebter. Männer mit wettergegerbten Gesichtern, die einfache Kleidung, zumeist Jeans und Rollkragenpullover oder Hemden aus festem Stoff trugen, begegneten ihm. Zwei junge Frauen standen vor einem Gemischtwarenladen und unterhielten sich lebhaft. Bereitwillig, mit einem Lächeln, machten sie ihm Platz und er betrat das kleine Geschäft. Nachdem sich seine Augen an das spärliche Tageslicht, das sich durch ein schmutziges Fenster kämpfte, gewöhnt hatten, erspähte er einen Kühlschrank mit Glastür. Er entnahm ihm eine Literflasche Coca Cola und wandte sich dem Tresen zu, auf dem eine altertümliche Registrierkasse thronte. Niemand war zu sehen.
    »Hallo«, rief er leise.
    Eine der beiden Frauen, die noch immer in ihre angeregte Unterhaltung vertieft waren, spähte durch die Tür in den Raum. »For et mindre.«
    Stefan nickte. Die Frau verabschiedete sich von ihrer

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