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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Ebbert
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Nebenraum eine kleine Leihbibliothek, wie es sie in vielen Städten gab.
    Seit Samuel 15 war, half er in der Buchhandlung. Gelegentlich unterstützte er seinen Vater, wenn Bücher zu verleihen waren. Daher hatte er schon früh erfahren, dass es Bücher gab, die er weder verleihen noch lesen durfte.
    Eines Tages hatte er seinem Freund von den Büchern erzählt. Bruno hatte so lange gedrängt, bis Samuel eine Stunde ausfindig gemacht hatte, in der seine Eltern nicht zu Hause waren. Sonntagmittags. Am Tag nach dem Schabbes, den Samuel und seine Familie ehrten, erlaubten sich Samuels Eltern einen langen Spaziergang im Grünen.
    Diese Stunde nutzten die Jungen, sie schlichen sich in die Leihbibliothek und lasen aufgeregt von Frauen, die sich nach großen, starken Männern sehnten, und von dem, was Männer und Frauen miteinander hinter verschlossenen Türen taten.
    Während Samuel sich schämte, wenn er sich vorstellte, dass seine Eltern so etwas auch getan hatten, konnte Bruno nicht genug bekommen und beschrieb Samuel oft Szenen, in denen er selbst der begnadete Liebhaber war. Bei der nächsten Gelegenheit, die sich ihm während des Studiums in Münster bot, wollte er überprüfen, ob an den Geschichten etwas Wahres dran sei. Das erklärte er Samuel mehr als einmal am Tag. Auch, dass er seine Chance nutzen musste, wenn er erst einmal Student war. Samuels Einwand, dass das nicht zu einem angehenden Theologiestudenten passe, wiegelte er stets ab. Mit gemischten Gefühlen sah Samuel ihrer gemeinsamen Studienzeit in Münster entgegen.

2
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    Ich habe mich in der Küche verkrochen. Zum ersten Mal habe ich mich darüber geärgert, dass ich in diesem Haushalt kein Schweineschnitzel braten darf. Beim Schnitzelklopfen kann ich meine Wut gut loswerden. Ich kenne kein anderes Gericht, bei dem man klopfen kann, bis man sich beruhigt hat. Höchstens ein Omelett, für das man viel Eiweiß schlagen muss.

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    Er hat es tatsächlich getan! Herr Weizmann hat es mir erzählt und dabei mit der Zeitung in der Luft herumgewedelt, als wollte er ihn wie eine Fliege verjagen. Ich konnte der Zeitung ansehen, dass sie gelesen worden war. Da b ei sollte sie verkauft werden. Niemand würde die Zeitung kaufen. Sie war voller Knicke, als hätte sie jemand zusammengeknüllt und dann wieder auseinandergezogen und glatt gestrichen. Der 30. Januar 1933 war kaum noch zu lesen.

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    »Wieso hat er das getan?«, murmelte i c h und schlug das Eiweiß, als wäre es der Reichspräsident, den ich am liebsten stundenlang geohrfeigt hätte. Hat er denn nicht das Buch dieses kleinen Aufschneiders gelesen? Bücher fand ich schon immer interessant. Bei uns zu Hause gab es nur die Bibel und eine Heiligenlegende. Aber die Lehrerin hat mir manchmal Bücher geliehen und ich habe heimlich ganze Seiten abgeschrieben, um die Sprache der Bücher zu üben. Aber das Buch. Das wollte ich nicht einmal geschenkt.

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    Im Haus von Doktor Schulze-Möllering, bei dem ich früher in Stellung war, stan d en überall Bücher. Einmal hat er mich beim Lesen erwischt. Das war der Anfang vom Ende. »Dieses Buch solltest du lesen«, hat der Doktor gesagt und mir ein Buch hingehalten. ›Mein Kampf‹, habe ich gelesen. »Das Buch ist der Beginn einer neuen Ära«, meinte der Doktor. Er hat sich nicht darum gekümmert, ob ich weiß, was eine Ära ist oder nicht. Ich habe nicht gewagt, ihn zu fragen, und es später nachgeschlagen.

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    Der Anfang eines neuen Zeitalters sollte das Buch sein. Das kann ich bis h e ute nicht verstehen. Das Buch hat mir nicht Hoffnung, sondern Angst gemacht. Und nun hat Reichspräsident Hindenburg diesen Adolf Hitler, der das Buch geschrieben hat, zum Reichskanzler ernannt. Am liebsten hätte ich den ganzen Tag Eischnee geschlagen, um meine Wut und meine Angst zu zerschlagen.

    Karina warf ein Holzscheit in den Kamin. Obwohl das Feuer gemütlich flackerte, war ihr beim Lesen kalt geworden. Alle Karten waren an ›Katharina Bessling‹ adressiert. Auf der Karte, die sie zuletzt gelesen hatte, stand sogar ein Datum: 30. Januar 1933. Karina fiel ein, dass sie erst kürzlich in einer Biografie über einen Physiker gelesen hatte, dass Hitler am 30. Januar 1933 an die Macht gekommen war. Geschichte war auch so ein Fach, das sie überflüssig fand, was sie nach der Schulzeit mehr als einmal bereut hatte.
    Am liebsten hätte Karina gleich in einer Suchmaschine nachgeschaut, was es mit dem 30. Januar 1933 auf sich hatte. Sie konnte sich jedoch

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