Brandherd
passiert?«
»Es hat sich herausgestellt, dass er am Tag vor dem Brand, am Freitag, für einen Flug um 9 Uhr 30 auf dem Dulles aufgekreuzt ist. Er hat Gepäck eingecheckt, es aber am Zielflughafen, in London, niemals abgeholt. Was heißt, dass er möglicherweise eingecheckt, dem Flugbegleiter am Gate sein Ticket gegeben hat, dann schnurstracks umgekehrt ist und den Flughafen verlassen hat.«
»Die zählen auf internationalen Flügen aber die Passagiere durch«, wandte ich ein. »Sein Fehlen im Flugzeug wäre bemerkt worden.«
»Mag sein. Doch er hätte es nie so weit gebracht, wenn er nicht clever wäre.«
»Marino ...«
»Warten Sie. Lassen Sie mich erst mal zu Ende berichten. Sparkes behauptet, die Flughafenpolizei habe ihn bereits erwartet, als er am nächsten Morgen um neun Uhr fünfundvierzig in Heathrow landete - am Samstag. Und wir sprechen von der englischen Zeit, was bedeutet, dass es hier bei uns vier Uhr fünfundvierzig war. Man habe ihn über den Brand informiert, und er habe auf der Stelle kehrtgemacht und einen Flug der United zurück nach Washington genommen, ohne sich um sein Gepäck zu kümmern.«
»Ich würde sagen, wenn einer aufgeregt genug ist, kann er sich so verhalten«, sagte ich.
Marino schwieg und blickte mich fest an, während ich die Seife auf das Spülbecken legte und mir die Hände abtrocknete.
»Doc, Sie müssen aufhören, ständig Partei für ihn zu ergreifen«, sagte er.
»Das tue ich nicht. Ich versuche nur, objektiver zu sein, als manche Leute es meiner Meinung nach sind. Und die Flughafenpolizei von Heathrow wird sich doch gewiss daran erinnern, ihm die Nachricht überbracht zu haben, als er das Flugzeug verließ?«
»Bis jetzt nicht. Und wir können uns irgendwie nicht erklären, wie die Flughafenpolizei überhaupt von dem Brand gewusst haben soll. Selbstverständlich hat Sparkes für alles eine Erklärung. Er behauptet, die Flughafenpolizei treffe immer besondere Vorkehrungen , wenn er unterwegs sei, und erwarte ihn sowieso am Gate. Offenbar hätte die Nachricht von dem Brand bereits den Weg in die Londoner Frühnachrichten gefunden, und der Geschäftsmann, mit dem Sparkes angeblich verabredet war, hätte die British Airways angerufen und darum gebeten, Sparkes die Nachricht zu überbringen, sowie er gelandet wäre.«
»Und hat schon jemand mit diesem Geschäftsmann geredet?«
»Bislang noch nicht. Vergessen Sie nicht, das ist Sparkes' Geschichte. Und ich sage es Ihnen nur sehr ungern, Doc, aber glauben Sie bloß nicht, dass die Leute nicht für ihn lügen würden. Wenn er hinter dem Ganzen steckt, dann garantiere ich Ihnen, dass er das bis ins Kleinste geplant hat. Und lassen Sie mich noch hinzusetzen, dass der Brand, als er am Dulles Airport ankam, um den Flug nach London zu nehmen, bereits in vollem Gange und die Frau bereits tot war. Wer will da mit Sicherheit sagen, dass er sie nicht umgebracht und dann irgendeinen Timer benutzt hat, um das Feuer auszulösen, nachdem er die Farm verlassen hatte?«
»Niemand«, stimmte ich zu, »aber es kann auch niemand das Gegenteil beweisen. Und es sieht auch nicht so aus, als könnten wir je darüber Gewissheit erlangen, es sei denn, bei den forensischen Untersuchungen taucht irgendwelches Material auf, irgendetwas, das auf Sprengstoff und einen Zündmechanismus schließen lässt.«
»Heutzutage kann man doch fast alles im Haushalt als Timer benutzen. Wecker, Videorecorder, Computer, Digitaluhren.«
»Das stimmt zwar. Doch irgendwas muss eine schwache Explosion auslösen, etwas wie Sprengkapseln, Funken, eine Sicherung, Feuer«, sagte ich. »Wenn Sie sonst nicht s mehr zu putzen haben«, sagte ich ironisch, »gehe ich jetzt lieber.«
»Nun seien Sie doch nicht sauer auf mich«, sagte Marino.
»Schließlich ist diese ganze Angelegenheit ja nicht meine Schuld.«
Ich blieb an seiner Haustür stehen und sah ihn an. Dünne graue Haarsträhnen klebten an seinem schwitzenden Schädel. Wahrscheinlich hatte er überall im Schlafzimmer schmutzige Kleidungsstücke herumliegen, und kein Mensch hätte jemals genug für ihn putzen und aufräumen können, in hundert Jahren nicht. Ich erinnerte mich an Doris, seine Frau, und konnte mir vorstellen, wie sie in fügsamer Unterwürfigkeit ausgeharrt hatte, bis zu jenem Tag, als sie plötzlich ging und sich in einen anderen Mann verliebte.
Es war, als hätte man Marino eine Transfusion der falschen Blutgruppe verpasst. Wie gut auch immer seine Absichten sein mochten oder wie brillant seine
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