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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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müde aus. Ich hatte in letzter Zeit weder anständig gegessen noch geschlafen und war weniger diszipliniert im Umgang mit Kaffee und Alkohol. Das alles zeigte sich nun um meine Augen herum. Zu einem guten Teil war das auf meine hilflose Wut und die Angst zurückzuführen, die Carrie ausgelöst hatte und die mich ständig begleitete. Wir hatten zwar keine Ahnung, wo sie war, doch in meiner Vorstellung war sie überall. Ich ging ins Pausenzimmer, wo Fielding, der grundsätzlich keinen Kaffee trank, sich gerade Kräutertee machte. Sein Gesundheitsfanatismus war meinem Wohlbefinden auch nicht eben zuträglich. Ich hatte schon seit über einer Woche keinen Sport mehr getrieben.
    »Ich wünsche einen schönen guten Morgen , Dr. Scarpetta«, sagte er wohl gelaunt.
    »Schön wär's«, erwiderte ich und griff nach dem Kaffeetopf.
    »Wie es aussieht, hält sich die Zahl der Fälle heute im Rahmen. Ich überlasse alles Ihnen, auch die Personalbesprechung. Ich habe eine Menge zu tun.«
    Fielding, heute in gelbem Hemd mit umgeschlagenen Manschetten, lebhaft gemusterter Krawatte und sportlicher Bügelfaltenhose, wirkte frisch und munter. Er war tadellos rasiert und roch gut. Sogar seine Schuhe glänzten, weil er es, anders als ich, niemals zuließ, dass die jeweiligen Lebensumstände Einfluss darauf gewannen, wie sehr er sich pflegte oder nicht.
    »Ich begreife einfach nicht, wie Sie das schaffen«, sagte ich und musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Jack, sind Sie denn überhaupt nicht anfällig für so normale Dinge wie Depressionen, Stress, Sucht nach Schokolade, Zigaretten, Scotch?«
    »Ich neige dazu, mein Ausdauertraining zu übertreiben, wenn ich erledigt bin«, sagte er, während er seinen Tee trank und mich durch den Dampf hindurch beäugte. »Dann hole ich mir Verletzungen.«
    Er überlegte einen Augenblick.
    »Was ich mir am ehesten vorzuwerfen habe - jetzt, wo Sie mich fragen -, ist, dass ich meine Frau und meine Kinder vernachlässige, Ausreden erfinde, um nicht zu Hause sein zu müssen. Ich bin ein gefühlloser Scheißkerl, und dafür werde ich ziemlich häufig gehasst. Sodass also auch ich meine selbstzerstörerische Ader habe. Doch ich verspreche Ihnen eins«, sagte er dann, »wenn Sie sich die Zeit nehmen würden zum Walking, Radfahren, zu ein paar Kniebeugen oder auch Liegestützen, ich schwöre Ihnen, Sie würden sich wundern.«
    Im Hinausgehen setzte er noch hinzu: »Die natürlichen Morphine des Körpers, habe ich Recht?«
    »Danke«, rief ich ihm nach und hatte meine Frage bereits bereut. Ich hatte mich kaum an meinen Schreibtisch gesetzt, als Rose erschien. Mit ihrem hoch gesteckten Haar und dem eleganten marineblauen Kostüm war sie fit für eine leitende Position.
    »Ich habe gar nicht gewusst, dass Sie da sind«, sagte sie und legte diktierte Protokolle auf einen Stapel. »Das ATF hat gerade angerufen. McGovern.«
    »Ja?«, fragte ich interessiert. »Wissen Sie, worum es geht?«
    »Sie sagt, sie wäre übers Wochenende in D.C. gewesen und müsste Sie sehen.«
    »Wann und weshalb?«
    Ich fing an, Briefe zu unterschreiben.
    »Sie müsste eigentlich bald hier sein«, sagte Rose. Ich blickte überrascht auf.
    »Sie hat vom Auto aus angerufen und mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass sie fast bei Kings Dominion sei und in zwanzig, dreißig Minuten hier sein müsste.«
    »Dann muss es wichtig sein«, murmelte ich und öffnete einen Pappordner mit Diapositiven.
    Ich schwang auf meinem Stuhl herum, hob den Plastikschoner von meinem Mikroskop und schaltete den Illuminator an.
    »Sie brauchen nicht gleich alles stehen und liegen zu lassen«, sagte die stets fürsorgliche Rose. »Sie hat ja schließlich keinen Termin vereinbart oder auch nur gefragt, ob Sie sie unterbringen können.«
    Ich legte ein Präparat auf den Objektträger und spähte durch das Okular auf ein Stück Pankreasgewebe, au f rosafarbene, zusammengeschrumpfte Zellen, die gläsern beziehungsweise narbig aussahen.
    »Seine Blutvergiftung hat sich als Fehlanzeige erwiesen«, sagte ich zu Rose, als ich ein weiteres Präparat auf den Objektträger legte. »Bis auf das Aceton«, setzte ich hinzu. »Nebenprodukt eines entgleisten Zuckerstoffwechsels. Und die Nieren selbst zeigen Löcher an den kleinen Ausführungsgängen. Was bedeutet, dass sie, statt zylindrisch und rosa durchsichtig, wulstig und vergrößert sind.«
    »Wieder Sonny Quinn«, sagte Rose trübselig.
    »Darüber hinaus haben wir eine Krankengeschichte -nach Obst riechende Atemluft,

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