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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Polarbären ankam, fühlte ich mich an die Mittagessen nach den Gerichtsverhandlungen in Goochland erinnert, an Detectives und Gerichtsmediziner, die inzwischen in Pension gegangen waren. An die lange zurückliegenden Mordfälle hatte ich nur noch eine undeutliche Erinnerung, weil ich inzwischen so viele Morde im Kopf hatte, und der Gedanke daran und die Kollegen, die ich vermisste, stimmten mich einen Augenblick traurig. Red Feather Point war das Ende einer langen Schotterstraße, die zu einem eindrucksvollen Farmhaus führte, das den James River überblickte. Staub wirbelte hinter meinem Wagen auf, als ich mich zwischen weißen Zäunen hindurchschlängelte. Auf sanften, grünen Weiden lagen verstreute Heureste.
    Das dreistöckige weiße Holzhaus hatte das unvollkommene, windschiefe Aussehen eines Hauses, das nicht aus diesem Jahrhundert stammte, und die von wildem Wein überwachsenen Silos waren ebenfalls aus längst vergangenen Zeiten übrig geblieben. In der Ferne zogen Pferde über eine Weide, und die rote Reitbahn war leer, als wir parkten. Marino und ich betraten eine große, grüne Scheune und folgten dem Geräusch klingenden Stahls, das von Hammerschlägen herrührte. Edle Pferde reckten die prächtigen Hälse aus ihren Boxen, und ich konnte nicht widerstehen und streichelte die samtweichen Nüstern von Jagdpferden, Arabern und anderen Vollblütern. Ich blieb stehen, um ein paar zärtliche Worte an ein Fohlen und seine Mutter zu richten, während beide mich aus riesigen, braunen Augen anstarrten. Marino hielt hingegen Abstand und wedelte Fliegen weg.
    »Nichts gegen ihren Anblick«, bemerkte er. »Doch seit mich mal eins gebissen hat, hüte ich mich vor ihnen.«
    In den Sattel- und Futterkammern herrschte Stille. Rechen und aufgerollte Schläuche hingen an Holzwänden.
    Die Türöffnungen waren mit Decken verhängt, und ich begegnete niemandem außer einer Frau in Reitkleidung und Helm, die einen englischen Sattel über dem Arm trug.
    »Guten Morgen«, sagte ich, als das ferne Gehämmer verstummte. »Ich bin auf der Suche nach dem Hufschmied. Ich bin Dr. Scarpetta«, setzte ich hinzu. »Ich habe vorhin angerufen.«
    »Er ist dahinten.«
    Sie wies in die Richtung, ohne ihren Schritt zu verlangsamen.
    »Und wo Sie schon da sind - Black Lace fühlt sich nicht mehr so heiß an«, setzte sie hinzu, und mir ging auf, dass sie mich für eine Tierärztin hielt.
    Marino und ich bogen um eine Ecke und stießen auf Dorr. Er saß auf einem Schemel und hatte sich den rechten Vorderhuf einer großen weißen Stute zwischen die Knie geklemmt. Er war kahl, hatte kräftige Schultern und Arme und trug den Lederschurz eines Hufschmieds, der aussah wie das ausgeleierte Maul eines alten Schraubstocks. Er war schweißbedeckt und schmutzig und zog gerade Nägel aus einem Aluminiumhufeisen.
    »Halli, hallo«, sagte er zu uns, und das Pferd legte die Ohren zurück.
    »Guten Tag, Mr. Dorr. Ich bin Dr. Scarpetta, und das ist Captain Pete Marino. Ihre Frau hat mir gesagt, dass ich Sie hier finden würde.«
    Er blinzelte zu uns hinauf. »Die Leute nennen mich Hughey, so heiße ich nämlich. Sind Sie Tierärztin?«
    »Nein, nein, ich bin Gerichtsmedizinerin. Captain Marino und ich haben mit dem Warrenton-Fall zu tun.«
    Seine Augen verdunkelten sich, als er das alte Hufeisen beiseite warf. Er holte ein gebogenes Messer aus eine r Tasche seines Schurzes und begann, den Huf zurechtzustutzen, bis marmorweißes Horn darunter sichtbar wurde. Ein eingeklemmtes Steinchen sprühte einen Funken.
    »Der das gemacht hat, gehört erschossen«, sagte er, griff sich eine Kneifzange aus einer anderen Tasche und stutzte die Hufwand rundherum zurecht.
    »Wir tun, was wir können, um herauszufinden, was da passiert ist«, ließ Marino ihn wissen.
    »Meine Aufgabe besteht darin, die Frau zu identifizieren, die in dem Feuer umgekommen ist«, erklärte ich, »und dahinter zu kommen, was genau ihr zugestoßen ist.«
    »Da wäre als Erstes die Frage«, sagte Marino, »warum diese Dame im Haus war.«
    »Ich habe davon gehört. Seltsam«, antwortete Dorr. Jetzt benutzte er eine Raspel, und die Stute zog gereizt die Lippen zurück.
    »Keine Ahnung, warum da jemand im Haus gewesen sein soll«, meinte er.
    »Soweit ich weiß, sind Sie gerade ein paar Tage zuvor auf seiner Farm gewesen?«, fuhr Marino fort und kritzelte etwas auf seinen Notizblock.
    »Das Feuer war Samstagabend«, sagte Dorr. Er begann, die Unterseite des Hufes mit einer Drahtbürste zu

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