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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Doc«, sagte er. »Vielleicht sollten Sie sich zurückziehen.«
    Er sprach von meiner langjährigen Position als gerichtsmedizinische Beraterin des Bureau.
    »Ich weiß, dass die in letzter Zeit andere Medical Examiners holen«, fuhr er fort. »Für ihre Fälle andere hinzuziehen, statt Sie zu rufen. Seien wir ehrlich, Sie sind seit über einem Jahr nicht in der Academy gewesen, und das ist kein Zufall. Die wollen mit Ihnen nichts mehr zu schaffen haben wegen dem, was sie Lucy angetan haben.«
    »Ich kann mich nicht zurückziehen«, sagte ich, »weil ich nicht für sie arbeite, Marino. Ich arbeite für Cops, die bei ihren Fällen Hilfe benötigen und sich an das Bureau wenden. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich jemanden hängen lasse. Und außerdem laufen diese Dinge zyklisch ab. Direktoren und Generalstaatsanwälte kommen und gehen, und vielleicht stehen die Dinge ja eines Tages wieder besser. Außerdem sind Sie doch ebenfalls einer ihrer Berater, und Sie scheint man genauso wenig zu rufen.«
    »Stimmt. Na ja, mir geht es wahrscheinlich nicht anders als Ihnen.«
    Er warf seine Kippe weg, und sie segelte im Fahrtwind meines dahinrasenden Wagens davon.
    »Das nervt, wie? Da rauffahren und mit gewissen Leute n zusammenarbeiten und im Konferenzraum Bier trinken. Mir geht die ganze Situation am Arsch vorbei, wenn Sie's wissen wollen. Leute, die Polizisten hassen, und Polizisten, die zurückhassen. Als ich angefangen habe, waren alle froh, wenn sie mich gesehen haben - alte Leute, Kinder, Eltern. Ich war stolz, meine Uniform anzuziehen, und hab jeden Tag meine Schuhe gewienert. Heute, zwanzig Jahre später, werfen sie in den Sozialwohnungsvierteln Steine nach mir, und normale Bürger antworten nicht einmal, wenn ich Guten Morgen sage. Ich reiße mir seit sechsundzwanzig Jahren den Arsch auf, und die befördern mich zum Captain und machen mich zum Leiter der Abteilung Ausbildung.«
    »Das ist wahrscheinlich der Platz, an dem Sie am meisten Gutes bewirken können«, gab ich zu bedenken.
    »Schon, aber deswegen bin ich da nicht gelandet.«
    Er starrte aus seinem Wagenfenster und beobachtete, wie die grünen Autobahnschilder vorbeiflogen.
    »Die schieben mich aufs Abstellgleis, in der Hoffnung, dass ich mich schleunigst pensionieren lasse oder sterbe. Und ich will Ihnen was sagen, Doc, ich denk 'ne Menge darüber nach. Wie das wäre, das Boot rauszuholen, fischen zu gehen, das Wohnmobil zu starten und loszufahren, vielleicht mal nach Westen, um den Grand Canyon zu sehen, Yosemite, Lake Tahoe, die ganzen Orte, von denen immer geredet wird. Doch wenn es so weit wäre, würde ich nichts mit mir anzufangen wissen. Also werde ich wohl einfach im Dienst ins Gras beißen.«
    »Nicht in nächster Zeit«, sagte ich. »Und falls Sie aus dem Dienst scheiden sollten, Marino, könnten Sie es doch machen wie Benton.«
    »Ohne mich herabsetzen zu wollen, aber ich bin nicht der Beratertyp«, sagte er. »Das Institute of Justice un d IBM werden so einen schlecht frisierten Knilch wie mich kaum anheuern wollen. Ganz egal, wie groß mein Wissen ist.«
    Ich widersprach nicht und verfolgte das Thema auch nicht weiter, denn bis auf weniges stimmte alles, was er gesagt hatte. Benton war ein gut aussehender Mann von vollendeter Höflichkeit, der Respekt einflößte, sowie er ins Zimmer trat, und das war eigentlich schon der ganze Unterschied zwischen ihm und Pete Marino. Beide waren anständige Menschen, mitfühlend, wenn es darauf ankam, und Experten auf ihrem Gebiet.
    »Also schön, wir müssen auf die 395 und rüber zur Constitution«, dachte ich laut vor mich hin, während ich die Schilder im Auge behielt und Drängler ignorierte, die mir an der Stoßstange klebten und irgendwann an mir vorbeischossen, weil ihnen die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht schnell genug war. »Was wir vermeiden sollten, ist zu weit zu fahren und auf der Maine Avenue zu landen. Das ist mir mal passiert.«
    Ich setzte den rechten Blinker.
    »An einem Freitagabend, als ich raufgefahren war, um Lucy zu besuchen.«
    »'ne gute Methode, sich das Auto unterm Hintern wegklauen zu lassen«, meinte Marino.
    »Hätte auch fast geklappt.«
    »Kein Scheiß?« Er blickte zu mir herüber. »Und was haben Sie gemacht?«
    »Die haben angefangen, meinen Wagen einzukreisen, also habe ich aufs Gas getreten.«
    »Jemanden überfahren?«
    »Fast.«
    »Wären Sie weitergefahren, Doc? Ich meine, wenn Si e einen von denen überfahren hätten?«
    »Solange noch wenigstens zwölf von

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