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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hätten Sie«, sagte ich.
    »Sehen Sie mal ...«
    Er spielte mit der unangezündeten Zigarette.
    »Vielleicht habe ich ja einen Punkt in meinem Leben erreicht, wo es heißt, Nägel mit Köpfen zu machen«, sagte er. »Mir doch scheißegal, was die Leute denken. Ich lebe ja nun nur ein Mal, und, verdammt, wer weiß denn, wie lange ich's überhaupt noch mache.«
    »Marino, jetzt werden Sie aber langsam morbide.«
    »Man nennt es Realität.«
    »Und die Realität besteht darin, dass Sie, wenn Sie sterben, auf einem meiner Tische landen. Das sollte Ihnen doch wohl Ansporn genug sein, so lange zu machen wie möglich.«
    Er verstummte und starrte aus seinem Fenster, während ich der Route 6 durch Goochland County folgte, die durch dichte Wälder führte. Meilenweit begegnete einem kein anderes Auto. Der Morgen war klar, doch es kündigte sich bereits eine feuchte Wärme an, und ich fuhr mittlerweile an bescheidenen Häusern mit Blechdächern und schmucken Veranden und Vogeltränken im Vorgarten vorbei. Grüne Äpfel bogen knorrige Äste bis zum Boden hinab, und Sonnenblumen ließen wie im Gebet die schweren Köpfe hängen.
    »Wenn Sie die Wahrheit hören wollen, Doc«, fing Marino wieder an. »Das ist wie 'ne Vorahnung oder so was. Ich hab das Gefühl, dass mir die Zeit ausgeht. Ich denke über mein Leben nach und muss sagen, ich hab doch so ziemlich getan, was ich tun konnte. Selbst wenn ich nichts anderes gemacht habe, wird es doch immer noch genug gewesen sein, verstehen Sie? Also sehe ich vor meinem inneren Auge diese Mauer, und hinter der Mauer erwartet mich nichts. Mein Weg ist zu Ende. Ich bin hier raus. Fragt sich bloß noch, wie und wann. Also mache ich mehr oder minder das, wozu ich Lust habe, verdammt. Warum auch nicht, oder?«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und die Vorstellung von seinem grellbunten Haus zur Weihnachtszeit trieb mir die Tränen in die Augen. Ich war froh, dass ich eine Sonnenbrille aufhatte.
    »Machen Sie keine sich selbst erfüllende Prophezeiung daraus, Marino«, sagte ich leise, »manchmal kann man über etwas auch zu viel nachdenken und sich damit so verrückt machen, dass es am Ende tatsächlich eintritt.«
    »Wie Sparkes«, sagte er.
    »Ich sehe wirklich nicht, was das jetzt mit Sparkes zu tun hat.«
    »Vielleicht hat er ja auch über irgendwas zu viel nachgedacht und es dadurch heraufbeschworen. Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Schwarzer, den viele Leute wegen seiner Tüchtigkeit hassen, und Sie machen sich so viel Sorgen wegen der Arschlöcher, die Ihnen wegnehmen wollen, was Ihnen gehört, dass Sie es am Ende selbst in Brand stecken. Und Ihre Pferde und Ihre weiße Freundin gleich mit. Sodass Sie schließlich mit nichts dastehen. Mein Gott, das Geld von der Versicherung wird ihm nicht ersetzen, was er verloren hat. Ausgeschlossen. Um e s genau zu sagen: Sparkes ist sowieso der Angeschmierte, egal wie man es wendet. Entweder hat er alles verloren, was er im Leben geliebt hat, oder er stirbt im Gefängnis.«
    »Wenn wir nur über Brandstiftung reden würden, wäre ich eher geneigt, zu denken, dass er die Brandfackel war«, sagte ich.
    »Aber es geht schließlich auch um eine junge Frau, die ermordet worden ist, und darum, dass all seine Pferde getötet worden sind. Und das passt für mich nicht in s Bild.«
    »Hört sich wieder ganz nach O. J. Simpson an, wenn Sie mich fragen. Reicher, mächtiger Schwarzer. Seiner früheren Freundin wird die Kehle durchgeschnitten. Stören Sie die Parallelen denn überhaupt nicht? Hören Sie, ich muss mal eine rauchen. Ich blas den Rauch aus dem Fenster.«
    »Wenn Kenneth Sparkes seine frühere Freundin ermordet hat, warum hat er das nicht irgendwo getan, wo man ihn damit nicht in Verbindung gebracht hätte?«, wandte ich ein. »Warum den ganzen übrigen Besitz gleich mit zerstören und dafür sorgen, dass alle Zeichen auf einen selbst deuten?«
    »Weiß nicht, Doc. Vielleicht ist das Ganze außer Kontrolle geraten, sodass er Scheiße gebaut hat. Vielleicht hat er ja gar nicht vorgehabt, sie zu erledigen und seine Bude abzufackeln.«
    »Ich kann an diesem Brand nichts finden, das auf eine impulsive Handlung hindeuten würde«, sagte ich. »Ich glaube, da hat irgendwer ganz genau gewusst, was er tat.«
    »Entweder das, oder er ist leichtsinnig geworden.«
    Die schmale Straße war gesprenkelt von Sonnen- und Schattenflecken, und die Vögel auf den Telefondrähten erinnerten mich an Musiknoten. Als ich beim North Pol e Restaurant mit seinem

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