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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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war; dann wieder durchliefen Wellen sein Gesicht, als wäre er ein
Knetmännchen unter Strom.
    Das Gefühl, selbst nur zehn Zentimeter groß zu sein, tat
meiner Heiterkeit keinen Abbruch.
    Als störend empfand ich lediglich die kleinen kreischenden
Tierchen auf meiner Zunge, die immer genau dann anfingen Paso Doble zu
tanzen, wenn ich etwas wie »Kein Thema, mir geht’s gut« sagen wollte.
    Ich verbrachte den größten Teil des – für mein Gefühl rasend
schnell verrinnenden – Abends unter der Dusche. Meine Swatch war platt, aber an
der Wand hing eine YMCA-Uhr. Gegen null Uhr entstieg ich der Duschtasse
mit dem Gefühl, jemand hätte mir die Zunge asphaltiert, und stapfte den Gang
hinunter, ohne mich an meine Zimmernummer zu erinnern.
    Ich hatte einen gigantischen Kater; nicht so ein
Bukowski-Ding, keine leichte, kultivierte Unpässlichkeit.
    Ich fühlte mich wie ein nur mit Ponal-Holzleim und ohne
jedes Gelenk montierter Pinnocchio.
    Zimmer 1807, fiel mir ein. Wenn das so weiterging, konnte
ich mich vielleicht schon kommende Woche erinnern, wie man sich die Schuhe
zuband.
    Ich traf Ingo in unserem Zimmer an.
    »Geht’s wieder besser? Du warst sechs Stunden unter der
Dusche.«
    »Ja«, sagte ich, »das reicht erst mal.«
    »Deine Uhr ist voller Wasser. Ich denk, die Dinger sind
wasserdicht.«
    »Hm … aber erst ab dreißig Meter.«
    Ingo legte den Kopf schräg. »Tatsache?«
    »Nein. Blödmann.«
    Ich trocknete mich ab und legte mich hin. Ich schaltete den
Walkman ein und stellte fest, das Billy Joel sich nun anhörte wie die Sisters
of Mercy.
     
    Der Rest der Reise verlief protokollgemäß. Wir kehrten nach
New York zurück, um einen verschobenen Termin bei Bürgermeister Ed Koch
wahrzunehmen. Er empfing uns herzlich, ließ aber nur Sachen vom Stapel, die man
auch in der GEO nachlesen konnte. Die Dolmetscher übersetzten tapfer und ohne
humoristische Aussetzer, es gab unter großem »Ohh« und »Ahh« (und einigen
geröchelten, auf das Rauchverbot abzielenden »Fuck«) entkoffeinierten Kaffee in
Tassen mit » I Love N.Y. «-Aufdruck, und alles war wundervoll planmäßig
und rund.
    Abschließend erklärte Koch, wir mögen Helmut Kohl von ihm
grüßen. Meine gemurmelte Bemerkung »Klar, wenn ich ihn beim Metzger treffe«
wurde nicht für den Bürgermeister übersetzt.
    Wir kauften noch Geschenke für unsere Freunde und bestiegen
unseren Flieger nach Düsseldorf.
    Mein Gepäck ging verloren, tauchte aber am Folgetag wieder
auf und wurde mir per Taxi nach Hause geliefert. Ich hatte Blut und Wasser
geschwitzt, weil ich dachte, all meine todoriginellen Geschenke wären futsch.
    Meine Mutter bedankte sich etwas hölzern für das
Bart-Simpson-Shirt mit dem Aufdruck Eat my Shorts . Vielleicht hätte ich
es nicht in Größe S nehmen sollen.
    Meine Freundin staunte nicht schlecht über die Ritualkerze
aus Schweineblut, die ich im Satanisten-Shop gekauft hatte; sie stellte sie
umgehend neben ihre Snoopy Plüschtier-Sammlung.
    Richtig begeistert war aber Dave: Ich meinte sogar, etwas
Feuchtigkeit in seinen Augen gesehen zu haben.
    »Danke Mann«, sagte er bewegt, »das ist toll.«
    »Ja«, sagte ich. »Aber drei solltest du schon nehmen, sonst
bringen die nichts.«

Vier Farben für ein Halleluja
    Anspruch:              
*
    Metapherndichte:    *
    Lerneffekte:           
****
    Romantik:              
*
    Action:                   
**
    Sex:                        
*
     
    Diese Geschichte entsteht gerade, entgegen meiner
Gewohnheit, nicht auf dem Computer; ich verfasse sie mit einem Vierfarbkuli,
während ich mich frage, ob zuerst das Huhn oder das Ei da war, denn der Stift,
der diese Worte zu Papier bringt, entspringt dieser Geschichte und rechtfertigt
sich somit selbst.
    Er schreibt gut und flüssig, obwohl er einige Jahre alt ist;
seine gediegene Art, farbige Flüssigkeit abzusondern, nötigt mir geradezu das
Verfassen tiefsinniger Erkenntnisse auf.
    Einige Beispiele:
    Ein Mann sollte, glaubt man der Legende, drei Dinge tun:
Ein Haus bauen.
Einen Baum pflanzen.
Ein Kind zeugen.
    Außer beim letzten Punkt ist mir der Arbeitsaufwand, der
sich in diesen Direktiven verbirgt, zuwider. Andere Punkte zur Vermeidung
dieser merkwürdigen Regeln kann ich leider nicht anführen: Ich hatte zwar
bereits Sex, bin aber weder Gärtner noch Bauarbeiter.
     
    Bei den zu vermeidenden Dingen verhält sich das natürlich völlig anders.
    Drei Dinge, die man

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