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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Maultier fütterst.«
    »Einverstanden.« Der Maretuse winkte einem Diener, der den Krug mit den Losen brachte. Es enttäuschte den Maretuse ziemlich stark, als das Los nicht auf eines der Spiele fiel, die erhöhten körperlichen Einsatz erforderten. Sein Gast war ein so plumper, unbeholfener, kleiner Fettsack, daß er sich schon darauf gefreut hatte, ihn durch den Irrgarten der Schwerter zu scheuchen oder durch die Schlucht der Seufzer zu jagen, doch an sich war er mit dem ausgelosten Spiel recht zufrieden. Im Steinschach war er ein Großmeister, und niemand im Kaiserreich, nicht einmal die Meister in der Hauptstadt, hatte ihn darin jemals geschlagen. Manchmal gewann er mit einem nur geringen Rest an Steinen, bisweilen zermalmte er seinen Gegner gewissermaßen unter einer wahren Lawine von Steinen, doch jedenfalls gewann er stets. Vor fünf Jahren, als er anläßlich der Geburtstagsfeierlichkeiten des Kaisers in Andurya Durat weilte, war eines seiner siegreichen Steinschach-Spiele zur Legende geworden. Es dauerte vierzehn Tage, auf dem Spielbrett verblieb kein Dutzend Steine, und man mußte beide Spieler forttragen und sie durch Massagen sowie das Einflößen von Tee wiederbeleben.
    Er rechnete diesmal nicht mit einer langen Dauer des Spiels, höchstenfalls ein paar Stunden, und sein neuer Gast mußte verlieren und nochmals in den Krug greifen müssen; dann würde er erneut verlieren und abermals ein Los ziehen, und so würde es immer weitergehen, bis er seelisch völlig zerrüttet war und bloß noch als Futter für die Tiger taugte.
    Ein wenig ärgerte sich der Maretuse über seine Greifer. Der kleine Dicke war von einer freundlichen Blödheit, die man ihm sofort ansah; die Söldner hätten ihn ziehen lassen und sich einen geeigneteren Reisenden schnappen sollen.
    Er ließ das Spielbrett hereinschaffen, dazu Becher voll Anistee, Schalen mit Rosenwasser, angewärmte Schweißtücher, Schüsseln voller zerschnittener Würste, ferner in süßen Teig eingebackenes Schweinefleisch, sieben Sorten Käse, frisches Gemüse, Gebäck und Süßigkeiten. Kräftige Nahrung, um dem dicken Närrchen, falls überhaupt möglich, das Gehirn in Schwung zu bringen, damit das Spiel nicht zu langweilig und kurz verlief.
    Stunden verstrichen. Diener zündeten Lampen an, trugen neue Speisen auf, bewegten sich mit großer Vorsicht, um nicht das leiseste Geräusch zu erzeugen, das ihren Herrn beim Denken gestört hätte. Anfangs freute es sie zu sehen, daß sich das Spiel hinzog, denn je länger es dauerte, je anspruchsvoller es sich gestaltete, um so länger währte anschließend die Zufriedenheit und gute Laune des Maretuse. Doch sobald die Morgendämmerung die Hügel rosig färbte, begannen sie sich Sorgen zu machen. Der Maretuse hatte noch nie ein Spiel verloren, und sie wußten nicht, wie er es aufnehmen würde, sollte es dazu kommen. Ihre Erfahrungen mit seiner Ungnädigkeit, wenn er mißgestimmt war, riefen bei ihnen Furcht hervor. In die nächste Kanne Tee, die man dem Gast reichte, tat man einen Löffel Traumzucker. Der kleine Fettwanst schlürfte einen Schluck, grinste den Bediensteten zu, leerte den Becher mit merklichem Behagen, saß unverändert ganz entspannt an seinem Platz und wirkte auf schläfrige Weise einfältig und unerschütterlich frohen Mutes. Und den Dienern wurde übel vor Furcht.
    Schließlich war es Mittnachmittag des nächstes Tages; ein Kegel aus Sonnenschein fiel wie ein Schwert schräg über den Tisch. Der Maretuse sah zu, wie sein Gast mit einer ruhigen Gebärde der Endgültigkeit einen Stein absetzte und damit den Einschließungsring um den Großteil der dem Maretuse noch verfügbaren Steine vervollständigte. Er konnte noch ein Dutzend Züge tun oder sofort seine Niederlage eingestehen. »Wer bist du?« fragte er. »Kein Mensch auf dieser Seite der Erde ist mir ebenbürtig. Und ebensowenig dir.« Der kleine Dicke grinste und schwieg. »Sieg oder Niederlage, ich laß dich nicht fort.« Ein Nicken. Das runde, dümmliche Gesicht zeigte nach wie vor das blöde Grinsen. »Wenn du gewinnst, soll ich dein Maultier füttern, hast du gesagt. Ich werde mein Wort halten. Was frißt das Vieh? Hafer? Stroh? Gras?«
    »Du wirst es sehen.«
    Ganz behutsam, regelrecht geziert, kam lautlos das Maultier über den Marmorboden angetappt, doch wie es aus den Ställen ins Haus gelangt war, wußte niemand.
    Zwischen den Sträuchern strolchte die jüngste Tochter eines der Gärtner umher, damit zufrieden, Raupen beim Dahinkriechen

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