Brandzeichen
Zeitschrift leicht zerfetzt, aber geschlossen war.
»Was ist denn an dem Bild so besonders?« fragte Nora den Hund.
Einstein starrte sie bloß an -und zitterte leicht.
Geduldig öffnete Nora das Magazin, so daß dieselbe Seite zu sehen war.
Einstein schloß es wieder.
Nora öffnete es.
Einstein schloß es das dritte Mal, schnappte es sich und trug es aus dem Raum.
Travis und Nora folgten dem Retriever in die Küche, wo sie ihn dabei beobachteten, wie er geradenwegs auf den Abfalleimer zuging. Der Abfalleimer war eines jener Modelle mit einem Pedal, das einen mit Scharnieren versehenen Deckel öffnete. Einstein setzte eine Pfote auf das Pedal, sah zu, wie der Deckel sich öffnete, ließ die Zeitschrift in den Eimer fallen und ließ das Pedal los.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte sich Nora.
»Ich schätze, das ist ein Film, den er sich ganz bestimmt
nicht anschauen möchte.«
»Unser persönlicher vierbeiniger Kritiker.«
Dieser Zwischenfall ereignete sich am Donnerstagnachmit tag. Am frühen Freitagabend näherte sich Travis' Enttäuschung - und die des Hundes - dem kritischen Punkt.
Manchmal legte Einstein unheimliche Intelligenz an den Tag, dann benahm er sich wieder wie ein ganz gewöhnlicher Hund, und dieses Hin-und Herpendeln zwischen Hundegenie und Köter war für jeden entnervend, der zu begreifen suchte, wie er so klug sein konnte. Langsam glaubte Travis, es wäre am besten, den Retriever einfach als das zu akzeptieren, was er war: auf erstaunliche Kunststücke dann und wann vorbereitet zu sein, aber nicht damit zu rechnen, daß er die ganze Zeit dazu fähig sei. Höchstwahrscheinlich würde das Geheimnis von Einsteins ungewöhnlicher Intelligenz nie gelöst werden. Doch Nora blieb geduldig. Sie gab immer wieder zu bedenken, daß Rom schließlich auch nicht an einem Tag erbaut worden sei und jede nennenswerte Leistung Entschlossenheit, Hartnäckigkeit und Zeit erfordere. Jedesmal, wenn sie zum Thema Standfestigkeit und Ausdauer loslegte, seufzte Travis müde -und Einstein gähnte. Nora ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Nachdem sie die Bilder in sämtlichen Büchern und Magazine n angesehen hatten, wählte sie die aus, auf die Einstein reagiert hatte, breitete sie auf dem Boden aus und ermunterte den Hund, zwischen den einzelnen Bildern Verbindungen herzustellen.
»Das sind alles Bilder von Dingen, die in seiner Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt haben«, sagte Nora.
»Ich glaube nicht, daß wir dessen so sicher sein können«, wandte Travis ein.
»Nun, wir hatten ihn jedenfalls darum gebeten«, sagte sie.
»Wir hatten ihn gebeten, uns Bilder zu zeigen, die uns vielleicht etwas darüber sagen könnten, woher er kommt.«
»Aber versteht er das Spiel?«
»Ja«, sagte sie überzeugt. Der Hund wuffte. Nora hob Einsteins Pfote und legte sie auf das Foto der Violine.
»Okay, Köter. Du erinnerst dich von irgendwo an eine Violine, und sie war irgendwie wichtig für dich.«
»Vielleicht ist er in der Carnegie Hall aufgetreten«, sagte Travis.
»Mund halten!« Und zum Hund gewendet, sagte Nora:
»Also schön. Gibt es eine Verbindung zwischen der Violine und einem dieser Bilder? Gibt es irgendeine Verbindung zu einem anderen Bild, das uns verstehen hilft, was du mit der Violine verbindest?« Einstein starrte sie einen Augenblick lang eindringlich an, als überlegte er, was ihre Frage bedeute. Dann durchquerte er das Zimmer, ging vorsichtig durch die engen Bahnen zwischen den Fotoreihen, schnüffelte, ließ den Blick nach links und nach rechts wandern, bis er die Anzeige für den Sony-Kassettenrecorder fand. Er legte eine Pfote darauf und sah Nora wieder an.
»Das ist eine naheliegende Verbindung«, sagte Travis.
»Die Violine macht Musik, der Kassettenrecorder gibt die Musik wieder. Für einen Hund ist das eine eindrucksvolle Assozia tion. Aber hat das wirklich auch sonst noch etwas zu bedeuten, etwas, was seine Vergangenheit betrifft?«
»Oh, da bin ich ganz sicher«, sagte Nora. Und zu Einstein gewendet:
»Hat jemand in deiner Vergangenheit Violine gespielt?« Der Hund starrte sie an.
»Hat dein letztes Herrchen einen Kassettenrecorder wie den da gehabt?« wollte sie wissen. Der Hund starrte sie an.
»Vielleicht hat der Violinspieler in deiner Vergangenheit seine eigene Musik mit einem Kassettenrecorder aufgezeichnet?« fragte sie. Der Hund blinzelte und winselte.
»Also gut«, sagte sie.
»Gibt es hier noch ein Bild, das du mit der Violine und dem
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