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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ein furchtbarer Schock. Ich habe erwartet, daß die Polizei oder die Feuerwehr herkommen und mit mir sprechen, aber heutzutage zahlen wir unsere Steuern für nichts und wieder nichts. Erst lassen sie es abbrennen und tun nichts dagegen, dann tun sie nichts, um die Leute zu schnappen, die es getan haben.«
    »Ganz Ihrer Meinung«, warf ich ein. »Deshalb hat mich die Ajax engagiert, damit ich Nachforschungen anstelle. Könnten wir nicht hineingehen und darüber reden?«
    Er musterte mich sorgfältig, kam wohl zu der Erkenntnis, daß ich nicht besonders bedrohlich aussah, und bat mich hinein. Sobald er die Tür hinter mir zugezogen und eins der fünf Schlösser abgeschlossen hatte, wünschte ich mir, ich hätte das Gespräch zwischen Tür und Angel fortgesetzt. Der Gestank, eine Mischung aus Mief, ungespültem Geschirr und ranzigem Fett, schien den Wänden und den Möbeln zu entströmen. Ich hatte nicht gewußt, daß ein Lebewesen in solcher Luft existieren konnte.
    Das Wohnzimmer, in das er mich führte, war dunkel und kalt. Ich versuchte, nicht zu fluchen, als ich gegen einen niedrigen Tisch stieß, aber als ich zurücktrat, verfing sich mein Bein an einem schweren Metallgegenstand, und ich konnte einen Kraftausdruck nicht unterdrücken.
    »Passen Sie doch auf, junge Frau, das sind alles Fannys Sachen, und ich möchte nicht, daß sie beschädigt werden.«
    »Nein, Sir«, sagte ich fügsam und rührte mich, während er nach dem Lichtschalter tastete, nicht vom Fleck. Als die mit dicken Fransen verzierte Lampe anging, sah ich, daß ich über zwei eiserne Schürhaken gestolpert war, die rätselhafterweise mitten im Zimmer lagen. Weil es keinen Kamin gab, war das vielleicht der ideale Platz für sie. Ich schlängelte mich an den restlichen Hindernissen vorbei und setzte mich vorsichtig auf den Rand eines viel zu weich gepolsterten Sessels. Mein Hinterteil sank tief in das weiche, staubige Kissen.
    Mr. Seligman setzte sich auf die dazugehörige Couch, ganz in meiner Nähe, allerdings hing ein leerer Vogelkäfig aus Messing zwischen uns. »Was wünschen Sie, junge Frau?«
    Er war schwerhörig und deprimiert, aber eindeutig nicht geistig behindert. Als er meine Bemerkungen auf einen Nenner brachte, bekamen die hängenden Wangen Farbe.
    »Meine Versicherung glaubt, daß ich mein Hotel niedergebrannt habe? Wofür zahle ich eigentlich Prämien? Ich zahle meine Steuern, und die Polizei hilft mir nicht, ich zahle meine Versicherung, und die Firma beleidigt mich –«
    »Mr. Seligman«, unterbrach ich ihn, »Sie leben schon lange in Chicago, stimmt’s? Ihr Leben lang? Gut, ich auch. Sie wissen so gut wie ich, daß hier jeden Tag Leute ihr Eigentum in Brand stecken, bloß um die Versicherungssumme zu kassieren. Ich glaube Ihnen gern, daß Sie nicht zu diesen Leuten gehören, aber Sie können es der Firma nicht verübeln, wenn sie sich vergewissern will.«
    Die wütende Röte wich aus den Wangen, aber er murmelte halblaut weiter über Räuber, die einem das Geld abnahmen und nichts dafür leisteten. Er beruhigte sich soweit, daß ich ihm Routinefragen darüber stellen konnte, wo er am letzten Mittwoch nachts gewesen war – zu Hause im Bett, wofür hielt ich ihn eigentlich, für einen Don Juan, der sich in seinem Alter noch die ganze Nacht in der Stadt herumtrieb?
    »Können Sie sich einen Grund denken, aus dem jemand das Indiana Arms abbrennen wollte?«
    Er hob entnervt die Hände. »Es war ein altes Gebäude, unnütz für alle, auch für mich. Man zahlt die Steuern, man zahlt die Versicherung, man zahlt die Nebenkosten, und wenn die Miete kommt, reicht es nicht einmal für Farbe. Ich weiß, daß die Leitungen alt waren, aber ich konnte es mir nicht leisten, neue legen zu lassen, das müssen Sie mir glauben, junge Frau.«
    »Warum haben Sie es nicht einfach abreißen lassen, wenn Sie nur draufgezahlt haben?«
    »Sie sind wie alle heutzutage, denken nur an den Dollar, nicht an die Herzen der Menschen. Jeden Tag kommen Leute zu mir und glauben, ich sei ein blöder alter Mann, der ihnen sein Herz verkaufen wird, damit sie es in Stücke reißen können. Und jetzt sind Sie hier und reden genauso.«
    Er schüttelte langsam den Kopf, deprimiert über die Perfidie der jüngeren Generation. »Das war das erste Gebäude, das mir gehörte. Ich habe das Geld während der Wirtschaftskrise ganz langsam zusammengespart. Sie können das nicht verstehen. Ich habe jahrelang einen Lieferwagen gefahren und jeden Penny, jedes Zehncentstück gespart,

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