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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Luft fliegt und noch drei oder vier weitere Menschen mit in den Tod reißt. Vor gar nicht langer Zeit hatten wir einen InternetMörder. Und die Ehemänner dieser Gegend erschieße n ihre Frauen nicht einfach - sie erdrosseln, erschlagen und enthaupten sie.«
    Er sprach ununterbrochen, während er eine entfernte Ecke des Raumes ansteuerte, wo Kleidungsstücke an Kleiderbügeln über einem flachen Becken zum Trocknen hingen. Die einzelnen Teile waren durch Plastikfolie voneinander getrennt, damit Spuren und Körperflüssigkeiten von dem einen nicht zufällig auf das andere übertragen wurden. Ich bedeckte gerade den zweiten Autopsietisch mit einem sterilen Tuch, als Teun McGovern von einem Assistenten des Leichenschauhauses hereingeführt wurde.
    »Ich dachte, ich schau lieber mal vorbei, ehe ich zum Tatort hinausfahre«, sagte sie.
    Sie trug Drillichanzug und Stiefel und hielt einen braunen Umschlag in der Hand. McGovern machte sich nicht die Mühe, Kittel oder Handschuhe anzuziehen, während sie den Blick langsam über das Opfer des Gemetzels wandern ließ.
    »Herr im Himmel«, sagte sie.
    Ich half Gerde, einen Pyjama auf dem Tisch auszubreiten, den ich gerade abgedeckt hatte. Ober- und Unterteil rochen nach schmutzigem Rauch und waren so rußig und blutgetränkt, dass ich ihre Farbe nicht zu erkennen vermochte. Der Baumwollstoff war vorn und hinten zerschnitten und durchbohrt.
    »Das hatte sie an, als sie reinkam?«, vergewisserte ich mich.
    »Ja«, sagte Gerde. »Alles zugeknöpft. Und ich frage mich, ob ein Teil des Blutes nicht seins ist. Bei einem derartigen Kampf wäre es nicht weiter überraschend, wenn auch er einen Schnitt abbekommen hätte.«
    Ich lächelte ihm zu. »Sie haben Ihr Handwerk offenba r gründlich gelernt.«
    »Bei einer Dame in Richmond«, antwortete er.
    »Auf den ersten Blick könnte man meinen, eine häusliche Auseinandersetzung.« Es war Benton, der sprach. »Sie zu Hause, schon im Schlafanzug, vielleicht spätabends. Ein klassischer Fall von Overkill, wie man ihn häufig bei Morden findet, wo die beiden Beteiligten in enger Beziehung zueinander standen. Was jedoch ein bisschen ungewöhnlich ist«, er trat näher an den Tisch heran, »ist ihr Gesicht. Bis auf diesen Schnitt hier«, er zeigte darauf, »scheint es keine Verletzung zu geben. Wenn der Angreifer eine persönliche Beziehung zu dem Opfer hat, richten sich jedoch seine Angriffe in aller Regel gegen das Gesicht, denn das Gesicht ist die Person.«
    »Der Schnitt in ihrem Gesicht ist auch oberflächlicher als die anderen«, bemerkte ich und zog die Wunde behutsam mit meinen behandschuhten Fingern auseinander. »Am tiefsten ist er am Unterkiefer und wird dann zum Wangenknochen hin immer flacher.«
    Ich trat zurück und sah mir noch mal den Pyjama an.
    »Interessant, dass keine Knöpfe fehlen«, sagte ich, »und Risse sind auch keine da, wie man sie bei so einem Kampf erwarten könnte, wenn der Angreifer das Opfer packt und versucht, es unter Kontrolle zu bringen.«
    »Ich glaube, Kontrolle ist hier das entscheidende Wort«, sagte Benton.
    »Oder ihr Fehlen«, sagte McGovern.
    »Genau«, stimmte Benton zu. »Hier handelt es sich um einen Blitzangriff. Irgendein Signal hat diesen Kerl zur Raserei getrieben. Ich glaube kaum, dass er von vornherein vorgehabt hat, ein derartiges Blutbad anzurichten, was auch das Feuer belegt, das ihm ja ebenfalls außer Kontrolle geraten ist.«
    »Wie ich es sehe, hat der Kerl sich nicht mehr lange dort aufgehalten, nachdem er sie getötet hatte«, sagte McGovern. »Er hat das Haus auf dem Weg nach draußen angezündet, weil er glaubte, seine Untat auf diese Weise verbergen zu können. Doch Sie haben völlig Recht. Er hat gepfuscht. Und hinzu kommt, dass die Feuerwehr keine fünf Minuten gebraucht hat, nachdem um ein Uhr achtundfünfzig der Feueralarm losging. Der Schaden war also minimal.«
    Kellie Shephard hatte Verbrennungen zweiten Grades an Rücken und Füßen, und das war alles.
    »Wie steht's mit der Einbruchsicherung?«, fragte ich.
    »War nicht eingeschaltet«, antwortete McGovern. Sie öffnete den braunen Umschlag und begann, Aufnahmen vom Tatort auf einem Schreibtisch auszubreiten. Benton, Gerde und ich sahen sie uns in aller Ruhe an. Das Opfer in seinem blutigen Pyjama lag mit dem Gesicht nach unten in der Badezimmertür, einen Arm unter dem Körper, den anderen nach vorne gestreckt, als hätte sie nach irgendetwas gegriffen. Ihre Beine waren geschlossen und durchgestreckt, ihre Füße

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