Brandzeichen
Schlüsselwort sein Name«, sagte Neva.
»Das wäre dann viel zu einfach zu entschlüsseln«, sagte Jin. »Wenn man sich die Mühe macht, eine solch ausgefeilte Codierungsmethode zu benutzen, wird man bestimmt kein dermaßen simples Schlüsselwort wählen.«
In diesem Moment klingelte das Telefon, und Diane hob ab. Sie hatte eigentlich Garnett erwartet, aber tatsächlich war es Beth, die Museumsbibliothekarin.
»Beth«, sagte Diane. »Haben Sie etwas für mich?«
»Ja. Darf ich kurz bei Ihnen vorbeikommen? Ich habe tatsächlich einige Nachkommen von Leo Parrish gefunden, zu denen Sie vielleicht Kontakt aufnehmen möchten. Ich weiß zwar nicht, wo sie jetzt im Moment leben, aber ich habe von einigen die letzte bekannte Adresse.«
»Großartig. Könnten Sie vielleicht gleich im Kriminallabor vorbeikommen?«, fragte Diane.
»Kein Problem. Ich bin gleich da«, sagte Beth.
Diane erklärte den anderen, dass sie die Genealogin gebeten hatte, nach Verwandten und Angehörigen von Leo Parrish zu forschen.
»Das war clever«, sagte Frank.
»Und schnell«, sagte Diane. »Bibliothekarinnen arbeiten viel schneller als Privatdetektive.«
Beth brauchte nur ein paar Minuten, um von ihrer Bibliothek im zweiten Stock des Ostflügels in den Westflügel zu gelangen, in dem das Kriminallabor lag. David ging an die Tür, um sie hereinzulassen. Sie trat ein und ließ erst einmal den Blick über die Glaswände und Hightech-Geräte schweifen, als ob sie gerade einen anderen Planeten betreten hätte.
»Nun«, sagte sie, »das hier unterscheidet sich sicherlich vom Rest des Museums.« Sie hatte einen Ordner dabei, den sie in dieser ungewohnten Umgebung fest an sich presste. Alle gingen jetzt zum runden Tisch hinüber, um den Stammbaum von Leo Parrish kennenzulernen.
»Okay«, sagte Beth, als alle sich gesetzt hatten. »Ich beginne mit den Glendale-Marsh-Verwandten.« Bei jeder Person, die sie erwähnte, deutete sie auf deren Stelle auf dem vor ihr liegenden Familienstammbaum, den sie nun von Generation zu Generation durchging. »Leo Parrish hatte einen Onkel, Luther Parrish, der in den dreißiger Jahren in Glendale-Marsh lebte. Dieser hatte zwei Söhne, Martin und Owen. Owen Parrish hatte einen Sohn. Dieser Sohn war verheiratet und hatte eine Tochter – Oralia Lee Parrish. Sie alle verließen Florida, als Martin und Owen das Familienland verloren. Diese Tochter, Oralia Lee, heiratete einen gewissen Burke Rawson. Soweit ich feststellen konnte, hatten sie keine Kinder.«
»Diese Rawsons sollten wir eigentlich aufspüren können«, sagte David.
»Die letzte Adresse, die ich von ihnen habe, war in Ohio. Aber das ist fünfzehn Jahre her«, sagte Beth. »Sie hatten ja erwähnt, dass Leo Parrish im Krieg an jemanden geschrieben habe. Das war seine Schwester, Leontine Parrish Richmond. Sie lebte im Norden des Staates New York.«
»Waren sie Zwillinge?«, fragte Diane.
Beth nickte. »Leontine hatte eine Tochter, die 1935 elf Jahre alt war.« Sie deutete auf die Liste mit ihren Namen. »Die Tochter wuchs heran, heiratete und hatte einen Sohn namens Quinn Sebestyen«, fuhr sie fort. »Dieser heiratete eine Frau namens Allie Shaw. Sie hatten zwei Kinder.«
»Christian und Melissa«, sagte Jin. Er saß auf der anderen Seite des Tisches, weit weg von Beth, und alle schauten jetzt überrascht zu ihm hinüber.
Jin sah aus, als ob er ein Gespenst gesehen hätte.
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49
A lle starrten Jin an, der den Familienstammbaum zu sich herüberzog und genau studierte. »Das ist absolut erstaunlich«, sagte er.
»Was?«, sagte Neva. »Du schaust aus, als ob sie gerade Verwandte von dir entdeckt hätte.«
»Kennen Sie diese Leute?«, fragte Diane.
Jin schaute sie an. »Erinnern Sie sich noch daran, wie« – er schnippte einige Male mit den Fingern – »wie Dr. Webber mich fragte, was ich in meiner Freizeit mache? Es war im Leichenzelt.«
Diane versuchte, sich an ihre Zeit in diesem Leichenzelt zu erinnern. Es schien schon so lange her zu sein.
»Nachdem Dr. Pilgrim eine Pause gemacht hatte und nachdem Sie die Fötusknochen gefunden hatten und Dr. Rankin gemeint hatte, dass wir nur noch hinterher die Scherben zusammenkehren könnten?«, fuhr Jin fort.
Jetzt fiel es Diane wieder ein. Sie fragte sich gleichzeitig, ob dies nicht der Moment gewesen sein könnte, an dem auch Archie Donahue wie Rankin klargeworden war, dass keiner von ihnen den Drogenhandel aufhalten konnte, weil damit einfach zu viel Geld zu verdienen war. Sie konnten also nur
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