Brandhei
Monate zurück, aber wenn’s dir besser geht, kannst du doch zurückkommen, oder?«
Es bestand nicht die geringste Möglichkeit, dem Arzt etwas vorzumachen. Doch allein die Vorstellung, hier zu bleiben, nie wieder zurückzugehen, nie wieder seine Ausrüstung überzustreifen und in sein Leben zurückzukehren, ließ Jakes Herz schmerzhaft schlagen. »Ich werde nie wieder irgendwelche Leitern raufklettern und auch nicht von irgendwelchen Fenstersimsen baumeln«, gab er zu. »Aber ich könnte andere Sachen machen.«
»Jake...«
»Ich könnte ausbilden.« Eigentlich hatte er noch nie daran gedacht, hatte es auch nie gemusst. Aber er musste von hier weg, bevor er sich in dieses Cowgirl verliebte, nach dem Joe gefragt hatte. Bevor er selbst davon überzeugt war, dass sein Leben vorüber wäre, wenn er nicht in seinen Beruf zurückkehrte. Und tatsächlich, jetzt, da ihm die Idee gekommen war – warum eigentlich sollte er nicht ausbilden? Wenn er auch selbst keine Brände mehr löschen konnte, warum sollte er es nicht anderen beibringen?
»Ausbildung. Das könnte klappen. In drei Wochen beginnt ein neuer Ausbildungslehrgang, du besitzt die nötigen Qualifikationen. Kein Arzt könnte gegen das Unterrichten etwas einwenden, oder? Aber bist du wirklich schon soweit?«
Jake versuchte noch einmal, mit der Schulter zu rollen. Es ging gerade so. »In drei Wochen bin ich topfit.« Er legte auf und sah aus dem Fenster – ein prachtvoller Tag. Endlos weiter, blauer Himmel, nur hier und da ein Wölkchen. In
der Ferne schroffe, gezackte Berge, die so selbstbewusst und stolz schienen wie die Leute hier auf Blue Flame. Callie arbeitete noch draußen mit den Jungs und gab, wie üblich, hundertzehn Prozent, wie sie es wohl immer tun würde, in jedem Bereich ihres Lebens.
Eines Lebens, dem er ebenso wenig angehörte wie Cici. Gewiss, ihm würden die Menschen auf der Ranch fehlen; ihm würde Callie fehlen. Mehr, als er wollte. Aber es war an der Zeit, sich auf das eigene Leben zu konzentrieren, nicht auf das seines Vaters und darauf, was er hinterlassen hatte.
Jake überlegte, drehte und wendete das Blatt mit der Nachricht seiner Immobilienmaklerin. Dann rief er sie an. »Ich bin soweit.«
16
Die Schwestern fuhren ab, und die nächste Gruppe von Feriengästen kam auf die Ranch, acht College-Studenten, die Semesterferien hatten. Callie sah sich die jungen Männer an, von denen alle einen eigenen Vorrat Bier in die Hütten geschleppt hatten, und schüttelte den Kopf. Niemals hatten sie in ihrer Werbebroschüre oder auf ihrer Website Werbung für Semesterferien, wüste Partys oder irgendetwas gemacht, was eine solche Gruppe attraktiv hätte finden können. Doch sie hatten gutes Geld für ihren dreitägigen Aufenthalt bezahlt, und nun waren sie da.
Die Studenten wollten einen Nachtausflug in die Berge unternehmen und die alten indianischen Gebiete aufsuchen und alles, was sonst noch gruselig war. Die Leute von Blue Flame würden es ihnen zeigen.
Callie würde die Gruppe führen, zusammen mit Tucker und Eddie. Sie ritt nur selten über Nacht mit Gästen aus; meist zog sie es vor, auf der Ranch zu bleiben und auf die Tiere und das Grundstück aufzupassen, doch sie hatte einen sehr guten Grund, Stone bei diesem Ausflug zu ersetzen.
Er hatte sich drei Tage Urlaub genommen, um nach Hause zu seinem Vater zu fahren, einem Alkoholiker, der seit zehn Jahren trocken war. Er wollte herausfinden, wie sein Vater es geschafft hatte, mit dem Trinken aufzuhören. Callie hatte ein wenig Zeit mit Stone verbracht, seit er zurückgekehrt war. Offenbar hatte er sein Problem in den Griff bekommen, aber Äußerlichkeiten konnten durchaus täuschen, außerdem konnte sie ihn nicht guten Gewissens für zwei Tage mit einem Haufen gleichaltriger partyerprobter Gäste in die Wildnis schicken. Und so stand sie im Stall neben Stone und versuchte das Thema anzusprechen, ohne ihn zu kränken. »Ich habe mir gedacht, du könntest hier bleiben«, sagte sie wie nebenbei. »Und dass ich diesmal die Gruppe anführe. Ich war schon lange nicht mehr draußen.«
Er sah sie zweifelnd an. »Du willst doch wohl nicht mit einem Haufen betrunkener College-Lackaffen ausreiten.«
»Die sind nicht betrunken.«
»Noch nicht, aber es ist schließlich erst sechs Uhr morgens.«
»Wir reiten um das Gebiet der hohen Canyons herum, nicht hindurch.« Sie lächelte. »Bis dahin werden die Jungs mit Sicherheit betrunken sein, und ich möchte nicht, dass jemand in die Tiefe
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