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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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in den Vororten Ausschau hielt.
    »Großartig.« Ich rutschte von der Schreibtischkante herunter und rieb die Druckstelle, an der das Metall sich in meinen Schenkel gegraben hatte. »Übrigens, mit welcher Bank arbeiten Sie – nicht Sie persönlich, sondern die Firma Seligman?«
    Der mißtrauische Ausdruck kehrte auf ihr Gesicht zurück, aber sie gab bereitwillig Auskunft – mit der Edgewater National.
    Als ich die Schwingtür öffnete, fiel mir noch etwas ein. »Wer wird die Firma von Mr. Seligman übernehmen? Hat er Kinder, die ihn beerben?«
    Sie schaute mich wieder böse an. »Ich käme nicht im Traum auf die Idee, in einer solchen Privatangelegenheit herumzustochern. Und belästigen Sie ihn ja nicht – er hat sich nie ganz von Fannys Tod erholt.«
    Ich ließ die Schranke hinter mir zuschnappen. Nicht im Traum, ach du liebe Zeit. Sie kannte vermutlich jeden Gedanken, der Seligman in den letzten zwanzig Jahren durch den Kopf gegangen war, und erst recht seit dem Tod seiner Frau. Als ich die Tür über das lose Linoleum zerrte, fragte ich mich, was mit Mrs. Donnellys Kindern sein mochte, für deren Schulbildung der alte Mann so großzügig gesorgt hatte.
    Ehe ich ins Auto stieg, entdeckte ich an der Ecke ein Telefon und rief Robin an. Er war in einer Konferenz – der ewige Aufenthaltsort von Versicherungsmanagern –, aber seine Sekretärin versprach mir für morgen früh eine Vollmacht.
    Der Nachmittag war schon fortgeschritten; ich hatte den ganzen Tag nichts Richtiges gegessen, nur etwas Toast zu Mr. Contreras’ verdorbenem Kaffee. Es ist schwer, zu denken, wenn man hungrig ist – die Bedürfnisse des Magens gewinnen die Oberhand. Ich fand ein kleines polnisches Restaurant, ließ mir einen Teller dicke Kohlsuppe mit hausgebackenem Roggenbrot servieren. Das war so gut, daß ich noch ein Stück Himbeerkuchen und eine Tasse Kaffee bestellte, ehe ich weiter nach Norden fuhr, um Mr. Seligman zu besuchen.
    Die Estes Avenue ist eine ruhige Wohnstraße in Rogers Park. Mr. Seligman wohnte in einem nicht besonders attraktiven Haus östlich vom Ridge Boulevard. Der kleine Vorgarten war in diesem langen und heißen Sommer nicht gerade liebevoll gepflegt worden; große Büschel von Hundszahngras und Unkraut überwucherten den schütteren Rasen. Den Gehweg durchzogen üble Risse, alles andere als ideal für einen älteren Menschen, vor allem, wenn der Winter von Chicago kam.
    Die Treppe war in keinem viel besseren Zustand – ich wich dem großen Loch auf der dritten Stufe gerade noch rechtzeitig aus, ehe ich mir den Knöchel verstauchte. Ein blankgewetzter Fußabstreifer lag vor der Tür. Ich rutschte leicht aus, als ich klingelte.
    Ich hörte die Klingel hinter der schweren Eingangstür dumpf widerhallen. Nichts tat sich. Ich wartete kurz und klingelte wieder. Nach einer weiteren Wartezeit fragte ich mich, ob ich auf dem Ridge Boulevard an Seligman vorbeigefahren sein mochte. Als ich eben gehen wollte, hörte ich jedoch das Kratzgeräusch eines Riegels, der zurückgeschoben wurde. Es folgte ein umständlicher, mühseliger Prozeß. Als auch das letzte Schloß aufgeschlossen war, ging die Tür langsam nach innen auf, und ein alter Mann blinzelte mich über die Schwelle hinweg an.
    Er mußte etwa in Mr. Contreras’ Alter sein, aber während Vitalität und Neugier meinen Nachbarn rüstig hielten, schien sich Mr. Seligman aus dem Leben zurückgezogen zu haben. Sein Gesicht war von einer Reihe weicher Längsfalten durchzogen, die sich im Rollkragen des verschossenen beigen Pullovers verloren. Darüber trug er eine zerrissene Strickjacke, auf der einen Seite zum Teil in die Schlafanzughose gesteckt. Er sah nicht aus wie der Kopf einer Bande von Brandstiftern und Betrügern.
    »Ja?« Seine Stimme war leise und heiser.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln und erklärte, was ich wollte.
    »Ich bin Privatermittlerin. Ihre Versicherung hat mich engagiert, um Nachforschungen wegen des Brandes anzustellen.«
    »Die Versicherung? Meine Versicherungen sind alle bezahlt, da bin ich mir sicher, aber danach sollten Sie Rita fragen.« Als er verwirrt den Kopf schüttelte, sah ich kurz das Hörgerät im linken Ohr.
    Ich hob die Stimme und versuchte, deutlich zu sprechen. »Ich weiß, daß Ihre Versicherung bezahlt ist. Ich arbeite für die Firma. Die Ajax möchte, daß ich herausfinde, wer Ihr Hotel niedergebrannt hat.«
    »Oh. Wer es niedergebrannt hat.« Er nickte fünf- bis sechsmal. »Ich habe keine Ahnung. Es war ein großer Schock,

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