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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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trieb eine Zeitlang ungezielt umher, bis sie einen süßsauren Duft roch. Sie folgte ihm bis zum Ursprung, einer Welt mit Früchten in Hülle und Fülle, reifen Früchten, die von Saft troffen. Kori schwebte in den Bäumen und wählte Früchte aus, sammelte sie in einem diesmal engmaschigeren Gedankennetz. Als sie soviel gesammelt hatte, wie sie am heutigen Abend und am morgigen Tag essen konnte, machte sie sich mit ihrer Ernte auf den Rückweg. Die Früchte purzelten durcheinander,
    indem das Gedankennetz zerstob, als sie in die Mitte des Pentagramms zurückkehrte, einige platzten auf, blieben jedoch eßbar. Sie stapelte alle neben ihrem Knie auf und hielt Umschau. Der Katzenmensch befand sich in der Nähe, sie konnte ihn im schwachen Wind riechen.
    Etwas später teilte sich das Steppengras, und er trug einen toten Geyker herbei. Außerhalb des Pentagramms legte er die Beute auf die Erde und entfernte sich von neuem. Kori betrachtete das Beutetier. Es hatte Hörner, deren Form an eine Leier erinnerten, schwarz wie glänzendes Pech. Aus der schwarzen Nase sickerte Blut, als wäre es rote Tinte. Das gestreifte Fell war rauh, es war das Winterfell, die Grannen übertrafen an Länge Koris Hand. Eine seidigweiche Haarkrause umgab den langen Hals, nun bespritzt und getränkt mit Blut. Die gespaltenen, schwarzen Hufe besaßen die Schärfe von Klingen. Der Schwanz glich einer Fahne, war oben schwarz, unten weiß. Eine gute, fette Beute, die schon reichlich Winterspeck angesetzt hatte. Kori seufzte und sang das alte Versöhnungslied, das die Bewohner ihres Heimattals über dem geschlachteten Vieh anstimmten, um den Tierseelen Frieden und Wiedergeburt zu sichern. Dann schickte sie sich ins Warten, bis der Katzenmensch seinen Jagdzug beendet hatte, mit eigener Beute wiederkam und bereit war zur Heimkehr.
     
    13 Von da an durchmaß sie die Ebene wie ein Sturmwind. Einen zutreffenderen Vergleich konnte es nicht geben. Sie ähnelte einem Wirbelwind der Magie, begleitet von Dämonen, lieferte den Rasthäusern der Seidenstraße frisches Fleisch, Obst und Fisch; großmütig verteilte sie Gutes, als besäße sie ein Füllhorn, das nie versiegte, verlangte dafür nichts als für die Pferde Platz im Stall und für sich eine Schlafkammer, hinterließ jedesmal mehr, als sie zuvor angeboten hatte. Ein Katzenmensch nach dem anderen war ihr zu Diensten, ging für sie und sich selbst auf Jagd, spielte auch mit ihr, neckte sie, hatte an seinem Besuch in dieser Anderwelt sein Vergnügen, wich danach dem nächsten Katzenmenschen, den wiederum ein anderer ablöste, und jeder von ihnen grinste mit fürchterlichen Zähnen ein freundliches Grinsen, jeder zeigte sich umgänglich und wohlgelaunt.
    Tre erschien. »Was treibst du?« schnauzte er Kori an. »Was treibst du da eigentlich? Laß das sein. Du forderst ja geradezu Unannehmlichkeiten heraus. Hör auf damit. Was soll das?«
    Kori wartete ab, bis er sich einigermaßen beruhigt hatte. »Ich spare Ausgaben und bleibe gesund. Du willst, daß ich aufhöre? Dann verschaffe mir Geld, Tre. Ich bin drauf und dran, für dich das Geld auszugeben, das ich als Abgangsgeschenk von der Schule erhalten habe, und wahrscheinlich versäume ich die Möglichkeit, Maksims Lehrling zu werden. Also besorge mir entweder Geld, oder laß mich die Angelegenheit auf meine Weise ausführen.«
    Das Eidolon flackerte, Kori fühlte Tres Zorn wie ein Hitzewallen, es brannte auf ihrer Haut wie Brennesselblätter. Dann verschwand das Eidolon ihres Bruders mit einem fast spürbaren, beinahe hörbaren Floppi Sie zitterte. Nach einigen Augenblicken des Übelseins, das nichts mit ihrer inzwischen gewohnten morgendlichen Übelkeit zu tun hatte, begann sie zu weinen. Wo vorher die Liebe zu ihrem Bruder gewesen war, empfand sie nun bloß noch schmerzliche Leere. Den Knaben, den sie einst kannte, hatte sie nicht zu lieben aufgehört; ihn jedoch gab es nicht mehr. Wer es auch sein mochte, der in dem Kristall stak, es war nicht ihr Bruder. Nicht mehr.
     
    14 Dil Jorpashil. — Korimenei machte dort Halt, um Tee und Reiseverpflegung zu kaufen und die Stadt zu besichtigen, fand besondere Freude am Markt, an seinem Wirrwarr von Farben und Gerüchen; er rief bei ihr Erinnerungen an den Markt in Silili wach, die sie in eine Stimmung süßen Schwermuts versetzten. Ihre Zeit an der Schule kam ihr bereits vor, als hätte sie in ferner Vergangenheit jemand anderes durchlebt, hatten in ihrem Gedächtnis schon das Rosarot von etwas Verklärtem

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