Brandzeichen
Bellen, Knurren und Schreien zu hören. Etwas fiel krachend zu Boden, dann folgte ein noch lauterer Krach. Der Mann fluchte, Einstein gab ein bösartiges Geräusch von sich, daß es Travis eisig über den Rücken lief, und der Lärm wurde noch schlimmer. Er ging zu Nora Devon. Sie lehnte am Treppengeländer.
»Sind Sie okay?« fragte er.
»Er hätte fast... fast...«
»Aber er hat nicht«, vermutete Travis.
»Nein.« Er berührte das Blut an ihrem Kinn.
»Sie sind verletzt.«
»Sein Blut«, sagte sie, als sie es an Travis' Fingerspitzen sah.
»Ich habe den Dreckskerl gebissen.« Sie schaute zur Pendeltür, die jetzt zur Ruhe gekommen war.
»Lassen Sie nicht zu, daß er dem Hund weh tut.«
»Höchst unwahrscheinlich«, sagte Travis. Der Lärm ließ nach, als Travis die Schwingtür aufstieß. Zwei Stühle waren umgefallen. Eine große, blaugeblümte Keramikkeksdose lag in Scherben auf dem Fliesenboden, Hafermehlplätzchen waren im Raum verteilt, einige ganz, einige zerbrochen, einige zerdrückt. Der Mann saß in einer Ecke, die nackten Beine angewinkelt, die Hände schützend vor der Brust gekreuzt. Einer der Schuhe des Mannes fehlte, Travis vermutete, daß der Hund ihn an sich gebracht hatte. Die rechte Hand des Mannes blutete, anscheinend Nora Devons Werk. Außerdem blutete er an der linken Wade; bei dieser Wunde schien es sich um einen Hundebiß zu handeln. Einstein bewachte ihn, außer Reichweite eines Tritts, aber bereit, sofort zuzuschnappen, falls der Bursche so unvernünftig sein sollte, seinen Platz zu verlassen.
»Saubere Arbeit«, sagte Travis, zum Hund gewendet.
»Wirklich, sehr saubere Arbeit.« Einstein gab einen winselnden Ton von sich, der andeutete, daß er das Lob akzeptierte. Als Streck aber eine Bewegung machte, ging das zufriedene Winseln sofort in ein Knurren über. Einstein schnappte nach dem Mann, der in seine Ecke zurückwich.
»Sie sind erledigt«, sagte Travis zu ihm.
»Er hat mich gebissen! Beide haben mich gebissen.« Beleidigte Wut. Erstaunen. Unglauben.
»Mich gebissen.« Wie viele Schläger, die ihr ganzes Leben lang andere drangsaliert hatten, erschütterte diesen Mann die Entdeckung, daß man auch ihm weh tun, ihn schlagen konnte. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß die Leute immer klein beigaben, wenn man sie genügend terrorisierte und vor ihnen den bösen Mann spielte. Er hatte geglaubt, er könne nie verlieren. Jetzt war er bleich und sah aus, als stünde er unter Schock. Travis ging ans Telefon und rief die Polizei an.
FÜN F
Als Vincent Nasco am Vormittag des 20. Mai von seinem eintägigen Urlaubsaufenthalt in Acapulco zurückkehrte, kaufte er sich am Flughafen von Los Angeles die Times, ehe er den Zubringerbus - sie nannten es zwar eine Limousine, aber es war ein Bus - nach Orange County nahm. Während der Fahrt zu seinem Reihenhaus in Huntington Beach las er die Zeitung und entdeckte auf Seite drei den Bericht über den Brand in den Banodyne Laboratories in Irvine. Das Feuer war gestern kurz nach sechs Uhr früh ausgebrochen. Vince war eben zum Flughafen unterwegs gewesen, um nach Acapulco zu fliegen. Von den beiden Banodyne-Gebäuden war eines völlig ausgebrannt, ehe es der Feuerwehr gelungen war, die Flammen unter Kontrolle zu bekommen. Die Leute, die Vince dafür bezahlt hatten, Davis Weatherby, Lawton Haines, die Yarbecks und die Hudstons zu töten, hatten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Brandstifter eingesetzt, um Banodyne in Flammen aufgehen zu lassen. Sie schienen bemüht zu sein, alle Aufzeichnungen des Francis-Projekts auszutilgen, sowohl jene, die in den Archiven von Banodyne ruhten, als auch jene im Gedächtnis der Wissenschaftler, die an dem Projekt beteiligt gewesen waren. In dem Bericht war nichts von den Militäraufträgen Banodynes erwähnt; offensichtlich war dies der Öffentlichkeit nicht zugängliches Wissen. Die Firma wurde als >führend in der Gentechnik, besonders im Hinblick auf die Entwicklung revolutionärer neuer Medikamente auf der Basis der DNS-Forschung< bezeichnet. Ein Nachtwächter war bei dem Brand ums Leben gekommen. Die Times gab nicht an, weshalb er nicht hatte entkommen können. Vince vermutete, daß die Eindringlinge ihn getötet und anschließend in die Flammen geworfen hatten, um die Mordspuren zu verwischen.
Der Bus setzte Vince vor seinem Reihenhaus ab. Die Räume waren kühl und schattig. Jeder seiner Schritte hallte auf den nicht mit Teppichen belegten Böden, und das Echo setzte sich hohl
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