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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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lebensgefährlichen Aktionen finden kannst?« brach es aus ihr heraus. »Weißt du, wie ich mich jedesmal fühle, wenn du auf einer Bahre gebracht wirst, und ich nicht weiß, ob du lebendig oder tot bist? Wenn ich nicht weiß, ob diesmal dein Gehirn ruiniert ist, deine Glieder gelähmt sind? Glaubst du nicht, du kannst dein Geschäft so organisieren, daß du ein paar Schritte vom Tod entfernt bleibst, daß du solche Risiken der Polizei überläßt?«
    »Damit der Freundin oder Geliebten von jemand anders die Sorge aufgehalst wird, meinst du?« Ich war nicht wütend, nur sehr einsam. »Das wird unvermeidlich so kommen, Lotty. Ich kann nicht ewig durch Reifen springen und an Seilen hinaufklettern. Irgendwann muß das jemand anders übernehmen. Aber bestimmt nicht die Polizei. Nicht wenn ich mich mit denen herumärgern muß, damit sie in einem Fall von Brandstiftung ermitteln, und sie es dann trotzdem nicht tun. Oder wenn ihre einzige Antwort darauf, daß ich fast gestorben wäre, darin besteht, mir vorzuwerfen –«
    Ich brach ab. Vielleicht hatten Cerise und Elena gesehen, wer das Indiana Arms in Brand gesteckt hatte, und waren hinter ihm her. Oder ihr. Oder mehreren. Falls das so war, konnte es sein, daß der Brandstifter Elena mit seiner Lieblingsmethode aus dem Weg hatte räumen wollen. Und vielleicht hatte er angenommen, Elena habe sich mir anvertraut, so daß ich auch sterben mußte? Und – aber hatten sie Cerise ermordet? Die Polizei behauptete, es sei eine Überdosis gewesen, schlicht und einfach.
    »Ich weiß, ich sollte dir gegenüber nicht so aus der Haut fahren. Ich habe nur Angst, dich zu verlieren, das ist alles«, sagte Lotty.
    »Ich weiß«, sagte ich müde. »Aber das setzt mich nur noch mehr unter Druck, Lotty. An manchen Tagen muß ich mich mit hundert Leuten anlegen, damit ich meine Arbeit tun kann. Wenn du der hunderterste Mensch bist, habe ich das Gefühl, ich will mich nur noch hinlegen und sterben.«
    Sie sagte einen langen Augenblick nichts. »Wenn ich dir helfen will, muß ich dich also dabei unterstützen, daß du Dinge tust, die mich quälen? Darüber muß ich nachdenken, Victoria … In einem Punkt unterstütze ich dich jedoch nicht. Daß du dein Leben deiner Tante weihst. Mez hat diesen Teil eures Gesprächs mir gegenüber erwähnt. Ich habe ihm erklärt, wenn du ein Mann wärst, hätte er dir gegenüber das Thema gar nicht erst zur Sprache gebracht oder dich höchstens gefragt, ob du eine Frau hast, die das übernimmt.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Was konnte er schon sagen? Er hat herumgedruckst und gesagt, er halte es trotzdem für eine gute Idee. Aber es gibt eine Grenze dafür, wieviel man anderen Menschen opfern muß, Victoria. Du hast dich für Elena fast umgebracht. Du mußt ihr nicht auch noch deinen Verstand opfern.«
    »Okay, Frau Doktor«, murmelte ich. Ich blinzelte die Tränen zurück – ich war so schwach, daß mir schon nach einem bißchen Unterstützung zum Weinen zumute war.
    »Du bist erschöpft«, sagte sie knapp. »Bist du im Bett? Gut. Versuch zu schlafen. Gute Nacht.«
    Als sie aufgelegt hatte, stellte ich das Telefon auf den Auftragsdienst um. Ich fummelte im Dunkeln am Schalter herum, um die Klingel abzustellen. Als die verschwollenen, ungeschickten Hände das geschafft hatten, fiel ich endlich in einen tiefen, ungetrübten Schlaf.

29 Schwere Blumen
    Als ich am Samstag aufwachte, war es halb zehn. Ich hatte über dreizehn Stunden geschlafen und fühlte mich zum ersten Mal seit einer Woche nach dem Schlafen ausgeruht. Ich ließ mir Zeit mit dem Aufwachen, wollte nicht, daß ich wieder schwarze Punkte sah, weil ich mit dem Kopf ruckte.
    Im Bad wickelte ich die Hände aus dem Verband. Die Handflächen waren orangegelb geworden. Ich zuckte angewidert zusammen – die verfärbte Schwellung war ein Weckruf, bei dem mir übel wurde. Als ich sacht gegen die Blutblasen stieß, die meine Hände wie Eisenbahngleise überzogen, schien es, als ob sie heilten. Ich versuchte, mich davon zu überzeugen, daß Verletzungen immer dann am schlimmsten aussehen, wenn sie heilen, aber die wabblige Masse drehte mir trotzdem den Magen um. Ich war mir außerdem nicht sicher, ob ich sie selbst wieder einwickeln konnte. Im Krankenhaus hatte ich Salbe und Verbandsmaterial bekommen, aber keine Gebrauchsanweisung, wie ich das mit den Zähnen bewerkstelligen sollte.
    Wenn ich die Hände auf den Wannenrand legte, konnte ich trotzdem ein richtiges Bad nehmen. Ich ließ Wasser einlaufen, streute

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