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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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gesträubt, mir Zerlinas Nachnamen zu sagen.«
    »Ich habe bloß gemeint, du solltest sie nicht behelligen –«
    »Hm. Du hast Zerlina am letzten Mittwoch gesagt, daß sie das Baby nicht im Indiana Arms bei sich haben darf. Was hast du gemacht – sie für den Preis einer Flasche erpreßt? Häßlich, Elena, aber das hat dem Kind das Leben gerettet. Als du am Sonntag zu mir gekommen bist, hast du gewußt, daß Zerlina das Baby weggegeben hatte. Ich will wissen, was
zum Teufel
du gemacht und warum du mich mit hineingezogen hast.« Meine Aufregung brachte mich auf die Beine; ich starrte böse auf meine Tante hinunter.
    Schnelle Tränen füllten ihre Augen. »Raus hier, Victoria Iphigenia. Geh jetzt. Es tut mir leid, daß ich nach dem Brand überhaupt zu dir gekommen bin. Du bist bloß eine verfluchte Rotznase, die sich in alles einmischt und nicht den mindesten Respekt vor der älteren Generation hat. Vielleicht glaubst du, daß dir Chicago gehört, aber das hier ist mein Zimmer, und ich kann die Polizei rufen, wenn du nicht gehst.«
    Ich schaute mich im Zimmer um, und meine Wut wich, machte Scham und einer Welle der Hoffnungslosigkeit Platz. Elena konnte ihre Drohung nicht wahr machen – sie hatte nicht einmal ein Telefon. Sie hatte nur ihren Matchsack und das verschwitzte, dreckige Nachthemd. Ich zwinkerte gegen eigene Tränen an und ging. Als ich unter den leeren Lampenschirmen hindurchging, konnte ich hören, wie sie tastend den Schlüssel ins Schlüsselloch schob.
    Das Paar draußen hatte den Streit beigelegt und versöhnte sich über einer Flasche Bier. Ich ging langsam zum Auto und saß mit hängenden Schultern über dem Lenkrad. Manchmal kommt mir das Leben so grausam vor, daß es mir sogar weh tut, wenn ich die Arme bewege.

18 Kein Donald Trump
    Ich wollte nur noch meine Zelte abbrechen und in einen entlegenen Winkel der Welt verschwinden, wo sich das menschliche Elend nicht so nackt zeigte. Weil mir dazu die Mittel fehlten, könnte ich mich ja einen Moment lang in mein Bett zurückziehen. Aber dann wäre die Hypothekenzahlung fällig geworden und unbezahlt zurückgegangen, und irgendwann hätte mich die Bank hinausgeworfen, und dann hätte ich das nackte Elend am eigenen Leib erfahren, wäre mit einer Flasche Bier vor dem Haus gesessen, um das alles zu verdrängen. Ich ließ den Motor an und fuhr nach Norden zu Saul Seligmans Büro in der Foster Avenue.
    Es war ein schäbiges kleines Büro im Erdgeschoß. Die untere Hälfte der Fenster war mit Brettern vernagelt; rechts oben stand in abblätternden Goldbuchstaben auf der Scheibe »Grundstücksverwaltung Seligman«. Bretter und Dreck auf der Scheibe hinderten mich hineinzusehen, aber ich glaubte, drinnen brenne Licht.
    Die Tür ließ sich schwer öffnen; sie hatte sich an einem Stück losen Linoleum verhakt, das wie ein Keil wirkte. Als ich hereinkam, versuchte ich es festzutreten, aber es stellte sich wieder hoch, sobald ich den Fuß wegnahm. Ich gab auf und ging zu dem hohen ramponierten Tresen hinüber, der Saul vom Rest der Welt abschirmte. Falls er in Geld schwamm, hatte er nichts davon in sein Vorzimmer gesteckt.
    Im hinteren Teil des Zimmers standen fünf Schreibtische, aber nur einer war besetzt. Eine Frau von etwa sechzig las eine Judith-Krantz-Story aus der Leihbücherei. Das stumpf gewordene blonde Haar war sorgfältig in Wellen gelegt. Die Lippen bewegten sich leicht, während ein pummeliger, mit Ringen besetzter Finger die Seite entlangglitt. Sie schaute nicht auf, obwohl sie gehört haben mußte, wie ich mit dem Linoleum gekämpft hatte. Vielleicht lief heute die Leihfrist ab, und sie hatte noch etwa die Hälfte vor sich.
    »Ich kann Ihnen sagen, wie es ausgeht«, erbot ich mich.
    Sie legte das Buch widerwillig beiseite. »Wollen Sie etwas, Schätzchen?«
    »Mr. Seligman«, sagte ich in meinem muntersten, professionellsten Ton.
    »Der ist nicht da, meine Liebe.« Sie griff nach dem Buch.
    »Wann erwarten Sie ihn?«
    »Jetzt, wo er im Ruhestand ist, hat er keine regelmäßigen Bürozeiten mehr.«
    Ich fand den Riegel zur Schwingtür im Tresen. »Vielleicht können Sie mir helfen. Sind Sie die Geschäftsführerin?«
    Sie blähte sich eine Spur auf. »Hier können Sie nicht einfach reinmarschieren, Schätzchen. Das hier ist privat. Publikumsverkehr vorn.«
    Ich ließ die Schranke hinter mir zuschnappen. »Ich bin Detektivin, gnädige Frau. Die Ajax-Versicherung hat mich beauftragt, den Brand zu untersuchen, der letzte Woche ein Objekt von Seligman

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