Brandhei
kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, da sah sie Keito, der um das Lagerfeuer herumrannte. Weil sein Vater offenbar keine Neigung verspürte, Keito Einhalt zu gebieten, trat Callie vor, versperrte ihm den Weg und hob ihn in ihre Arme.
»Na, mein Kleiner.«
Er lächelte und strampelte sich frei. »Ich laufe«, sagte er in einem Englisch, das keiner aus seiner Gruppe beherrschte. »Sieh mal, wie ich laufe...«
Callie erwischte ihn auf seiner nächsten Runde, wobei sie leicht zusammenzuckte, weil ihr die Rippen schmerzten, als sie ihn in die Arme hob. »Es ist gefährlich, um ein Lagerfeuer herumzulaufen, Keito. Du könntest dir wehtun.«
»Nicht wehtun. Weiterlaufen.«
In Callies Gesäßtasche klingelte das Handy. Sie setzte Keito ab und hielt ihn an der Hand, während sie nach dem Handy griff. Michael. »Hi«, sagte sie. »Ich ruf dich später …«
»Du hast noch nicht alle zu Bett gebracht?«
»Machst du Witze? Es ist ihr erster Abend hier. Sie sitzen noch alle am Lagerfeuer, singen Lieder und essen S’mores.« Sie lächelte Keito zu, der ihr Lächeln erwiderte.
»Laufen«, sagte der kleine Junge und zog an ihrer Hand.
»Du hast doch deine Mitarbeiter«, erinnerte Michael sie. »Und zwar gute. Sag gute Nacht und geh mit mir was trinken. Ich gebe einen aus.«
Das war keine ungewöhnliche Bitte. Michael lockte sie regelmäßig von der Ranch fort und nach Three Rocks, um sich ein wenig mit ihr zu vergnügen. Er behauptete, sie arbeite zu viel, nehme sich viel zu selten frei, was immer ihm einfiel, damit er seinen Willen bekam. Callie war schon oft mit ihm losgezogen und hatte es noch nie bereut. Er war umgänglich und brachte sie zum Lachen. Aber heute Abend war sie zu müde. »Ich bin erschöpft.«
»Weil du der Ranch zu viel von dir gibst. Komm, gib es lieber mir. Sei kein Spielverderber, ich verwöhne dich nach
Strich und Faden. Abendessen, Dessert...« Er hielt inne, denn er wusste ja, dass sie einem Versprechen auf eine Nachspeise nie widerstehen konnte. »Und was immer dir gefällt. Du musst es nur sagen.«
»Bett.«
Er lachte; seine Stimme klang ein weniger heiser. »Abgemacht.«
»Ich meinte mein Bett. Allein«, fügte Callie lachend hinzu, denn er hatte sie ja nur geneckt. Michael hatte noch nie einen echten Annäherungsversuch gestartet, kein einziges Mal.
»Ach, Cal. Die Ranch saugt dich völlig aus.« Plötzlich scherzte er nicht mehr. »Du hast doch auch noch ein eigenes Leben.«
Callie hatte ihm eigentlich erzählen wollen, was mit Sierra passiert war und vom fehlenden Serum; dadurch hätte sie das Gespräch jedoch nur verlängert, das sie plötzlich nicht mehr führen wollte, nicht jetzt. »Die Ranch ist mein Leben«, sagte sie sanft. »Und heute war ein langer Tag.«
»Ja, ja.« Aber es lag wieder ein freundliches Lächeln in Michaels Stimme. »Gut. Und wie wär’s mit morgen Abend?«
»Wir wollen die Rinder zusammentreiben.«
»Dann also am Wochenende«, sagte er entschlossen.
»Ja, dann am Wochenende«, versprach sie und steckte das Handy in die Hosentasche zurück.
Keito war weg. Callie hastete um das Lagerfeuer herum und suchte nach ihm. Ein kleiner Junge. Und niemand schien bemerkt zu haben, dass er weg war. Alle lachten und stießen miteinander an, planten vermutlich ihre Abenteuer für die kommende Woche.
Tucker blickte auf und bemerkte Callies Panik. »Was ist los?«, fragte er lautlos über das Lagerfeuer hinweg.
»Keito«, erwiderte sie lautlos, worauf Tucker den Hals reckte und sich umschaute. Dann wies er hinter Callie.
Sie drehte sich um. Vor ihr stand Jake. Sie wollte um ihn herumgehen, doch er versperrte ihr den Weg. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich muss...« Sie versuchte wieder, ihn zu umgehen, aber er blieb einfach stehen.
Sie sah ihn an. »Kann ich dir helfen?«
»Das ist schon beeindruckend«, sagte er. »Dein Tonfall. Kühl, eisig, und doch völlig professionell. Als wäre ich ein Gast hier.«
»Das bist du auch.«
»Tatsächlich?« Er beugte sich zu ihr vor. »Küsst du alle Gäste so, wie du mich heute geküsst hast?«
»Sieh mal, ich muss...«
»Keito finden?« Er drehte sich um und zeigte ihr den kleinen Vierjährigen, der auf seinem Rücken hockte, ein wenig seitlich, und sich an seine linke Seite klammerte. »Ich hab ihn.«
Keito hob den Kopf ein wenig von Jakes breiter Schulter und kicherte.
Callie atmete tief durch und zog Keito von Jake herunter. Kaum hatte sie ihn auf den Boden gesetzt, wetzte er wieder los, aber Eddie erhob
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