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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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mit dem Schweif zu wedeln. Travis erfüllte eine Freude, die in Worte zu kleiden ihm schwergefallen wäre. Sie hatten sich jetzt seit vielen Wochen mit dem Retriever verständigt, aber die Scrabble-Steine gaben dieser Verständigung eine viel größere Dimension. Mehr denn je kam Einstein ihnen wie ihr eigenes Kind vor. Aber da war auch das berauschende Gefühl, die Barrieren normaler menschlicher Erfahrung durchbrochen zu haben: ein Gefühl der Überlegenheit. Einstein war natürlich kein gewöhnlicher Hund, seine hohe Intelligenz war eher menschlich als hündisch - aber er war ein Hund, mehr als alles andere ein Hund, und seine Intelligenz unterschied sich trotz allem qualitativ von der eines Menschen. Unvermeidlich daher der Eindruck, diesen Dialog zwischen den Gattungen umgebe das Wunderbare, Geheimnisvolle. Die nächste halbe Stunde fuhren sie fort, Einstein zu befragen, und Travis zeichnete die Antworten des Hundes auf. Nach einer Weile kamen sie zu der gelbäugigen Bestie, die Ted Hockney getötet hatte.
    »Was ist dieses verdammte Ding?« fragte Nora. OUTSIDER.
    »Outsider?« sagte Travis.
    »Was meinst du damit?« HEISST OUTSIDER.

    »Im Labor?« fragte Travis.
    »Warum haben sie ihn Outsider genannt?« OUTSIDER IST NICHTS.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Nora. ICH BIN HUND. OUTSIDER IST NICHTS.
    »Ist es auch intelligent?« fragte Travis. JA.
    »So intelligent wie du?« VIELLEICHT.
    »Herr Jesus!« sagte Travis erschüttert. Einstein gab einen bedrückt klingenden Laut von sich und legte den Kopf auf Noras Knie, suchte Zuspruch, den sie ihm gab, indem sie ihn streichelte.
    »Warum haben sie ein solches Ding geschaffen?« fragte Travis. Einstein wandte sich wieder dem Buchstabenhäufchen zu. FÜR TÖTEN. Travis lief es eisig über den Rücken.
    »Wen sollte es denn töten?« FEIND.
    »Welchen Feind?« fragte Nora. KRIEG. Mit dem Verstehen kam auch Ekel, bis fast zur Übelkeit. Travis ließ sich gegen das Kopfteil des Bettes sinken. Er erinnerte sich daran, daß er Nora gesagt hatte, selbst eine Welt ohne Not und mit Freiheit für alle werde keineswegs ein Paradies sein, und zwar wegen der Probleme des menschlichen Herzens und der potentiellen Krankheiten des menschlichen Geistes. Zu Einstein sagte er:
    »Du willst also sagen, der Outsider ist der erste mittels Gentechnologie erzeugte Soldat. Eine Art von... intelligentem, tödlichem Polizeihund, der für das Schlachtfeld konstruiert ist?« GEMACHT FÜR TÖTEN. ER WILL TÖTEN. Als Nora die Worte las, für die sie die Buchstaben auslegte, erfüllte sie Schrecken.
    »Aber das ist doch verrückt. Wie kann man ein solches Ding je unter Kontrolle halten? Wie kann man sich darauf verlassen, daß es sich nicht gegen seine eigenen Herren und Meister wendet?«
    Travis beugte sich vor und sagte zu Einstein:
    »Warum sucht der Outsider dich?«
    HASST MICH.

    »Warum haßt er dich?«
    WEISS NICHT. Während Nora die Buchstaben zurücklegte, sagte Travis:
    »Wird er weiter nach dir suchen?«
    JA. IMMER.

    »Aber wie kann er sich bewegen, ohne gesehen zu werden?«
    NACHTS.
    Nora blickte verwirrt und sagte:
    »Aber wie verfolgt er dich?«
    FÜHLT MICH.

    »Fühlt dich? Was meinst du damit?« fragte sie.
    Der Retriever grübelte lange darüber nach und setzte ein paarmal vergebens zur Antwort an.

    »Kannst du ihn auch fühlen?« fragte Travis.
    MANCHMAL.

    »Fühlst du ihn jetzt?«
    JA. WEIT WEG.

    »Sehr weit weg«, pflichtete Travis ihm bei.
    »Hunderte von Meilen. Kann er dich wirklich aus so großer Entfernung fühlen und aufspüren?«
    WEITER.

    »Ist er jetzt auch auf deiner Spur?«
    KOMMT.
    Der Hund zitterte jetzt am ganzen Leib.
    Travis sah, daß Nora blaß geworden war. Er legte ihr die Hand aufs Knie und sagte:
    »Wir werden nicht bis ans Ende unserer Tage vor ihm fliehen. Verdammt will ich sein, wenn wir das tun. Wir werden einen Ort finden, an dem wir uns niederlassen und warten; einen Ort, an dem wir uns darauf vorbereiten können, uns zu wehren. Wo wir allein sind, um uns mit dem Outsider auseinanderzusetzen, wenn er kommt.«
    Einstein wies zitternd mit der Nase auf weitere Buchstaben, und Travis legte die Steine aus.
    ICH GEHE.
    »Was meinst du?« fragte Travis und legte die Steine zurück. 
    ICH GEFAHR.
    Nora schlang die Arme um den Retriever und drückte ihn an sich.
    »So etwas darfst du nicht einmal denken. Du bist ein Teil von uns. Du gehörst zur Familie, verdammt. Wir alle sind eine Familie und werden das gemeinsam hinter uns bringen. Dafür sind

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