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Brandhei

Brandhei

Titel: Brandhei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shalvis Jill
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»Aber sie hat doch gesagt …«
    »Dass ich einfach, ohne etwas zu sagen, fortgegangen bin? Ja, sie hat immer gern das Opfer gespielt.«
    Tucker runzelte die Stirn, schließlich wandte er sich ab. »Lass mir noch etwas heißes Wasser übrig.«
    »Ja.« Aber habe ich denn erwartet, dachte Jake, dass Tucker mich lächelnd in die Arme schließt und sagt, alles wäre gut? Das würde nie passieren. Er schloss die Badezimmertür und stellte das heiße Wasser an. Als er herauskam, war Tucker weg, und Joe hatte auf Jakes Handy eine Nachricht hinterlassen.
    »Nichts Neues über den Prozess«, sagte Joe in seiner Nachricht. »Aber wir hatten heute einen Reporter in der Feuerwache, der ein Pressefoto von dir haben wollte. Außerdem war eine Gruppe von Frauen hier, die behauptet haben, deinen Fan-Club zu leiten. Die wollten auch Fotos.« Joes Ton klang belustigt. »Vielleicht sollte ich ein paar aus früheren Jahren auftreiben und bei Ebay anbieten, um ein bisschen Geld für die Wache einzunehmen...«

    Jake warf das Handy aufs Bett. Als er das Blockhaus verließ, dachte er, dass Joe gut reden hatte, denn er konnte ja noch immer seinem Beruf nachgehen. Er war schließlich nicht aus seinem Beruf gedrängt worden, den er über alles liebte.
    Aber er war ja nicht hinausgedrängt worden, versicherte sich Jake. Zumindest noch nicht. Dabei wusste er verdammt gut, dass es aus Verleugnung und Angst geschah, den gleichen Gefühlen, die ihn nachts in den Träumen verfolgten, und er beschleunigte seinen Schritt, doch vor so düsteren Gedanken konnte man nicht davonlaufen. Sie folgten einem überall hin.
    Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Jake setzte einen Fuß auf den Rasen. Da kam, wie nicht anders zu erwarten, Goose herbeigelaufen. Jake zog den Fuß zurück; sie kam kurz vor ihm zum Stehen, nahm eine Habachtstellung ein und wartete, dass er sich vom Fleck rührte.
    »Was machst du eigentlich den ganzen Tag, triffst dich mit Moe zu Hass-Treffen?« Er meinte, seinen Vater in dem düsteren Blick der Gans zu sehen. Schau dir an, was ich ohne dich aufgebaut habe. Schau dir an, woran du nicht teilhaben wolltest. Schau dir an, was ich dir hinterlassen habe und was du jetzt zerstörst...
    Jake kehrte der verdammten Gans den Rücken zu. Tucker war auf der Weide und veranstaltete dort irgendetwas mit den Pferden. Er sah dessen blaue Silhouette. Die ersten Sonnenstrahlen fielen über die schroffen, mit Gestrüpp bedeckten Berge. Die Sonnenstrahlen zuckten wie Flammen. Jake hatte nie danach gefragt, ob die Ranch daher ihren Namen hatte, und das wurmte ihn. Plötzlich wollte er es wissen, denn Tucker würde es ihm bestimmt nicht sagen. Es fröstelte ihn an der kühlen Luft, er ging weiter. Aus dem Stall drangen Stimmen, die von Eddie und
Stone. Inzwischen stieg die Sonne rasch. Weit hinter der Weide sah er einen Reiter, der aus den Bergen kam, wie im Vorspann eines Western.
    Auch wenn er wusste, dass es Callie war, die da herbeigeritten kam, wünschte Jake sich, einfach »umschalten« und sich stattdessen ein gutes Basketballspiel ansehen zu können.
    Goose trompetete los, was vermutlich auf den Vogel gemünzt war, der es gewagt hatte, auf ihrem kostbaren Rasen zu landen, doch Jake imaginierte sich den Laut als den Geist seines Vaters, der ihn auslachte.
    Ihm knurrte der Magen, was ihn daran erinnerte, dass er gestern Abend nichts gegessen hatte. Nachdem er Callie aus dem Schuppen befreit hatte, hatte ihm die Schulter sehr geschmerzt, und wegen der nachfolgenden Massage hatte er das Barbecue versäumt. Allein schon beim Gedanken an Essen lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Das Essen hier auf der Ranch war überraschend gut, aber, verdammt, ihm fehlten Drive-ins. Ihm fehlte Starbucks. Ihm fehlten mit Marmelade gefüllte Donuts auf dem Weg zu seiner Schicht auf der Feuerwache.
    Und das war noch nicht alles. Er vermisste es, an trägen Vormittagen zu surfen. Er vermisste die donnernde Brandung. Er vermisste die grüne, sanft gewellte Hügellandschaft.
    Unter sich spürte er Vibrationen. Sierra kam herbeigaloppiert. Callie trug ihren Cowboyhut, die roten Haare wehten im Wind, während sie mühelos durch das raue Gelände ritt.
    Eine Frau wie sie hatte er noch nie kennen gelernt. Sie war hart im Nehmen, dennoch sanft, lieb, aber auch energisch. Eine Herausforderung durch und durch. Callie kam herangeritten und zügelte Sierra.

    Das gefiel Sierra nicht. Sie trabte im Kreis, warf den Kopf und schnaubte ihr Missvergnügen, weil sie anhalten musste.

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