Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
könne. Finchleys Unterkiefer klappte herunter. Er war offenbar nicht in Montgomerys Theorien eingeweiht. »Ich habe nicht gewußt, daß wir diese Möglichkeit in Betracht ziehen, Monty«, sagte er leise.
»Und ich hätte nie von Ihnen geglaubt, daß Sie eine derart ausgefallene Phantasie haben«, warf ich ein. »Klingt, als ob Sie in Ihrer Freizeit zu viel Tom Clancy lesen.«
Finchley unterdrückte sein Lächeln so schnell, daß ich mir nicht sicher war, ob ich es überhaupt gesehen hatte. »Monty, was für Beweise haben wir, die auf Miss Warshawski deuten?«
Montgomery ignorierte ihn. »Sie haben letzte Woche versucht, einen nutzlosen Polizeieinsatz zu erreichen, haben behauptet, im Indiana Arms sei ein Baby gewesen, das gar nicht dort war. Es ist typisch für Brandstifter, daß sie es nicht ertragen, wenn ihre Arbeit ignoriert wird.«
»Mm.« Ich schüttelte den Kopf. »Gehen Sie und stecken Sie erst mal etwas Arbeit in dieses Problem, ehe Sie mich wieder belästigen. Finden Sie heraus, womit der Brand gelegt wurde und wer Zugang zu dem Zeug hatte, und denken Sie sich eine Erklärung dafür aus, wie ich mich bewußtlos geschlagen, danach das Feuer gelegt und schließlich alles versucht habe, herauszukommen. Dann können wir uns wieder unterhalten.«
»Ein Komplize«, sagte Montgomery selbstgefällig. »Ihr Partner muß Sie bei dieser Geschichte gelinkt haben.«
Ich schloß die Augen. »Auf Wiedersehen, Lieutenant. Die Tür schließt sich automatisch hinter Ihnen.«
Er schrie mich an. Als ich nicht reagierte, stand er auf und rüttelte an meiner Schulter, bis mein Kopf ernsthaft weh tat.
»Sie sind nur noch einen Schritt von einer Anzeige wegen Körperverletzung im Dienst entfernt«, sagte ich eisig. »Falls Sie keinen Haftbefehl mit meinem Namen darauf vorweisen können, scheren Sie sich jetzt zum Teufel.«
Ich glaube, wenn Finchley nicht dabeigewesen wäre, hätte Montgomery mich geschlagen, aber er merkte, auf wessen Seite der Detective stand – er war nicht halb so blöd, wie er aussah.
»Nehmen Sie sich in acht, Warshawski. Ich hänge mich an Ihren Arsch wie ein Schlüpfer. Wenn Sie was aushecken, erwischen wir Sie beim nächsten Mal auf frischer Tat.«
»Danke für die Warnung, Lieutenant. Es ist gut, seine Feinde zu kennen, ehe man sich auf die Straße wagt.«
Als die Tür hinter ihnen zufiel, schloß ich alle Riegel ab und überprüfte vorsichtshalber auch die Hintertür. Ich war zu müde, darüber nachzudenken, was das alles zu bedeuten hatte, sogar zu müde, um Bobby anzurufen und ihn auszufragen. Ich wankte ins Schlafzimmer zurück und fiel wieder in tiefen, unruhigen Schlaf.
28 Ein paar nette Worte von einer Freundin
Am Abend rief Robin an, der sich Sorgen machte, weil er mich im Krankenhaus nicht hatte besuchen dürfen, und froh darüber war, daß ich noch aus einem Stück bestand. Er wollte unbedingt einen Krankenbesuch bei mir machen. Ich war zu erschöpft für weiteren Besuch, sagte aber, er könne, falls ich mich besser fühlte, am Samstag vorbeikommen.
Ehe er auflegte, fiel mir eine Frage ein. »Hat die Ajax übrigens das Prairie Shores Hotel versichert – das Gebäude, in dem ich war?«
»Nein. Das war das erste, was ich nachgeschaut habe. Aber natürlich versichern wir keine aufgelassenen Gebäude. Und falls es dich tröstet, es hat deinem Freund Saul Seligman nicht gehört. Es ist also entweder ein Rachefeldzug gegen diesen Teil der Indiana Avenue oder jemand, der etwas gegen die Familie Warshawski hat.«
Die letzte Bemerkung hatte ein Scherz sein sollen, aber sie erinnerte mich wieder an Elena, an das rotgeäderte leere und schlaffe Gesicht. Ich murmelte Robin etwas zu von wegen, ich sei zu schwach für Scherze, und legte auf. Ich mußte kein viktorianischer Engel sein und neben ihrem Bett Wache halten. Das mußte ich nicht, nein, nein, nein.
Ich stolperte ins Eßzimmer und suchte in den Schränken nach Briefpapier. Meine letzten Privatbriefe hatte ich vor so langer Zeit geschrieben, daß die Schachtel hinter dem Fondueset und dem silbernen Salatbesteck gelandet war, die aus meiner kurzen Ehe übriggeblieben waren. Ich starrte die Sachen verblüfft an: Warum hatte ich ausgerechnet diese Gegenstände in den elf Jahren seit meiner Scheidung durch ganz Chicago mitgeschleppt?
Ich war heute nicht dazu fähig, eine Entscheidung über sie zu treffen; ich schob sie in den Schrank zurück und setzte mich mit dem vergilbten Briefpapier an den Tisch, um an meinen Onkel Peter zu
Weitere Kostenlose Bücher