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Bran

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Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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waren.
    In einer der Etagen, die der Entspannung gewidmet waren, stieg er aus. Er betrat eine der Schwimmhallen, legte das Handtuch ab und sprang ins Wasser. Dann hatte er den Schweiß und den klebrigen Geruch abgewaschen, der vom Keller her an ihm haftete.
    An der Bar nahm er einen Drink. Es war noch zu früh. Ein Mädchen spielte sich an ihn heran. Die mandelförmigen Augen, deren Winkel mit schwarzer Tusche nachgezogen waren, und das arabeskenförmige Tattoo in der Verlängerung des Nasenwurzel wiesen sie als Serafidin aus. Das waren fast alle, die hier arbeiteten, aber dieses Mädchen war ungewöhnlich hübsch.
    »Vielleicht später.« Ihre Schönheit schmerzte ihn. Natürlich kam sie ihm bekannt vor. Die Mädchen glichen einander wie ein Ei dem anderen. Aber sie war trotzdem etwas Besonderes.
    »Du siehst aus, als könntest du ein bisschen Entspannung gebrauchen.«
    Sie war nett. Es fiel ihm schwer, sich von ihr loszumachen.
    »Fünf Minuten.« Er strich ihr über Ohr und Haaransatz. Sie war unglaublich jung. Und obwohl sie eine Hure war, kam sie ihm wie der Inbegriff der Unschuld vor.
    »Ich bin die ganze Nacht hier.« Sie hakte die Achseln in die Theke und zwinkerte ihm zu.
      
    Die Dachterrasse war um diese Stunde gut besucht. Der Aufpasser an der Schranke, der die Extragebühr erhob, musterte ihn irritiert.
    »Ich war kurz noch einmal unten, hatte was vergessen.« Straner musste im Auge behalten, dass er erst vor ein paar Minuten hierher gekommen war. Sein Alter Ego lungerte jetzt irgendwo dort hinten bei den Pools herum.
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Hab gar nicht mitgekriegt, dass Sie wieder gegangen sind.«
    »Ich hab einen anderen Weg genommen«, sagte Straner. »Einen der Elevatoren.«
    Sein Gegenüber kratzte sich am Kinn. »Die sind eigentlich nur für …«
    »Ich weiß.« Er pingte ihn an und übertrug ihm ein weiteres üppiges Trinkgeld, das zweite an diesem Abend.
    Die Schranke öffnete sich. Der Mann sah nicht glücklich aus. Wahrscheinlich würde er Scherereien bekommen.
    Anderereits, dachte Straner, würde es hier sowieso gleich ziemliche Scherereien geben.
    Er steuerte den Kreis um Mordal an.
    Der Rebellenführer stand nackt und hager inmitten seiner Getreuen. Er predigte.
    »Mogul muss beseitigt werden! Der alte Khan hat das Land ruiniert. Unsere Frauen hungern, und unsere Söhne sterben.«
    Die Umstehenden murrten zustimmend. Es klang wie eine Viehherde, die träge wiederkäute und dabei vor sich hin glotzte. Und Mordal stand unter ihnen wie ein aufrecht gehender Esel, mit struppiger Mähne und ausgemergelter, hagerer Gestalt.
    »In der Stadt ist Elend«, rief er. »Ganze Viertel verfallen, verwandeln sich in Slums. Aber euch hier geht es immer noch gut. In der Wüste verrecken unsere Stämme. Das Vieh verendet, unsere Angehörigen krepieren. Das Khanat saugt uns aus. Es nimmt uns alles, was wir zum Leben brauchen.«
    Er gestikulierte schlaksig. An seinen nackten Armen traten harte Muskelstränge und straffe Sehnen hervor.
    »Was willst du tun?«, schrie einer aus der Menge. Straner kannte ihn. Es war Qumma, einer der wichtigsten Mafiabosse.
    Die Nacht war schwül, aber klar. Sterne funkelten. Der schöne Mond Zhids war eben untergegangen. Von der Wüste her frischte der Wind auf und brachte einen Geruch von hitzeglühendem Gestein mit.
    »Ich werde Mogul töten.« Mordals Stimme war fest wie die eines Propheten, der seinen Jüngern den Weltuntergang ankündigt. »Dann werde ich seine Stelle einnehmen. Wir werden Zhid wieder aufbauen!«
    Der Zeitgeber von Straners Tattoo erzeugte ein leichtes Kribbeln an seinem Handgelenk. Wie wenn sich dort eine Qecha-Fliege niedergelassen hätte. In wenigen Augenblicken würde Leli aus dem Pavillon treten, der den Eingang ihres privaten Elevators darstellte, und Mordal zu sich nach unten holen.
    Sie würde ihm den Finger auf die Lippen legen und ihn zum Schweigen bringen.
    Straner hatte oft darüber nachgedacht. Hatte sie ihn nur geholt, damit er sich dort oben nicht um Kopf und Kragen redete? Es musste einer wie Leli klar sein, dass auch ihr Etablissement unterwandert war. In Zhid hatten die Wände Ohren. Man konnte niemandem trauen. Jeder konnte ein Agent der Geheimpolizei sein, dem einzigen Gewerbe – neben dem der Prostitution und dem Schwarzhandel –, das im Khanat florierte. Jeder konnte ein Spitzel sein.
    Straner fuhr seine Applikationen bis zum Anschlag hoch. Gewaltige Felder bauten sich auf. Er spürte, wie seine Kräfte sich

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