Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
schreiben. Es war ein schwieriger Brief – ich mußte meine Abneigung gegen ihn so weit überwinden, daß ich Elenas Fall überzeugend vortragen konnte. Ich schilderte die Vorfälle, unterstrich meinen schlechten Gesundheitszustand und die Tatsache, daß ich ihr das Leben gerettet hatte, und schloß mit der Bitte, daß er sie entweder selbst aufnehmen oder sie in einem Rehabilitationszentrum unterbringen möge. Morgen würde ich den Brief per Eilboten nach Mission Hills schicken. Das war das Beste, was ich für Elena tun konnte.
    Im Badezimmerspiegel sah mein Gesicht eingefallen aus, außer Wangenknochen und Augen, deren Grau gegen die Blässe meiner Haut fast schwarz wirkten, war nicht mehr viel übrig. Kein Wunder, daß Mr. Contreras mich unbedingt mit Steak hatte vollstopfen wollen. Ich stellte mich auf die Waage. Mein Gewicht war unter neunundfünfzig Kilo gefallen. Ich konnte mir nicht leisten, so leicht zu sein, wenn ich die Energie nicht verlieren wollte, die ich für meinen Beruf brauchte. Ich war nicht hungrig, aber es war besser, wenn ich etwas aß.
    Ich wanderte mißmutig in die Küche. Inzwischen war jede Ähnlichkeit zwischen den Sachen in meinem Kühlschrank und menschlicher Nahrung rein zufällig. Ich roch am Joghurt. Er war noch gut, aber das Obst und Gemüse waren endgültig hinüber und der Orangensaft roch faulig und vergoren.
    Ich nahm eine Tüte Fettucini aus dem Kühlfach und schlug mit dem Fleischermesser einen Block davon ab. Während ich die Nudeln kochte, aß ich den Joghurt direkt aus dem Becher und versuchte, etwas Ordnung in das Chaos zu bringen, das mich umgab.
    Mehrere Menschen hatten sich in der letzten Woche über mich geärgert. Ralph MacDonald war von seinem Thron heruntergestiegen, um mir zu verstehen zu geben, ich solle mich aus den Angelegenheiten von Roz Fuentes heraushalten. Saul Seligman regte sich darüber auf, daß ihm die Ajax die Versicherungssumme nicht auszahlte. Zerlina Ramsay gab mir und Elena die Schuld am Tod ihrer Tochter. Eine stattliche Liste, aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß einer von diesen Menschen seine Wut dadurch ausdrückte, daß er Elena und mich dem Tod in den Flammen überantwortete. Natürlich war Lotty auch böse auf mich, aber sie reagierte ihre Wut lieber direkt an mir ab.
    Dann war da noch Luis Schmidt. Er hatte mich am Dienstag ein Miststück genannt und mir gesagt, ich solle keine Fragen mehr nach Alma Mejicana stellen, sonst werde es mir leid tun. Ich hatte ihn kampflustig abgefertigt, und er hatte unvermittelt aufgelegt. Wenn ich diese Leute also einkreisen wollte, mußte ich bei Luis anfangen.
    Das Zischen von Wasser in der Gasflamme holte mich in die Gegenwart zurück – die Fettucini waren übergekocht und hatten den Brenner ausgelöscht. Natürlich konnte ich in dem Wirrwarr auf dem Herd keine Streichhölzer finden. Ich riß Türen auf und schlug sie wieder zu. Ich ertrug dieses Leben einfach nicht mehr, niemand war da, der mich hätschelte, wenn ich aus dem Krieg nach Hause kam, nichts zu essen, keine Streichhölzer, kein Geld auf der Bank. Ich packte eine Handvoll Löffel und anderes Besteck und schmiß sie so kräftig wie nur möglich gegen die Küchentür.
    Als das Geklirr verebbte, vibrierte das Lüftungsgitter über der Tür noch sekundenlang in einem klagenden Baß. Ich ließ die Schultern hängen, schlurfte dann zur Tür und sammelte die Utensilien ein. Ein Holzlöffel war auf dem Kühlschrank gelandet. Ich griff nach ihm und stieß dabei eine Schachtel Streichhölzer herunter. Okay, gut. Hab du ruhig Wutanfälle. Sie führen zu Ergebnissen. Ich warf das Besteck in eine Schublade zurück und zündete die Herdflamme wieder an.
    Außer über Luis und die möglichen Probleme von Alma Mejicana mußte ich über die Angelegenheiten meiner Tante nachdenken. Ich wollte nicht mehr an sie denken – und nicht nur, weil ich nicht wollte, daß Victoria, der viktorianische Engel, mich drängte, mich um sie zu kümmern. Ihre Jammergeschichten hatten mich in letzter Zeit in eine Reihe von grausigen Ereignissen hineingezogen, angefangen mit meiner Suche nach einem neuen Zuhause für sie, gipfelnd darin, daß ich beinahe gestorben wäre. Viel mehr Herumgestocher in ihrem Leben konnte ich nicht ertragen.
    Ich hatte immer noch keinen Hunger, bekam aber vom Nahrungsmangel einen leeren Kopf. Ich goß die Nudeln ab und rieb etwas steinharten Cheddar darüber. Mit den verpflasterten Händen ging das langsam. Die Armmuskeln taten mir immer noch

Weitere Kostenlose Bücher