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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Passanten an und fragte ihn nach dem Weg.
    »Zur Nationalgalerie? Ich bin Tourist.«
    Der Mann musterte ihn zerstreut und wies zum gegenüberliegenden Gleis. Dabei nuschelte er die Nummer einer Linie. Straner bedankte sich steif und beeilte sich, wieder in der Menge unterzutauchen. In einer Mega-Stadt von fünfhundert Millionen aufzufallen, war eine Kunst, in der er jetzt nicht unbedingt exzellieren wollte. Andererseits züchteten abgeschottete Systeme wie das von Zhid zahllose Eigenheiten, die den Einwohnern in Fleisch und Blut übergegangen waren, deren Nichtbeachtung den Fremdweltler aber sofort bloßstellte.
    Zusammengepresst in einem Zug, dessen Magnetschienen teilweise ausgefallen waren, sodass die Fahrt derjenigen in einem überfüllten Eselskarren glich, erreichte er nach einer Viertelstunde den Ort seiner Bestimmung. Ans Tageslicht zurückgekehrt, bewunderte Straner die Pracht der Repräsentationsbauten, die in einem Halbkreis um den Platz der Revolution errichtet waren. Die Nationalgalerie von Zhid. Das Revolutionstheater. Die Große Halle. Das Mausoleum Iban Mogul Khans. Es gab Andenkenverkäufer und Fremdenführer, allerlei Gaukler und Bauernfänger, wie an einer ganz normalen Sehenswürdigkeit in einer ganz normalen Stadt irgendwo in der besiedelten Galaxis. Reisegruppen aus Kirgol, Panesh und anderen alliierten Welten Zhids. Straner erkannte sogar einen Trupp Senioren, deren Dialekt sie als Einwohner Rangkors verriet. Offenbar gehörte es in gewissen snobistischen Kreisen seiner Heimatwelt dazu, auch einmal das abgelegene und auf gewöhnlichen Wegen nicht zu erreichende Zhid besucht zu haben.
    Straner kaufte sich einen Stadtplan und einen Kulturführer. Dann frühstückte er an einem Stand, der buntes Zuckerzeug und überwürzte Fleischspieße anbot. Die Galerie ließ er links liegen. Stattdessen bog er in eine der großen Magistralen ein, die sternförmig von diesem Zentrum ausstrahlten, und einige Wegminuten weiter östlich verschwand er in einer Seitenstraße. Hier gab es ein öffentliches Bad.
    Seit der Nacht in Kiús Verschlag fühlte er sich am ganzen Körper schmutzig. Ständig musste er das Verlangen unterdrücken, sich zu kratzen. Die Fahrt in der stickig heißen, engen Bahn und der Marsch durch die lastende Hitze, die die Luft über den Plätzen und Prachtstraßen in Schwingung versetzt hatte wie ein in Trance rasender Trommler sein Instrument, hatten das ihre dazu beigetragen, dass er sich in seiner Haut alles andere als wohlfühlte.
    Das Bad war unschwer zu erkennen. Grüne Kuppeln wölbten sich über einen mehrflügeligen Bau, dessen wulstige Steinmassen von grazilen barbusigen Karyatiden getragen wurden. Straner trat ein und entrichtete die Gebühr in bar. Wie alles im Bereich von Dienstleistungen und Service, das nicht auf Technologie, sondern auf menschlicher Arbeitskraft beruhte, war das Bad lächerlich billig. Es gab einem einen Stich, wenn man die Preise – und die Gehälter – Rangkors im Kopf hatte. Aber hier hatten die Dinge einen anderen Wert.
    Ein Mädchen führte ihn zu einer Kabine, in der sie ihm half, sich seiner Kleidung zu entledigen.
    »Reinigen oder recyceln?«
    Er betrachtete das Bündel in ihren Händen, das einen Dunst ausströmte, als habe er mehrere Monate darin zugebracht. Dabei waren es kaum die zwanzig Stunden eines rangkorianischen Standardtages.
    »Was schlägst du vor?«
    »Ich führe nur Eure Wünsche aus.«
    Sie war klein und zierlich. Ihr safrangelber Sari reichte von der Taille bis zum Knie. Hennarote Tätowierungen an Stirn und Wange wiesen sie als Serafidin aus. Dieses Volk war hier weitverbreitet.
    »Ich glaube, ich brauche etwas Neues.«
    Sie nickte.
    »Etwas nach der hiesigen Mode.«
    Sie nickte abermals. Dann breitete sie die einzelnen Kleidungsstücke mit den Händen aus und betrachtete sie eingehend. Straner registrierte, dass sie eine Scan-Funktion in ihrer Netzhaut aktiviert hatte, um die Maße zu nehmen. »In Ordnung«, sagte sie. »Ihr werdet die neuen Sachen hier vorfinden, nachdem Ihr Euch entspannt habt.«
    Ihre Stimme wies nicht die geringste Anzüglichkeit auf. Dies hier war ein Badehaus und kein Bordell. Wenn es von Serafidin betrieben wurde, gab es da auch keine Grauzone und keine bereitwillig in Kauf genommenen Missverständnisse.
    Straner musterte das Mädchen. Dem Alter und der Figur nach konnte sie eine Schwester Kiús sein, bei der er die Nacht verbracht hatte.
    »Ihr seid nicht von hier.«
    Es war eine Feststellung, keine

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