Brandzeichen
sich eidesstattlich zur Geheimhaltung verpflichten.«
»Wir müßten jeden in deiner Abteilung gründlich unter die Lupe nehmen, eine Sicherheitsüberprüfung vornehmen. Nicht nur bei deinen Hilfssheriffs, sondern bei jedem Büroangestellten. Das würde Wochen dauern, Monate.« Walt blickte durch die Küche zur offenen Wohnzimmertür hinüber und sah Cliff Soames und einen NSA-Agenten mit zwei Hilfssheriffs spreche n, die sich im Zimmer dahinter aufhielten.
»Ihr habt hier wohl, kaum daß ihr hier aufgetaucht seid, das Kommando übernommen, wie? Bevor du auch nur ein Wort mit mir darüber gesprochen hast?«
»Ja. Wir müssen sicherstellen, daß deine Leute wissen, daß sie über nichts reden dürfen, was sie heute nacht hier gesehen haben -nicht einmal mit ihren Frauen. Wir machen jeden einzelnen Mann mit den entsprechenden Bundesgesetzen vertraut, weil wir sicher sein wollen, daß sie wissen, welchen Geld- und Gefängnisstrafen sie sich aussetzen.«
»Du drohst mir ja schon wieder mit dem Knast!« sagte Walt, aber diesmal war keine Spur von Humor in seiner Stimme wie beim letztenmal, als sie in der Garage des St.-Josephs-Hospitals nach dem Besuch bei Tracy Keeshan miteinander gesprochen hatten. Lem bedrückte nicht nur der Tod des Hilfssheriffs, sondern auch der Keil, den dieser Fall zwischen ihn und Walt trieb.
»Ich will niemanden im Knast haben. Deshalb will ich ja auch sicher sein, daß jeder die Konsequenzen begreift...«
Walt runzelte die Stirn und sagte:
»Komm mit.« Lem folgte ihm nach draußen zu einem Streifenwagen, der vor dem Haus parkte. Sie setzten sich auf die Vordersitze, Walt hinter das Steuerrad. Die Türen hatten sie geschlossen.
»Dreh die Fenster hoch, damit wir ungestört sind.« Lem protestierte, meinte, sie würden in dieser Hitze ohne Lüftung ersticken. Aber selbst im schwachen Licht sah er förmlich Walts dampfende Wolke der Wut hochsteigen und erkannte; daß er sich in der Lage eines Mannes befand, der in einem See von Benzin steht und eine brennende Kerze in der Hand hält. Er kurbelte sein Fenster hoch.
»Okay«, sagte Walt.
»Wir sind allein. Jetzt sind wir nicht NSA-Distriktchef und Sheriff. Nur alte Freunde. Kumpel. Und jetzt raus mit der Sprache.«
»Walt, verdammt noch mal, das kann ich nicht.«
»Sag es mir jetzt, und ich halte mich aus dem Fall raus. Dann mische ich mich nicht ein.«
»Du wirst in jedem Fall draußenbleiben. Das mußt du.«
»Verdammt will ich sein, wenn ich das tue«, sagte Walt zornig.
»Ich brauche jetzt bloß die Straße hinunter zu diesen Schakalen zu gehen.« Der Wagen war so geparkt, daß die Motorhaube aus Bordeaux Ridge hinauswies, in die Richtung der Straßensperre, wo die Reporter warteten. Walt deutete jetzt durch die verstaubte Windschutzscheibe zu ihnen hin.
»Ich kann denen sagen, daß die Banodyne Laboratories an irgendeinem Verteidigungsprojekt gearbeitet haben und daß es ihnen außer Kontrolle geraten ist. Ich kann ihnen sagen, daß irgend jemand oder irgend etwas Fremdartiges trotz der Sicherheitsmaßnahmen aus den Labors entkommen ist, und jetzt ist es in Freiheit und tötet Menschen.«
»Wenn du das tust«, sagte Lem, »würdest du nicht in den Knast wandern. Dann würdest du deine Stellung verlieren und deine ganze Laufbahn ruinieren.«
»Das glaube ich nicht. Ich würde vor Gericht behaupten, daß ich die Wahl hatte, die nationalen Sicherheitsbestimmungen zu brechen oder das Vertrauen der Leute zu verraten, die mich in diesem Bezirk in mein Amt gewählt haben. Ich würde behaupten, daß ich in einer solchen Krise die öffentliche Sicherheit meiner Mitbürger über die Sorgen der Verteidigungsbürokraten in Washington stellen mußte. Ich bin sicher, daß so ziemlich jedes Geschworenengericht mich freisprechen würde. Ich würde nicht in den Knast wandern, und bei der nächsten Wahl würde ich noch mehr Stimmen bekommen als bei der letzten.«
»Scheiße!« sagte Lem, weil er wußte, daß Walt recht hatte.
»Wenn du mir jetzt reinen Wein einschenkst, wenn du mich überzeugst, daß deine Leute besser imstande sind, mit der Situation fertigzuwerden, als meine, dann mache ich dir den Weg frei. Wenn du es mir aber nicht sagst, lasse ich alles auffliegen.«
»Damit würde ich meinen Eid brechen. Ich würde selber meinen Hals in die Schlinge stecken.«
»Niemand wird je erfahren, daß du es mir gesagt hast.«
»Wirklich? Also schön, Walt. Warum, um Christi willen, bringst du mich in eine so unangenehme Lage? Bloß um
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