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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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hier liegt ein Land, ein Land, das schon ein altes Land war, als Popokanjo noch auf Erden wandelte, bevor er auf den Mond schoß. Vor langer, langer, langer Zeit, unter der Herrschaft des Kaisers Rumanai, wohnte dort ein Maretuse, dessen Maret aus einem breiten Gebiet am Rande der Reisebenen bestand. Er erachtete sich als den klügsten Menschen der Welt, doch verspürte er stets das Bedürfnis, sich seine Klugheit zu beweisen. Jeden Monat oder so sandte er Söldnerhorden zur Seidenstraße, damit sie Reisende entführten, die mit ihm Spiele spielen mußten, und er gewann selbige Spiele immer, weil er die Spielregeln festsetzte und im übrigen tatsächlich ziemlich klug war auf seine verderbte Art. Jeder seiner unfreiwilligen Gäste machte mit ihm Spiel um Spiel, bis der arme Mann aus Zerrüttung zusammenbrach, man ihn umbrachte oder er den Maretuse zu langweilen begann. Seine Untertanen boten alle Mühe auf, um ihm ständig neue Fremdlinge vorzuführen, denn das bedeutete, daß er nicht auf den Gedanken kam, sie auf die Probe zu stellen, sondern sie in Ruhe ließ. Und in ihrer Treue bewahrten sie Stillschweigen, wenn Rumanais Krieger kamen und nach dem Rechten sahen, nach den Räubern fahndeten, die auf des Kaisers Seidenstraße ihr Unwesen trieben, die Steuern minderten, die sie seiner Schatzkammer eintrugen. Das Ländchen gedieh. Wegen ihrer Verschwiegenheit und weil sie ihren Teil an der Beute nahmen, den er ihnen — gewährte Pferde, Hunde, Handelsgüter, sogar einiges Gold —, hatten seine Untertanen auch Anteil an seiner Schuld. Dennoch redeten die Bauern in den Weilern und die Kaufleute in den kleinen Marktflecken sich ein, ihre Hände seien sauber, sie vergossen kein Blut, sie regten keinen Finger, um ihren Landesherrn bei seinen Umtrieben, seinen Spielen, zu unterstützen. Daß sie davon ihren Vorteil hatten, scherte sie nicht. Was könnten sie denn tun? Es geschah und würde weiter geschehen. Sollten sie aus Zimperlichkeit hungern? Sollten ihre Kinder Hunger leiden? Außerdem kannten die Reisenden auf der Seidenstraße die Gefahr, die ihnen drohte. Und zudem waren sie, besah man sich ihren Lebenswandel genauer, nicht im mindesten besser als der Maretuse. Diebe, Betrüger, Mörder und überdies, was am schlimmsten war, lauter Fremde. Waren sie anständige Menschen, blieben sie daheim, wohin sie gehörten. Fanden sie ein übles Ende, lag es an ihnen selbst. Auf diese Weise machten sich die Ambijaks des Maret Ambijan weis, daß es am gescheitesten sei, zu schweigen, und wurden dadurch zu Mittätern. Schließlich jedoch dämmerte der Tag, an dem der mächtige Perran-a-Perran, der Höchste der Höchsten, Herr und Herrscher über alle Götter, die Sache des klugen Maretuse in die Hand nahm. Der alte Tungjii saß an einem Abhang und mampfte Trauben, als vom Herrscherhof der Götter ein Bote eintraf; und weil er eine Abneigung gegen den verbreiteten rötlichen Staub der Berge hegte, der in jede Falte und jedes Fältchen seines goldenen Gewandes wehte, kam er auf einem Sonnenstrahl geritten. Tungjii war von den Trauben, die er/sie schon verzehrt hatte, längst mehr als halb trunken, denn er/sie verwandelte die Trauben, ehe sie ihm/ihr in den Magen rutschten, in Wein. Er/sie trug eine schlichte schwarze Hose, geradeso wie irgendein gemeiner Bauer — an Knien und am Gesäß war der Stoff beinahe durchgescheuert — und eine lockere, weite Bluse, die zu schließen er/sie sich gespart hatte, der Traubensaft troff ihm/ihr auf die dicken Hängebrüste mit ihren harten, bläulich-roten Brustwarzen. Er/sie genoß den warmen Sonnenschein und den von Staub durchwallten Wind, der ihm/ihr den Schweiß auf dem großen, kahlen Kopf trocknete. Ihm/ihr gefiel der Geruch des Staubs, der zerdrückten Grashalme und Blätter unter ihm/ihr, und ebenso behagten ihm/ihr die Stimmen der Traubenpflücker, die in einigem Abstand arbeiteten und lachten, die Töne der Hirtenflöte, auf der — fast zu weit entfernt, um richtig gehört werden zu können — jemand spielte. Am allerwenigsten mochte er/sie jetzt durch einen miesgesichtigen Götterboten vom Göttlichen Herrscherhof belästigt werden. Doch das alte Fischgesicht — so nannte Tungjii bei sich den Götterherrscher Perran-a-Perran, und er/sie sprach es auch halblaut aus, wenn er/sie zu betrunken war, um sich noch Zurückhaltung aufzuerlegen — konnte recht unleidlich sein, wenn ein Untergott ihn reizte, vor allem, wenn sich ein weniger gut angesehener Gott vom Schlage des

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