Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
eigene Platzanweiserin zu beschäftigen, und eine kleine Tafel forderte am Eingang die Gäste auf, sich ihre Plätze selbst zu suchen. Vince ging durch das Lokal nach hinten, an Pantangela und seiner Begleitung vorbei und zu einer leeren Nische gleich dahinter. Vince hatte gründlich über seine Kleidung nachgedacht. Er trug Hanfsandalen, rote Baumwollshorts und ein weißes T-Shirt, auf dem blaue Wellen, eine gelbe Sonne und die Aufschrift CALIFORNIA zu sehen waren. Seine Fliegerbrille war undurchsichtig. Er trug eine offene Strandtasche aus Segeltuch, auf der in großen Lettern MEIN ZEUG zu lesen war. Schaute man im Vorbeigehen in die Tasche, sah man ein eingerolltes Handtuch, Flaschen mit Sonnenöl, ein kleines Radio und eine Haarbürste; die darunter versteckte vollautomatische, mit Schalldämpfer ausgestattete Uzi-Pistole mit vierzigschüssigem Magazin blieb einem verborgen. Mit seiner Sonnenbräune, die zum Rest seiner Ausstaffierung paßte, vermittelte er genau den Eindruck, den er wollte: der alternde Surfer, topfit, vom Nichtstun leicht verblödet, bemüht, jung auszusehen, der auch mit sechzig noch von sich selbst berauscht sein würde.
    Er warf Pantangela und den Marshals einen desinteressierten Blick zu, merkte aber, daß sie ihn scharf musterten und dann als harmlos abtaten. Ausgezeichnet.
    Die Nischen hatten hohe, gepolsterte Lehnen, so daß er von seinem Standort aus Pantangela nicht sehen konnte.
    Aber hier und da konnte er die Küchenschabe und die Marshals reden hören, größtenteils über Baseball und Weiber.
    Nach einer Woche Beschattung wußte Vince, weshalb Pantangela die Trattoria nie vor ha lb drei, gewöhnlich sogar erst um drei Uhr, verließ: weil er nämlich auf Vorspeise, Salat, Hauptgericht und Nachtisch bestand - die komplette Tour. Das ließ Vince Zeit für einen Salat und Linguini mit Muschelsoße.
    Die Kellnerin, die ihn bediente, war etwa zwanzig, weißblond, hübsch und ebenso braungebrannt wie Vince. Sie sah wie der Typ aus, der alles mitmacht, das typische Beachgirl, und tat auch gleich verliebt, während sie seine Bestellung aufnahm. Er vermutete in ihr eines jener Sandnymphchen, deren Gehirn von der Sonne ebenso verbrannt war wie ihr Körper. Wahrscheinlich verbrachte sie jeden Sommerabend am Strand, nahm Dope jeder Art und machte für jeden Hengst, der sie auch nur entfernt interessierte - und vermutlich interessierten die meisten sie - die Beine breit. Was wiederum bedeutete, daß sie, egal, wie gesund sie aussah, alle möglichen Krankheiten hatte. Die bloße Idee, es mit ihr zu treiben, erzeugte ihm bereits Brechreiz, aber er mußte die Rolle spielen, die er sich zugedacht hatte. Also flirtete er mit ihr und versuchte so zu wirken, als hätte er alle Mühe, beim Gedanken an ihren nackten, sich unter ihm windenden Körper nicht den Geifer zu verlieren.
    Um fünf nach zwei war Vince mit seinem Lunch fertig, und die einzigen anderen Gäste im Lokal waren Pantangela und die zwei Marshals. Eine der Kellnerinnen war schon gegangen, die beiden anderen waren in der Küche. Besser hätte es nicht sein können.
    Die Strandtasche stand neben ihm in der Nische. Er griff hinein und holte die Uzi-Pistole heraus.
    Pantangela und die Marshals unterhielten sich gerade über die Chancen der Dodgers, diesmal in die Endrunde zu kommen. Vince stand auf, umkreiste die Rückwand und besprühte sie mit zwanzig, dreißig Schuß aus der Uzi. Der stummelartige, hypermoderne Schalldämpfer funktionierte traumhaft, die Schüsse hörten sich an wie ein Stotterer, dem ein Wort, das mit einem Zischlaut beginnt, Schwierigkeiten macht. Alles lief so schnell ab, daß die Marshals keine Chance hatten, nach ihren Waffen zu greifen. Sie hatten nicht einmal Zeit, überrascht zu sein. Sssnappp. Sssnappp. Sssnappp. Pantangela und seine Beschützer waren innerhalb von drei Sekunden tot. Vince schauderte vor Verzückung, einen Augenblick lang übermannte ihn die Fülle von Lebensenergie, die er soeben in sich aufgenommen hatte. Er konnte nicht sprechen. Dann sagte er mit heiserer, zitternder Stimme:
    »Danke.« Als er sich von der Nische abwandte, sah er das Mädchen, das ihn bedient hatte, vor Schreck erstarrt mitten im Lokal stehen. Ihre geweiteten blauen Augen waren auf die toten Männer gerichtet, aber jetzt wanderte ihr Blick langsam zu Vince.
    Ehe sie schreien konnte, entleerte er den Rest des Magazins auf sie, vielleicht zehn Schuß, und sie ging in einem Regen von Blut zu Boden. Sssnappp.
    »Danke«, sagte er.

Weitere Kostenlose Bücher