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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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nicht. Auf den Inseln im Norden lag in diesem Jahr mehr Schnee als in Bayern.
    »Ich kann nicht reiten und Ski fahren schon mal gar nicht. Wenn es weiterhin so schneit, ist das ein Fall von höherer Gewalt und ein Grund, zuhause zu bleiben.«
    »Ach, und ich soll den Laden allein schmeißen, oder was?«
    »Genau«, bestätigte Kästner. »So machen wir’s. Dann bist du Chef, und ich kann meinen Hintern am Ofen wärmen.« Schnee wehte auf den Beifahrersitz, als er vor seiner Haustür ausstieg. »Grüß Frau und Kind«, sagte er und klopfte mit der flachen Hand aufs Autodach.
    Frau und Kind. Hört sich gut an, dachte Pieplow. Und immer noch fremd. Als ob es nicht passte zu einem, der mit Entscheidungen so seine Probleme hatte. Vor allem mit solchen, die gemeinhin als weit reichend galten. Wie eben die für Frau und Kind. Und das mit siebenunddreißig zum ersten Mal. Ein Alter, in dem andere den ersten Satz Familie schon zerschlissen hatten.
    Dabei hatte es durchaus diverse Gelegenheiten gegeben, obwohl ein Dorfpolizist nicht unbedingt als gute Partie galt. Aber er hatte sich nie entscheiden können. War meist sogar erleichtert gewesen, wenn er in seiner Wohnung wieder allein war. Was vielleicht auch erklärte, warum er zwei Jahre gebraucht hatte, bis er begriff, dass er die Richtige längst gefunden hatte. Beziehungsweise sie ihn. Denn er wäre womöglich irgendwann an seiner heimlichen Liebe erstickt, wenn Marie nicht die Initiative ergriffen hätte.
    Und das Kind? Es wäre nicht da, wenn es ihn nicht gegeben hätte. Behauptete Marie. Was spielte es also für eine Rolle, dass ein anderer es gezeugt hatte?
    Pieplow war am Ende der Fahrt und seiner Betrachtungen angekommen. Er parkte den Wagen vor dem
Haus mit der wachsenden Schneehaube auf dem Dach und blieb noch für einen Moment sitzen.
    Ich liebe diese Frau, dachte er, und ich liebe das Kind.
    Alles andere, so schien es, war unwichtig.

5
    Gegen sieben richtete Thiel sich sein Abendbrot. Fand alles dort, wo es immer gewesen war, die runden Holzbretter im Fach neben der Besteckschublade, darüber, hinter den Türen mit den Scheibengardinen, Becher und Gläser.
    Während er auf das Pfeifen des Wasserkessels wartete, deckte er den Tisch, hob das Einkaufsnetz vom Stuhl und stellte aufs Wachstuch, was er kurz vor Ladenschluss noch eingekauft hatte. Brot, Margarine, Salami. Zwei Bockwürste und Senf.
    Es war leer gewesen in der Kaufhalle, die Frau an der Wursttheke hatte er nicht gekannt, und der junge Mann an der Kasse musste noch im Kindergartenalter gewesen sein, als er ihn, wenn überhaupt, das letzte Mal gesehen hatte. Kein Grund also, sich angegafft zu fühlen, wie Thiel es getan hatte.
    Eine Windbö rüttelte an den Fenstern, Schneeflocken knisterten wie Reiskörner an den Scheiben. Thiel legte Holz nach und ließ die Aschenklappe offen, bis der Luftzug die Glut entfachte und Flammen die Scheite einhüllten. Bevor er sich das erste Bier gönnte, spülte er ab und hängte das Handtuch zum Trocknen
über die Ofenstange. Danach setzte er sich wieder an den Tisch, rauchte, trank Bier und lauschte in die Stille. Acht Uhr und kein Geräusch außer dem Wind und dem Knacken in den Wänden, die allmählich die Wärme aufnahmen. Kein Rufen, kein Türenschlagen, keine geschäftigen Vorbereitungen auf den Einschluss und die lange Nacht in der Zelle. Dafür eine erschreckende Leere im Kopf. Ein Gefühl von dichtem, wattigem Nebel, in dem er keine Orientierung fand, keinen Punkt, von dem aus er sich vortasten konnte. Wohin auch immer.
    Er fröstelte, als er aus der warmen Küche in den Flur und hinüber in die Stube ging. Im Büfett fand er das Album auf Anhieb. Es hatte schon immer in der rechten der beiden Schubladen gelegen und war nur herausgenommen worden, wenn alles sauber war. Der Tisch, auf den es gelegt wurde, die Finger, mit denen die Seiten umgeblättert wurden. Also schlug Thiel es auch jetzt erst auf, nachdem er die letzten Abendbrotkrümel vom Küchentisch gewischt hatte.
    Das Hochzeitsbild der Eltern. Der Vater im schwarzen Anzug, die Mutter im geblümten Kleid, rechts und links Gudrun und Edda, alle stocksteif mit ernsten Gesichtern. Thiels Taufe, ein paar Geburtstage, seine Einschulung. Konfirmation und Jugendweihe. Auf Gudruns Hochzeitsbild fand er sich noch wieder, dann tauchte er nicht mehr auf. Kannte Eddas Mann nicht und hatte die Kinder nie gesehen, die eins nach dem
anderen getauft und fotografiert wurden. Das letzte Bild der Mutter, auf dem sie so

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