Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
sein Vermieter war, Ted Hockney.
    Neben ihm lag sein Werkzeugkasten. Ted besaß einen Schlüssel für das Haus, und Travis hatte nichts dagegen, wenn er, wann immer es ihm paßte, hereinkam, um Reparaturen durchzuführen. In letzter Zeit waren einige Reparaturen notwendig geworden, darunter ein tropfender Wasserhahn und die defekte Spülmaschine. Offenbar war Ted einen Block weit von seinem Haus hierhergekommen, um etwas zu richten. Jetzt war auch Ted kaputt - so kaputt, daß man ihn nicht mehr reparieren konnte. Wegen des durchdringenden Gestanks dachte Travis zuerst, der Mann müsse mindestens vor einer Woche getötet worden sein. Aber bei näherem Hinsehen zeigte sich, daß die Leiche weder aufgedunsen war noch irgendwelche Spuren der Verwesung zeigte. Also konnte sie noch nicht lange hier liegen. Möglicherweise nur einen Tag, vielleicht nicht einmal das. Der scheußliche Gestank hatte zwei andere Ursachen: Zum einen hatte man dem Mann den Bauch aufgeschlitzt, darüber hinaus hatte sein Mörder allem Anschein nach auf der Leiche und in ihrem Umkreis seinen Urin und Kot hinterlassen. Ted Hockney s Augen waren verschwunden. Travis empfand Übelkeit, und dies nicht nur, weil er Ted gemocht hatte. Angesichts dieser irren Grausamkeit wäre ihm, egal, wer der Tote war, schlecht geworden. Ein solcher Tod ließ dem Opfer keinerlei Würde, tat irgendwie der ganzen Menschheit Abbruch. Einsteins leises Knurren wurde lauter, eindringlicher, bösartiger, war unterbrochen von kurzem, scharfem Bellen. Travis zuckte zusammen, sein Herz begann plötzlich wie wild zu hämmern. Er wandte sich von der Leiche ab und sah, daß der Retriever seine Aufmerksamkeit auf das angrenzende Eßzimmer richtete. Der Raum lag in tiefer Düsternis, weil die Vorhänge vor beide Fenster gezogen waren und von der Küche dahinter nur schwaches graues Licht hereinfiel. Raus hier, verschwinde! befahl ihm seine innere Stimme. Aber er drehte sich nicht um, rannte nicht weg, weil er in seinem ganzen Leben noch nie vor etwas davongelaufen war. Nun ja, ganz stimmte das nicht. In den letzten paar Jahren war er praktisch vor dem Leben selbst davongelaufen. Sein Abstieg in die Isolation war die größte Feigheit gewesen, zu der ein Mensch fähig war. Aber das lag jetzt hinter ihm; er war ein neuer Mensch, von Einstein und Nora umgeformt, und er würde nicht wieder weglaufen, hol's der Teufel. Einstein wurde starr. Er krümmte den Rücken, senkte den Kopf, reckte ihn nach vorn und bellte so wütend, daß ihm der Geifer aus dem Maul flog. Travis machte einen Schritt auf den Durchgang zum Eßzimmer zu. Der Retriever blieb an Travis' Seite, bellte noch heftiger. Den Revolver vor sich haltend und bemüht, an der schweren Waffe sein Selbstvertrauen wiederzugewinnen, schob sich Travis einen Schritt weiter, inmitten des trügerischen Unrats alle Vorsicht gebrauchend. Er war nur zwei oder drei Schritte von der Türöffnung entfernt, spähte mit zusammengekniffenen Augen in das düstere Eßzimmer. Einsteins Bellen hallte durchs Haus, daß es klang, als wäre eine ganze Meute los. Travis machte noch einen Schritt und sah, daß sich etwas im Schatten bewegte. Er erstarrte. Nichts. Nichts bewegte sich. War es bloß ein Trugbild gewesen? Hinter dem Bogen hingen die Schatten schichtweise wie grauer und schwarzer Krepp. Zurück, hinaus jetzt! sagte die innere Stimme. Und wie um sich ihr zu widersetzen, hob Travis einen Fuß, in der Absicht, durch den Bogen zu treten. Das Ding im Eßzimmer bewegte sich wieder. Diesmal war an seiner Anwesenheit nicht zu zweifeln, denn es schoß jetzt aus der tiefen Dunkelheit am unteren Ende des Raumes heraus, sprang auf den Eßzimmertisch und schoß direkt auf Travis zu. Dabei stieß es einen Schrei aus, daß einem das Blut in den Adern gefror. Travis sah Augen wie Laternen und eine fast menschengroße Gestalt, mißgebildet, soviel war selbst im schwachen Licht zu erkennen. Das Ding war jetzt vom Tisch herunter und kam geradenwegs auf ihn zu. Einstein sprang vorwärts, um es anzugehen. Travis aber versuchte zurückzuweichen und Zeit für einen Schuß zu gewinnen. Als er abdrückte, glitt er auf den Bücherresten aus und fiel rückwärts. Der Revolver dröhnte, aber Travis wußte, daß er sein Ziel verfehlt hatte und der Schuß in die Decke gegangen war. Einen Augenblick lang, während Einstein auf den Gegner losging, sah Travis das laternenäugige Ding deutlicher, sah, wie sich Alligatorkinnladen bewegten, einen unglaublich breiten Mund in einem

Weitere Kostenlose Bücher