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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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brauchte zehn Minuten, und der Gedanke, diese Zeit bei
McDonalds eingespart zu haben, half mir auch nicht weiter.
    Scheiß drauf. Noch zehn Meilen bis Boston.
     
    Ingo schlief volle sieben Minuten, dann waren wir da.
    Ich bot Hank zehn Dollar an, und er fragte mich, ob ich
übergeschnappt sei: Ich solle ihm zehntausend geben oder gar nichts.
    »Wenn du jemals in Dortmund bist, komm auf ein Bier vorbei«,
sagte ich.
    »Ich bin ziemlich selten in Dortmund«, sagte er.
    Ich schulterte Ingo und meinen Rucksack, gab Hank die Hand
und stieg aus.
    Boston.
    Es hatte gerade mal zwanzig Stunden gedauert, von New York
in den Nachbarstaat zu gelangen. Ein Trip wie in »Herr der Ringe«, wenn Laurel
und Hardy ihn gemacht hätten, aber ich war nicht unzufrieden. Immerhin hatte
ich achtzehn Dollar gespart.

Boston
    Anspruch:              
*
    Metapherndichte:    *
    Lerneffekte:           
*
    Romantik:              
*
    Action:                   
**
    Sex:                        
*
     
    Boston, eine coole Stadt in einem Bundesstaat, dessen Namen
ich weder schreiben noch sprechen kann; eben Boston. Dieses Boston.
    Unsere Mitstreiter, politisch hochmotivierte Leute mit
ausgeprägtem Faible für entkoffeinierten Kaffee und eremitenhafte Eichhörnchen
in kleinen New Yorker Parks, waren zwölf Stunden vor uns angekommen.
    Wir sahen in eine Menge betroffener Gesichter, deren leicht
gerötete Mischhaut den Ausdruck des Erstaunens noch verstärkte.
    Fragen prasselten auf uns ein, jede noch intelligenter als
die vorangegangene.
    Meine Charts:
»Ihr lebt?«
»Wo kommt ihr denn her?«
(mit Blick auf Ingos in totalem
     Verfall befindliche Gesichtshaut) »War’s schön?«
    Wir waren zu müde zu reden, zu müde zu stehen und eigentlich
auch zu müde, um müde zu sein.
    »Erzählen wir euch morgen.« Wir klappten in der kargen Stube
des Youth Hostel Boston zusammen. Ich sofort, Ingo nach Genuss von acht
Dosen Eistee, was ihn die Nacht über blubbern ließ wie eine
Vorkriegstoilettenspülung.
    Am Morgen stand mal wieder ein wichtiges Event auf dem
Programm; Ingo und ich waren zu platt, um uns dagegen zu wehren und begleiteten
die anderen nach Cambridge, um mit einer Studentenverbindung zu diskutieren,
die sich ausschließlich aus Schwulen und Lesben zusammensetzte.
    Ich mag homosexuelle Menschen. Ich mag auch Ingo und seine
Schwester, obwohl diese – nebenbei bemerkt – nur in mich verknallt war, um Ingo
eins auszuwischen. Ich mag New York. Selbst die Bronx, die mich unverdaut
wieder ausgespuckt hat.
    Aber ich hasse Schmerzen.
    Als wir den Bus Richtung Cambridge bestiegen, setzten sie
gerade ein; das Epizentrum schien ein Backenzahn zu sein. Ich wurschtelte
während der gesamten Fahrt mit der Zunge über meinen Personal Point of Pain, und irgendwann sprach Ingo mich an.
    »Hast du ein Frettchen im Maul?«
    »Zahnschmerzen.«
    »Hol Dir Tabletten.«
    »Danke, Ingo. Und ich wollte schon in unserem Zimmer selbst
operieren.«
     
    Die Simultanübersetzer waren wie üblich vor uns da. Diese
besonderen Reisebegleiter waren vom Land NRW gestellt worden und dolmetschten
bei allen wichtigen Veranstaltungen. Zwei Herren und eine Dame, die leise ihre
Übersetzungen in Apparaturen murmelten, die diese dann zu unseren Kopfhörern
übertrugen.
    Dafür redeten sie in freier Wildbahn niemals mit uns – im
Bus, bei gelegentlichen Essen: Immer ging eisige Stille von ihnen aus.
    Da lob ich mir C3PO, die alte Labertasche. Der hat
zig-Milliarden Dialekte auf der Pfanne und quatscht einen zwischendurch noch
zu.
    Als erstes sprach der Präsident der Verbindung, deren Name
so kompliziert war, dass ich ihn keine drei Sekunden behielt. Meine
Zahnschmerzen waren meiner Konzentration auch nicht gerade förderlich.
    Erstaunlich war bei seinem Vortrag vor allem die totale
Abwesenheit jeden Humors. Eine mächtige, homosexuelle Verbindung aufzuziehen
schien eine ernste Sache zu sein.
    Gott sei Dank hatten wir unsere Dolmetscher. Die Dame im
Team übersetzte den Begriff Lesbians mit »Lesbianer«, einem Wort, dass
direkt aus einem Flash Gordon-Film zu stammen schien. Ich lachte jedes Mal,
wenn sie es sagte, und sie sagte es oft. Ich feilte im Geiste bereits an einem
kunterbunten SciFi-Schlachtengetümmel (Lesbianer! An die Laserkanonen, die
Schwulonen greifen an!), als ich den Blick des Redners bemerkte, der auf mir
ruhte.
    Keine Ahnung, wie lange er mich schon fixierte, während ich
versonnen

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