Brandhei
hat?«
»Weil du eben selbst gesagt hast, dass du es nicht warst.«
Sie schaute ihn an, total perplex. Er lehnte sich zurück und ließ ein wenig Zeit verstreichen, mit einer ruhigen Gelassenheit, an der sie etwas aussetzen wollte, aber nicht konnte. Sie war dort, wo sie nicht sein sollte, sie war unhöflich gewesen, doch ihn schien das gar nicht zu stören. Noch beunruhigender war, dass er sie nicht dazu drängte, mit ihm zu reden.
Was plötzlich den Wunsch genau danach auslöste. Sie lehnte sich ebenfalls zurück und sah zu den offen liegenden Deckenbalken hoch. »Erinnern Sie sich, dass ich Ihnen gesagt habe, dass ich keine Ausgestoßene bin? Dass ich nirgendwo dazugehören muss?«
»Daran erinnere ich mich.«
Ach, was soll’s. Sie wandte den Kopf und sah Tucker an. »Ich habe gelogen. Ich bin eine Ausgestoßene, ich gehöre nirgends dazu.«
»Du meinst, du warst eine Ausgestoßene, und jetzt gehörst du dazu.« Als er lächelte, überkam sie der fast unbezwingbare Drang loszuheulen, deshalb wandte sie den Blick ab.
Sie hörte ein Knistern, dann roch sie Schokolade.
»Mmm.« Er hielt ihr einen Schokoladenriegel hin, von dem schon ein ordentliches Stück abgebissen war. »Möchtest du auch einen Bissen?«
Sie krauste die Nase, er lachte. »Ja, ich habe mir schon gedacht, dass dir Schokoladenriegel nicht fein genug sind – wenn man bedenkt, wie gut dein Essen und deine Kekse sind.« Ungerührt aß er den ganzen Riegel auf. Er sagte kein weiteres Wort mehr, sondern stand einfach nur da, aß und streichelte gelegentlich Sierra, Homer oder Moe.
Wollte er den Stall denn gar nicht mehr verlassen? Offenbar nicht.
»Sie sind der merkwürdigste Mensch, der mir je begegnet ist«, sagte Amy schließlich in die Stille hinein.
»Tatsächlich?« Tucker schien mächtig stolz darauf zu sein, und da konnte sie nicht anders und musste lachen. Wieder.
Er schenkte ihr ein herzliches, zustimmendes Lächeln.
Und auf einmal war, wie sie feststellte, auch ihr Lächeln ein wenig herzlicher, und sie fühlte sich irgendwie wohler.
Sie war heute Abend hierher gekommen, weil sie mit etwas Lebendigem zusammen sein musste und geglaubt hatte, dass die Tiere hierfür ausreichten, aber irgendwie klappte das mit diesem Menschen auch. Also lehnte auch sie sich zurück und atmete einfach ganz entspannt.
Als Amy später ihr Blockhaus betrat und die Tür verriegelte, schaute sie unschlüssig auf ihre Reisetasche, die sie noch immer nicht ausgepackt hatte. Sie stieß die Tasche mit dem Zeh an und blickte zum Schrank in der Ecke, der leer war. Plötzlich überkam sie der Wunsch, die Tasche tatsächlich auszupacken, aber ihr gesunder Menschenverstand siegte. Sie packte ihre Sachen nie aus, nirgendwo.
Stattdessen ging sie zu Bett.
In den folgenden Tagen war es ruhig auf der Ranch, und Callie hatte keine großen Probleme. Die Cheerleader hatten mit den Pferden Bekanntschaft geschlossen. Sie hatten ein Round-up organisiert, woran alle teilgenommen hatten, selbst Jake, dem es offenbar keine große Mühe bereitete, auf Molly zu reiten. Natürlich fiel es niemandem schwer, auf Molly zu reiten, aber Callie hielt ihm zugute, dass er es immerhin auch probiert hatte.
Nachdem die Gäste drei Tage auf der Ranch verbracht hatten, standen Eddie, Stone und Tucker in aller Frühe auf, weil sie mit den Frauen einen zweitägigen Ausritt durch die Dragoon-Berge machen und sich die alten, verlassenen Minenstädte anschauen wollten.
Lou hatte in den vergangenen Tagen das gesamte Reitzeug gesäubert und eingefettet. Marge hatte Sachen zum Schlafen zusammengepackt. Amy hatte das Essen zubereitet. Als sie Tucker dabei half, alles in den Satteltaschen zu verstauen, erklärte sie ihm lang und breit, wie er dies und
jenes zubereiten sollte, bis er Müdigkeit vortäuschte und so tat, als schliefe er.
Alle lachten, und Amy gab Tucker einen Klaps und erschrak dann über sich selbst. Doch Tucker lachte nur und ging einfach weg, überhaupt nicht beleidigt, so dass Amy zurückblieb und ihm noch sehr lange hinterherschaute, als wartete sie auf die Retourkutsche, die jedoch ausblieb.
Tucker fragte sogar Jake, ob er mitkommen wolle, aber Jake erblasste bei der bloßen Vorstellung zu campen und lehnte ab. Als die Gruppe losgeritten war, teilten Callie, Lou und Marge die Arbeiten unter sich auf. Mit einem Eimer Futter und einem leeren Korb für die Eier setzte Callie sich in Richtung Hühnerstall in Bewegung.
»Was machst du da?«
Sie brauchte sich gar nicht
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