Brandzeichen
die Tür, als Vince Nasco klingelte. Sie war etwa fünfzig, schlank, attraktiv, mit struppiger silberblonder Haarmähne und blauen Augen. Vince sagte ihr, er heiße John Parker, komme vom FBI und müsse mit ihr und ihrem Mann in bezug auf einen augenblicklich in Untersuchung befindlichen Fall sprechen.
»Fall?« fragte sie.
»Was für ein Fall?«
»Es handelt sich um ein von der Regierung finanziertes Forschungsprojekt, an dem Sie einmal beteiligt waren«, erklärte ihr Vince, weil man ihm das so aufgetragen hatte, Sie sah sich seinen Fotoausweis und die FBI-Papiere gründlich an. Ihm machte das nichts aus. Die falschen Papiere waren von denselben Leuten angefertigt worden, die ihn für diesen Job engagiert hatten. Man hatte ihn mit diesen gefälschten Papieren vor zehn Monaten für einen Hit in San Francisco ausgestattet, und sie hatten ihm bei drei anderen Gelegenheiten gute Dienste geleistet. Obwohl er wußte, daß die Ausweise ihre Billigung finden würden, war er nicht sicher, ob er selbst die Musterung bestand, Er trug einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd, eine blaue Krawatte und auf Hochglanz polierte schwarze Schuhe - die korrekte Kleidung für einen Agenten. Auch seine Größe und seine ausdruckslose Miene leisteten ihm in der Rolle, die er zu spielen hatte, gute Dienste. Aber der Mord an Dr. Davis Weatherby und die Aussicht auf zwei weitere Morde innerhalb der nächsten paar Minuten hatten ihn in hochgradige Erregung versetzt, erfüllten ihn mit einer geradezu mechanischen Heiterkeit, die er nur mit Mühe unterdrücken konnte. Ein ungeheurer Drang, in Gelächter auszubrechen, baute sich in ihm auf, und die Anstrengung, diese Regung zu Unterdrükken, wurde von Minute zu Minute größer. Im unauffälligen grünen Ford, den er vor vierzig Minuten speziell für diesen Job gestohlen hatte, hatte ihn ein Zittern befallen, das nicht von Nervosität herrührte, sondern von einem intensiven Genußempfinden fast sexueller Natur. Er hatte den Wagen an den Straßenrand lenken müssen. Zehn Minuten saß er da und atmete tief durch, ehe er sich etwas beruhigte. Jetzt blickte Elisabeth Yarbeck von dem gefälschten Ausweis auf, sah Vince in die Augen und runzelte die Stirn. Er riskierte ein Lächeln, obwohl die Gefahr bestand, daß daraus ein unkontrollierbares Gelächter würde, was seine Tarnung hätte auffliegen lassen. Sein Lächeln war knabenhaft, und gerade durch den auffälligen Gegensatz zu seiner Körpergröße entwaffnend.
Nach einem Augenblick lächelte Dr. Yarbeck auch. Zufrieden reichte sie ihm seine Papiere zurück und bat ihn ins Haus.
»Ich werde auch Ihren Mann sprechen müssen«, erinnerte Vince sie, als sie die Haustür hinter ihnen schloß.
»Er ist im Wohnzimmer, Mr. Parker. Bitte, kommen Sie weiter.«
Das Wohnzimmer war groß und hoch. Cremefarbene Wände, ein ebensolcher Teppich. Blaßgrüne Sofas. Große Fensterscheiben, zum Teil durch grüne Markisen abgeschirmt, boten einen Ausblick auf den mit Sorgfalt angelegten Garten und auf die Häuser an den tieferliegenden Hügeln.
Jonathan Yarbeck war eben dabei, eine Handvoll Späne zwischen die Scheite zu stecken, die er in dem aus Ziegeln gemauerten Kamin zum Feuermachen aufgetürmt hatte. Er richtete sich auf, rieb sich die Hände sauber, während seine Frau Vince vorstellte.
»... John Parker vom FBI.«
»FBI?« sagte Yarbeck und hob fragend die Brauen.
»Mr. Yarbeck«, sagte Vince,
»wenn noch andere Angehörige Ihrer Familie zu Hause sind, möchte ich sie jetzt auch sprechen, um mich nicht wiederholen zu müssen. »
Yarbeck schüttelte den Kopf und sagte:
»Nein, nur Liz und ich sind hier. Die Kinder sind auf dem College. Was hat das alles zu bedeuten?«
Vince zog die mit Schalldämpfer ausgerüstete Pistole aus der Innentasche seines Jacketts und schoß Jonathan Yarbeck in die Brust. Der Anwalt wurde gegen den Kamin geschleudert, wo er einen Augenblick hängenblieb wie angenagelt, dann fiel er auf das messingene Kaminbesteck.
Sssssnapp. Elisabeth Yarbeck war einen kurzen Augenblick lang starr vor Verblüffung und Schrecken. Vince nahm sie sich schnell vor. Er packte ihren linken Arm und drehte ihn hinter ihrem Rücken unsanft herum. Als sie vor Schmerz aufschrie, drückte er ihr die Pistole gegen den Kopf und sagte:
»Seien Sie still, sonst blas' ich Ihnen Ihr beschissenes Hirn aus dem Schädel.«
Er zwang sie, mit ihm quer durchs Zimmer zur Leiche ihres Mannes zu gehen. Jonathan lag mit dem Gesicht nach unten auf
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