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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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lächelte Pieplow wie einen ertappten Schuljungen an.
    »Bezieht sich Ihr Schwindeln nur auf die Überrumplung oder auch auf meinen Sandkuchen?«, fragte sie.
    »Ich verstehe nicht …«
    »Es ist eigentlich ganz einfach«, erklärte sie. »Mein Mann erkennt sofort, wenn jemand lügt. Sein Neurologe
sagt, dass Aphasiker diese Fähigkeit manchmal entwickeln. Als junger Klinikarzt in irgendeinem amerikanischen Krankenhaus ist er fast zufällig darauf gestoßen. Und zwar während dieser Clinton-Affäre, Sie wissen schon, diese Sex-Geschichte mit dem großen Ehrenwort. Als das im Fernsehen gezeigt wurde, haben sich zwei Schlaganfallpatienten auf der Station ausgeschüttet vor Lachen. Eher als irgendjemand sonst wussten sie, dass sie belogen wurden.«
    Pieplow musste schmunzeln. Vielleicht sollten Politikerehrenworte immer erst auf psychiatrischen Stationen gezeigt werden.
    »Ich weiß, das klingt amüsant«, sagte Ostwalds Frau, »aber es ist nicht leicht, mit solchen Menschen umzugehen. Man gewöhnt sich nur schwer daran, immer die Wahrheit zu sagen. – Und jetzt lassen Sie es uns noch einmal versuchen: Mögen Sie Sandkuchen?«
    »Doch, ja«, druckste Pieplow herum, »auch wenn ich lieber Pfannkuchen esse. Oder Kirschschnecken.« Die Antwort schien Ostwald zufriedenzustellen. Er nickte wohlwollend mit dem Kopf.
    »Aber Sie fühlen sich überrumpelt. Von mir, von meinem Mann. Von der Situation, in der Sie sich nicht wohlfühlen.«
    Unter den prüfenden Blicken beider Ostwalds rang Pieplow um eine Lösung des Dilemmas zwischen Höflichkeit und Wahrheit.
    »Doch, ja«, gab er schließlich zu. »Sie hätten mir sagen können, was mich erwartet.«
    »Und – wären Sie trotzdem gekommen?«
    Pieplow begann zu schwitzen. Das Ganze bekam Verhörqualität.
    »Wohl nicht, wenn ich ehrlich sein soll.« In Ostwalds Gesicht bemerkte er ein Lächeln. Etwas schief und auf unklare Weise zufrieden.
    »Sehen Sie«, sagte seine Frau, »genau das ist der Grund, weswegen ich am Telefon nicht darüber gesprochen habe. Sie wären genauso wenig gekommen wie all die Kollegen, die ihn anfangs noch besucht haben. Nach und nach sind sie alle weggeblieben. Es war ihnen offenbar zu anstrengend, immer bei der Wahrheit bleiben zu müssen. Das war bitter für meinen Mann. Er hätte gern ab und zu noch erfahren, womit sich die Kollegen befassen.« Sie schenkte Kaffee nach und lenkte zu Pieplows Erleichterung das Gespräch erst einmal auf andere Themen.
    Den langen, harten Winter natürlich. Dann Hiddensee, wo die Ostwalds sich gern niedergelassen hätten, sich dann aber wegen der besseren Erreichbarkeit diverser Ärzte und medizinischer Einrichtungen für Ummanz und seine Brückenverbindung nach Rügen entschieden hatten. Schließlich die Ostwaldschen Enkelkinder, die gern, aber seltener kamen, seit sie zur Schule gingen.
    Schneller als gedacht stellte sich bei Pieplow das Gefühl ein, zu dritt über unverfängliche Themen zu plaudern. Ostwalds Frau sprach, ihr Mann stimmte zu oder widersprach wortlos. Runzelte beim Winterthema
besorgt die Stirn und war offensichtlich vergnügt, als die Sprache auf die Enkelkinder kam.
    Dann sollte Pieplow berichten. Von Leonie, von Marie, vom Leben auf der Insel ganz allgemein. Während er sprach, schüttelte Ostwald zweimal den Kopf. Bei der Behauptung, Marie gehe es gut, und, zu Pieplows Überraschung, als er versicherte, nirgendwo sonst als auf Hiddensee Polizist sein zu wollen. Ob er sich das selbst glaubte, war nicht von Bedeutung. Ostwald ließ sich den Mangel an Alternativen nicht als Wahrheit verkaufen.
    Wenn er sich jetzt daran festbeißt, dachte Pieplow, zerrt er die wahre Geschichte ans Tageslicht. Von einem Polizisten, der zu jung und zu unerfahren ist, um das Richtige zu tun. Der im Treppenhaus einer Mietskaserne zu lange zögert und daran Schuld hat, dass eine Frau in ihrer Wohnung niedergestochen wird und verblutet.
    Nicht einmal Marie wusste, dass ihn die Bilder dieses Desasters heute noch manchmal einholten.
    Ostwalds Frau bewahrte Pieplow davor, dass ihr Mann weiter nachbohrte.
    »Es ist schon spät«, sagte sie. »Vielleicht sollten wir zum eigentlichen Grund Ihres Besuchs kommen.«
    Der Hauptkommissar signalisierte Zustimmung, indem er sich in seinem Sessel sehr gerade aufrichtete und Pieplow konzentriert ansah.
    »Wie ich am Telefon schon sagte – es geht um den
Mordfall Manuela Fischer. Ihr Mann hat damals die Ermittlungen geleitet.«
    Ja, und? Ostwald zog die linke Augenbraue fragend zur

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