Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandhei

Brandhei

Titel: Brandhei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shalvis Jill
Vom Netzwerk:
Mal nackt vor ihm stehen? Und wäre das vor oder nach dem Verkauf von Blue Flame? Hunderte Male hätte sie ihm an diesem Tag beinahe gesagt, dass sie Blue Flame kaufen wollte, und Hunderte Male hatte sie zurückgezuckt. Jake musste verkaufen, früher oder später, was konnte er ihr also überhaupt geben – außer Mitleid? Nichts.
    Callie stand auf der Veranda, als Marge aus dem Haus trat und ihr auf der ausgestreckten Hand eine Kopfschmerztablette hinhielt. »Komm, Schätzchen, nimm die hier.«
    Sie fragte nicht, wie oder warum Marge spürte, wann sie eine Kopfschmerztablette benötigte. Marge war stolz auf so etwas. Pflichtschuldig schluckte Callie die Tablette gegen ihren schmerzenden Kopf und die schmerzenden Rippen. »Danke.«
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Immer.«
    Marge tätschelte ihr die Schulter, dann ging sie ins Haus zurück. Callie atmete tief durch und betrachtete den Vormittag
mit ein wenig Distanz. Jetzt würde der Kleinstadt-Klatsch richtig in Fahrt kommen. Das wusste sie. In Windeseile würden die Immobilienmakler – egal, welche Jake auch immer angerufen hatte – von dem fehlenden Serum und dem erfahren, was Sierra zugestoßen war. Und so schrecklich es schien – es würde ein dickes Fragezeichen hinter die Immobilie setzen und für den Verkauf definitiv von Nachteil sein.
    Hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Bedauern, stand Callie noch immer auf der Vorderveranda, als die Flughafen-Großraumtaxis mit den neuen Feriengästen eintrafen. Danach ging alles ganz schnell. Die Gruppe der japanischen Geschäftsleute einchecken, dafür sorgen, dass alle mit ihren Zimmern und mit Amys Chili, das sie fürs Abendessen bereitet hatte, zufrieden waren, alle in die richtige Stimmung bringen für den Wilden Westen – das machte Spaß, war aber auch harte Arbeit.
    Die Gäste sprachen kaum Englisch, was eine Herausforderung darstellte. Wie auch der Vierjährige, den einer der Feriengäste spontan mitgebracht hatte. Keito war den ganzen Nachmittag auf seinen kleinen Beinchen herumgelaufen. Die Pferde und Hennen waren schier unerträglich aufregend für ihn gewesen, und als er die Welpen sah, war er in absolute Verzückung geraten.
    Bei Sonnenuntergang zündete Eddie ein Lagerfeuer für die Gäste an. Amy brachte die Zutaten für die S’mores nach draußen, die derart begeistert aufgenommen wurden, dass Callie sie tatsächlich dabei ertappte, wie sie beinah lächelte, bevor sie zu ihrer Hütte davonging. Callie hatte gehofft, dass Amy draußen bleiben würde, aber ihre Arbeit würde morgen in aller Frühe beginnen, außerdem gehörte es nicht dazu, sich unter die Gäste zu mischen. Dennoch hätte Callie das gern gesehen. Die anderen hatten
immer Freude daran; es machte zum großen Teil den Reiz der Arbeit auf Blue Flame aus.
    Stone, dem es mittlerweile offenbar besser ging, holte seine Gitarre hervor. Jetzt, da die Sterne am Himmel standen und die Kühle der Frühlingsnacht vom warmen, knisternden Lagerfeuer vertrieben wurde, brachten er und Eddie den Gäste dumme Lagerfeuerlieder bei. Die Gäste waren von der unbeschwerten, lockeren Art der Mitarbeiter begeistert. Marge kam aus ihrer Hütte, setzte sich neben Tucker und summte seine Lieder mit. Ein paar Minuten später gesellte sich Lou hinzu. Er war über fünfzig, groß und kräftig, hatte einen wilden, grauen Haarschopf und schokoladenfarbene Augen, die meistens blitzten. Heute Abend hatte er jedoch die breiten Schultern gebeugt und rammte die Hände in die Hosentaschen, als er herbeikam. »Callie.« Er tippte an seinen Stetson.
    »Hallo, Lou.« Sie wusste, dass ihn und Marge große finanzielle Sorgen plagten, seitdem er zwei Wochen zuvor von Roger’s Garage in Three Rocks entlassen worden war. Dass er so unglücklich aussah, tat Callie unendlich leid. »Hattest du schon Glück bei deiner Jobsuche?«
    »Nein, und das habe ich Roger zu verdanken.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass er herumerzählt, ich hätte ihn bestohlen. Werkzeug und Geld.« Er blickte auf seine Schuhe. »Es gibt sowieso kaum Jobs hier draußen, aber jetzt...« Er zuckte ratlos mit den Schultern.
    »Warum sollte Roger so etwas tun?«
    »Ich stehle nicht. Du weißt, dass ich so etwas nicht tue.«
    »Natürlich weiß ich das.«
    »Ich glaube, sein nichtsnutziger Neffe Tony hat’s getan, damit er meinen Job bekommt.« Er stieß mit der Stiefelspitze
in den Sand. »Nicht, dass Roger mir eher glauben wird als ihm. Tony ist ein hinterhältiger Kerl, aber Roger ist auch ein

Weitere Kostenlose Bücher