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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sie es tragen würde, weil sie den Hund wirklich liebte. Einstein konnte den Aufdruck auf dem Hemd nicht lesen, schien aber zu verstehen, was er bedeutete. Als sie aus dem Geschäft kamen und seine Leine von der Parkuhr lösten, wo sie ihn angebunden hatten, betrachtete Einstein den Aufdruck des Hemdes ernst, während Nora es ihm hinhielt, damit er es inspizieren konnte. Dann leckte er ihr glücklich die Hände und schmiegte sich an sie. Einen einzigen schlimmen Augenblick gab es an diesem Tag. Als sie um eine Ecke bogen und sich einem weiteren Schaufenster näherten, blieb Nora plötzlich stehen und sah sich um, musterte die Menschenmassen auf den Bürgersteigen  - Leute, die Eiskrem aus großen Waffeltüten aßen; Leute, die in Wachspapier gewickelte Apfeltorten verzehrten; junge Männer in mit Federn verzierten Cowboyhüten, die sie in einem der Geschäfte gekauft hatten; hübsche junge Mädchen in Minishorts und BH; eine sehr fette Frau in einem weiten gelben hawaiischen Muumuu; Leute, die Englisch, Spanisch, Japanisch, Vietnamesisch und all die anderen Sprachen sprachen, die man in jedem Touristenort Südkaliforniens hören konnte. Dann fiel ihr Blick auf einen Andenkenladen, der die Form einer dreistöckigen Windmühle mit Fachwerkfassade hatte, und sie erstarrte plötzlich, hatte Angst. Travis mußte sie zu einer Bank in einem kleinen Park führen, wo sie sich hinsetzte und ein paar Minuten sitzenblieb, bis sie sagen konnte, was nicht stimmte.

    »Überladen«, sagte sie schließlich mit zitternder Stimme.
    »So viel... Neues ... neue Geräusche ... soviel Verschiedenes auf einmal. Es tut mir leid.«
    »Ist schon gut«, sagte er, irgendwie gerührt.
    »Ich bin ein paar Zimmer gewöhnt, an Dinge, die ich kenne. Starren die Leute uns an?«
    »Niemand hat etwas bemerkt. Es gibt nichts anzustarren.« Sie saß mit krummem Rücken da, den Kopf gesenkt, die Hände lagen zu Fäusten geballt in ihrem Schoß. Bis Einstein den Kopf auf ihre Knie legte. Während sie den Hund hinter den Ohren kraulte, begann sie sich langsam zu entspannen.

    »Es hat mir wirklich gefallen«, sagte sie zu Travis, ohne dabei den Kopf zu heben,  »wirklich sehr, und ich mußte immer denken, wie weit weg von zu Hause ich doch war, wie wunderbar weit weg von zu Hause ...«

    »Nicht wirklich. Weniger als eine Stunde Fahrt«, beruhigte er sie.

    »Sehr, sehr weit«, sagte sie. Für sie war das wohl tatsächlich eine große Entfernung, vermutete Travis.
    Sie fuhr fort:
    »Und als mir klarwurde, wie weit weg von zu Hause ich war und wie ... wie anders alles war ... da krampfte sich alles in mir zusammen, und ich hatte Angst wie ein Kind.«
    »Möchten Sie jetzt nach Santa Barbara zurückfahren?«
    »Nein!« sagte sie und sah ihm endlich in die Augen. Sie schüttelte den Kopf. Sie wagte es, um sich zu blicken, die Leute zu betrachten, die durch den kleinen Park schlenderten, und den Andenkenladen, der wie eine Windmühle aussah.
    »Nein. Ich möchte noch eine Weile bleiben. Den ganzen Tag. Ich möchte in einem Restaurant hier zu Abend essen, nicht in einem Straßencafe, sondern im Lokal, wie die anderen Leute es tun. Und möchte nach Hause, wenn es dunkel geworden ist. Sie blinzelte und wiederholte verwundert die letzten Worte.
    »Wenn es dunkel geworden ist.«

    »Einverstanden.«

    »Außer natürlich. Sie hatten vorgehabt; früher heimzukom men.«

    »Nein, nein«, sagte er.
    »Ich hatte vor, den ganzen Tag mit ihnen zu verbringen.«

    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    Travis hob eine Braue.
    »Was meinen Sie damit?«

    »Das wissen Sie.«

    »Ich fürchte nein.«

    »Daß Sie mir helfen, in die Welt hinauszutreten«, sagte sie.
    »Daß Sie Ihre Zeit opfern, um jemandem ... wie mir zu helfen. Das ist sehr großzügig von Ihnen.«
    Er war verblüfft.
    »Nora, lassen Sie mich Ihnen versichern, daß ich hier nicht als Wohltäter fungiere.«

    »Ein Mann wie Sie hat aber an einem Sonntagnachmittag im Mai ganz sicher Besseres zu tun.«

    »O ja«, sagte er im Selbstspott.
    »Ich hätte zu Hause bleiben und meine sämtlichen Schuhe gründlich eincremen und dann polieren können. Ich hätte auch die Makkaroni in der Schachtel zählen können.«
    Sie starrte ihn ungläubig an.

    »Mein Gott, das ist ja wirklich Ihr Ernst«, sagte Travis.
    »Sie denken, ich sei hier, bloß weil Sie mir leid tun.«
    Sie biß sich auf die Unterlippe und sagte:
    »Es ist ja gut.« Sie blickte wieder auf den Hund hinab.
    »Es macht mir nichts aus.«

    »Aber ich bin

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