Brandzeichen
nicht aus Mitleid hier, um Himmels willen! Ich bin hier, weil es mir Spaß macht, mit Ihnen zusammenzusein, wirklich - ich mag Sie sehr.«
Obwohl sie den Kopf gesenkt hielt, war die Röte, die sich über ihre Wangen schlich, nicht zu übersehen.
Eine Weile sagte keiner von ihnen etwas.
Einstein schaute anbetend zu ihr auf, als sie ihn streichelte, wenn er auch hin und wieder Travis von der Seite einen Blick zuwarf, als wollte er sagen: Also schön, jetzt hast du die Tür zu einer Beziehung geöffnet, also sitz nicht einfach da wie ein Narr - sag etwas, unternimm etwas, erobere sie. Sie kraulte den Retriever hinter den Ohren und streichelte ihn ein paar Minuten lang, dann sagte sie:
»Jetzt bin ich wieder okay.« Sie verließen den kleinen Park und schlenderten wieder an den Geschäften vorüber, und nach einer Weile war es, als hätten sich ihr Anfall von Panik und seine etwas ungeschickte Erklärung seiner Zuneigung nicht ereignet. Es war ihm, als würde er einer Nonne den Hof machen. Schließlich wurde ihm bewußt, daß es sogar noch schlimmer war. Seit dem Tod seiner Frau vor drei Jahren hatte er im Zölibat gelebt. Der ganze Bereich sexueller Beziehungen schien ihm fremd und nun wieder völlig neu. Also war es beinahe so, als wäre er ein Priester, der sich um eine Nonne bemühte. Fast in jedem Häuserblock gab es eine Bäckerei, und jedes der Schaufenster schien köstlichere Dinge zu enthalten als das Schaufenster zuvor. Düfte von Zimt, Puderzucker, Muskat, Mandeln, Äpfeln und Schokoladen mischten sich in der warmen Frühlingsluft. Einstein stellte sich bei jeder Bäckerei auf die Hinterpfoten, legte die Vorderpfoten auf den Fenstersims und starrte sehnsüchtig durch das Glas auf das kunstvoll arrangierte Gebäck. Aber er betrat keinen der Läden, bellte kein einziges Mal. Wenn er bettelte, war sein seelenvolles Gewinsel diskret leise, um die Touristen nicht zu belästigen. Als er dann mit einer Erdnußschnitte und einem kleinen Apfeltörtchen belohnt wurde, war er zufrieden und hörte auf zu betteln. Zehn Minuten später enthüllte Einstein Nora seine außergewöhnliche Intelligenz. Er war in ihrer Gesellschaft ganz der brave Hund gewesen, voll Zuneigung und Freundlichkeit, hatte beträchtliche Initiative an den Tag gelegt, indem er Arthur Streck jagte und stellte. Aber einen Blick auf seine unheimliche Intelligenz hatte er ihr bislang nicht gestattet. Und als sie schließlich Zeugin derselben wurde, begriff sie zuerst gar nicht, was sie sah. Sie kamen an der Apotheke des Städtchens vorbei, wo man auch Zeitungen und Magazine verkaufte, von denen einige in einem Ständer neben dem Eingang ausgestellt waren. Einstein strebte mit einem plötzlichen Ruck in Richtung Apotheke, dabei der überraschten Nora die Leine aus der Hand reißend. Ehe Nora und Travis ihn wieder einfangen konnten, benutzte Einstein seine Zähne dazu, ein Magazin vom Regal zu reißen, es ihnen zu bringen und vor Noras Füße fallen zu lassen. Es war die Zeitschrift >Die moderne Braut<. Als Travis die Hand nach ihm ausstreckte, wich Einstein aus und schnappte sich ein weiteres Exemplar der >Modernen Braut<, das er vor Travis' Füße zu Boden fallen ließ, als Nora eben ihr Exemplar aufhob, um es wieder auf den Ständer zu legen.
»Du Dummchen«, sagte sie.
»Was ist denn in dich gefahren?«
Travis griff nach der Leine, wand sich zwischen den Passanten hindurch, um das zweite Exemplar des Magazins wieder dorthin zurückzulegen, wo der Hund es genommen hatte. Er glaubte genau zu wissen, was Einstein im Sinn hatte, sagte aber nichts, aus Sorge, es könnte Nora peinlich sein, und sie setzten ihren Spaziergang fort.
Einstein besah sich alles, beschnüffelte interessiert die Vorübergehenden und schien seine Begeisterung für dem Ehestand gewidmete Druckerzeugnisse völlig vergessen zu haben.
Sie hatten jedoch wenig mehr als zwanzig Schritte zurückgelegt, als der Hund abrupt kehrtmachte, zwischen Travis' Beine rannte, ihm dabei die Leine aus der Hand riß und ihn fast zu Boden warf. Einstein strebte geradenwegs der Apotheke zu, schnappte sich ein Magazin aus dem Ständer und kehrte damit zurück.
>Die moderne Braut.<
Nora begriff immer noch nicht, hielt das Ganze für komisch und beugte sich hinunter, um den Retriever am Hals zu kraulen.
»Das ist wohl deine Lieblingslektüre, du dummer Hund? Liest es wohl jeden Monat, was? Weißt du, ich wette, das tust du. Du kommst mir richtig romantisch vor.«
Ein paar Touristen hatten den
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