Brandherd
reinigen.
»Ich war am Donnerstag den größten Teil des Tages dort. Es war das Gleiche zu tun wie immer. Ich habe acht von seinen Pferden beschlagen und geschaut, dass keines die Krankheit der weißen Linie hat, bei der Bakterien ins Innere des Hufes dringen. Hab sie mit Formaldehyd bepinselt - damit werden Sie sich ja vermutlich auskennen«, sagte er an mich gewandt. Er ließ das recht e Bein runter und nahm das linke hoch, die Stute zuckte ein wenig zusammen und schlug mit dem Schweif. Dorr gab ihr einen Klaps auf die Nase.
»Das ist nur ein Denkzettel«, erklärte er uns. »Sie ist heute schlecht gelaunt. Die sind genau wie die kleinen Kinder, müssen andauernd ausprobieren, wie weit sie gehen können. Man denkt, sie lieben einen, dabei wollen sie nichts als Futter.«
Die Stute rollte mit den Augen und zeigte die Zähne, als der Hufschmied wieder Hufnägel herauszog. Er arbeitete in einem verblüffenden Tempo, das auch nicht nachließ, während er sprach.
»Waren Sie jemals da, als Sparkes eine junge Frau zu Besuch hatte?«, fragte ich. »Sie war groß und sehr schön und hatte langes blondes Haar.«
»Nö. Normalerweise haben wir uns, wenn ich kam, mit den Pferden beschäftigt. Er ging mir zur Hand, so gut er konnte. Er war völlig vernarrt in sie.«
Er nahm wieder das Hufmesser in die Hand.
»Dies ganze Gerede, was für ein Schürzenjäger er sein soll«, fuhr Dorr fort. »Ich hab davon nichts bemerkt. Er schien eher so'n einsamer Typ zu sein, was mich anfangs überrascht hat, weil er ja ein ziemlich großes Tier ist.«
»Wie lange arbeiten Sie denn schon für ihn?«, fragte Marino und veränderte seine Haltung, wie um deutlich zu machen, dass jetzt er an der Reihe war.
»Bald sechs Jahre«, sagte Dorr und griff nach der Raspel. »So zweimal im Monat.«
»Hat er denn, als Sie ihn am Donnerstag getroffen haben, erwähnt, dass er eine Auslandreise vorhätte?«
»Aber sicher. Deswegen bin ich ja an dem Tag gekommen. Er wollte tags darauf nach London, und wei l sein Pferdepfleger gekündigt hatte, hätte mich später niemand in Empfang nehmen können.«
»Es hat den Anschein, dass das Opfer einen alten, blauen Mercedes fuhr. Haben Sie je ein solches Auto auf seiner Farm gesehen?«
Dorr rückte mit seinem niedrigen Holzschemel ein Stück zurück und zog die Beschlägekiste zu sich heran. Er hob ein Hinterbein hoch.
»Ich kann mich nicht erinnern, je so einen Wagen gesehen zu haben.«
Wieder warf er ein Hufeisen beiseite.
»Nein, wirklich. Kann nicht behaupten, dass ich mich an die Frau erinnere, die Sie gerade beschrieben haben. Na, na - ruuuhig!«
Er beruhigte das Pferd, indem er ihm die Hand auf die Hinterbacke legte.
»Sie hat's in den Füßen«, teilte er uns mit.
»Wie heißt sie denn?«
»Molly Brown.«
»Sie klingen nicht, als ob Sie hier aus der Gegend wären«, sagte ich.
»Geboren und aufgewachsen in South Florida.«
»Ich auch. Miami«, sagte ich.
»Na, das liegt ja so weit südlich, dass es schon zu Südamerika gehört.«
12
Ein Beagle war hereingetrottet und schnüffelte auf der Suche nach Hufspänen auf dem mit Heu bestreuten Boden herum. Molly Brown hob geziert ihr anderes Hinterbein auf die Beschlägekiste, als wollte sie sich in einem Schönheitssalon eine Maniküre angedeihen lassen.
»Hughey«, sagte ich, »gewisse Umstände im Zusammenhang mit diesem Brand werfen viele, viele Fragen auf. Es gibt eine Leiche, obwohl niemand in Sparkes' Haus hätte sein sollen. Für die Frau, die gestorben ist, bin ich zuständig, und ich möchte alles in meiner Macht Stehende tun, um herauszufinden, weshalb sie dort war und warum sie nicht ins Freie gerannt ist, als das Feuer ausbrach. Sie sind möglicherweise der Letzte gewesen, der die Farm vor dem Brand besucht hat, und ich bitte Sie, Ihr Gedächtnis noch einmal daraufhin zu durchforschen, ob Ihnen an jenem Tag nicht vielleicht irgendetwas - egal, was - aufgefallen ist, das Ihnen ungewöhnlich vorkam.«
»Genau«, sagte Marino. »Haben Sie zum Beispiel den Eindruck gehabt, Sparkes könnte ein privates, persönliches Telefongespräch geführt haben? Hatten Sie das Gefühl, dass er Gesellschaft erwartete? Haben Sie ihn jemals den Namen Claire Rawley erwähnen hören?«
Dorr stand auf und tätschelte erneut das Hinterteil der Stute, während ich mich instinktiv aus der Reichweite ihrer kraftvollen Hinterhand entfernte. Der Beagle bellte mich an, als wäre ich plötzlich eine völlig Fremde.
»Komm mal her, du kleiner Kerl.«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher