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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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Tatsache,
dass Thiel auf dem Außendeck blieb, um Kette zu rauchen, und erst wieder auftauchte, als die Fähre kurz vor Schaprode ihre Maschine drosselte.
    Es hatte in den vergangenen Tagen nur noch wenig geschneit, und die Straßen waren in ihrer ganzen Breite geräumt, so dass sie kurz vor zwölf schon auf Gingst zufuhren. Ein Gespräch hatten sie während der Fahrt nicht zu Stande gebracht, obwohl in ihren Köpfen sehr ähnliche Gedanken kreisten und auf sehr ähnliche Fragen hinausliefen.
    Was konnte herauskommen bei diesem Unterfangen, das mit jedem Kilometer, den sie zurücklegten, aberwitziger wirkte? Und wenn es etwas Brauchbares zu Tage förderte, was sollten sie damit anfangen?
    Sie konnten genauso gut wieder umkehren.
    »Wie sind sie denn so?«, fragte Thiel, als sie auf die Straße nach Ummanz einbogen. Sein Mund war so trocken, dass seine Stimme pelzig klang.
    »Die Ostwalds?«, fragte Pieplow unsinnigerweise nach. Er kniff die Augen zusammen, weil Sonne und Schnee ihn blendeten. »Nett«, sagte er schließlich. »Freundliche, nette Leute.«
    »Dann muss er sich aber ziemlich verändert haben.« Thiel wischte seine feuchten Handflächen am Hosenstoff trocken. »Jedenfalls muss ich noch eine rauchen, bevor ich ihm begegne.«
    »Ausnahmsweise«, sagte Pieplow und ließ das Beifahrerfenster bis zum Anschlag herunter. Trotzdem stanken beide nach kaltem Qualm, als sie ankamen.
    Ostwalds Frau öffnete, bevor sie geklingelt hatten.
    »Ich habe Ihr Auto gesehen«, sagte sie und reichte ihnen zur Begrüßung die Hand. »Mein Mann erwartet Sie schon.«
    Ostwald saß am Esstisch, von dem abgeräumt war, was vor ein paar Tagen noch darauf gestanden hatte. Statt Blumen, Obstschale und Kerze gab es einen verhörzimmerkahlen Tisch, von dem Ostwald nicht aufstand, als Pieplow und Thiel hereinkamen. Sein Gesicht war so ausdruckslos, dass Pieplow einen Moment zögerte, bevor er auf Ostwald zuging und ihn begrüßte.
    Thiel hätte am liebsten kehrtgemacht. Stumm oder nicht – vor ihm saß ein alter, ausgebuffter Bulle, der nur darauf wartete, ihn auf die Hörner zu nehmen. Seine Hand war kalt und feucht, als er sie Ostwald entgegenstreckte.
    »Wir haben überlegt, welches die beste Sitzordnung wäre.« Ostwalds Frau stand hinter dem Stuhl an der Schmalseite des Tisches. »Sie, Herr Thiel, nehmen bitte hier Platz, meinem Mann genau gegenüber, dann können Sie sich am besten mit ihm verständigen.« Eine Längsseite wies sie Pieplow zu, an die andere, rechts von ihrem Mann, würde sie sich selbst setzen.
    »Aber erst mal hole ich uns Kaffee. Zu einer ordentlichen Vernehmung gehört das einfach dazu, nicht wahr?«
    Was für eine Situation, dachte Pieplow und musste
schmunzeln. Ein Stummer, eine Hausfrau, ein Exknacki und ein Dorfpolizist wollen einen fünfzehn Jahre alten, längst abgeschlossenen Fall wieder aufrollen. In so etwas kann auch nur ich geraten.
    Als er die Blicke bemerkte, die zwischen Ostwald und Thiel hin und her gingen, wurde er wieder ernst. Während sie auf den Vernehmungskaffee warteten, nahm er die Papiere, die er in den nächsten Stunden brauchen würde, und sortierte sie vor sich auf dem Tisch. Er fühlte sich – wie lange war das her? – wie auf der Polizeischule. Rollenspiel Vernehmungstechnik. Reden lassen, nichts suggerieren, auf das Gesagte eingehen, offene Fragen geschickt einsetzen, taktisch vorgehen. Damals hatte ihm das Spaß gemacht. Jetzt würde sich zeigen, wie viel davon hängen geblieben war.
    Er wartete, bis er Blickkontakt hatte.
    »Sie wissen, worum es geht, Thiel. Lange Erklärungen sind deshalb überflüssig. Am besten, Sie schildern uns einfach, was damals geschehen ist.«
    »Nur das, was in der Nacht, in der Manu … in der Mordnacht passiert ist? Oder soll ich etwa die ganze Geschichte von Anfang an erzählen?«
    Allerdings, nickte Ostwald mit halb geschlossenen Augen.
    »Von Anfang an«, sagte Pieplow.
    Thiel saß mit gesenktem Kopf da und starrte auf seine Finger, die sich ineinander verknoteten, sich lösten und wieder verhakten.
    »Eigentlich ging es damit los, dass ich …« Er zuckte zusammen, als Ostwalds Frau seinen Arm berührte.
    »Heben Sie bitte den Kopf, Herr Thiel. Mein Mann muss Ihr ganzes Gesicht sehen können, Ihre Augen, den Mund, die Stirn, die vielen kleinen Muskeln, die sich bewegen, wenn Sie sprechen.«
    Thiel wollte nicht den Kopf heben und Ostwald ansehen schon gar nicht. Er tat es trotzdem. Straffte sich, holte noch einmal tief Luft und begann zu

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