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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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angenommen, an das man voller Sehnsucht zurückdachte.
    Am Tag ihrer Abreise aus Dil Jorpashil sah sie, während sie an einer Anlegestelle der Fähren stand und die Vorbeifahrt eines Flußboots abwartete, an der Reling des Schiffs eine Frau lehnen und zur Stadt hinüberschauen, eine Witwe in schwarzer Gewandung und einem kleinen m'jardinischen Pagen zur Seite. Die Seelentrinkerin, dachte Korimenei verdutzt. Was sie wohl hier macht? Sie wußte selbst nicht, woran sie erkannte, wer die Frau war — sie hatte schwarzes Haar und ein vollkommen anderes Gesicht —, aber sie erkannte sie dennoch unzweifelhaft. Sie blickte dem Flußschiff nach, wie es sich entfernte, und befand, daß sie die Gegenwart dieser Frau überall spüren würde, ganz gleich, welche Gestalt, welche Gesichtszüge sie sich zulegte. Die Seelentrinkerin. Hmm.
    Der Fährmann holte mittels der Winde das Führungsseil aus dem Wasser, läutete seine Glocke. Zusammen mit einigen lärmerischen Steppenbewohnern aus dem Süden, die sich nach einem geschäftigen Tag in der Stadt auf den Rückweg begaben, führte Kori ihre Pferde auf das flache Fährboot. Sie stellte sich zwischen die beiden Tiere, versuchte die Nomaden nicht weiter zu beachten; es waren junge, geile Burschen, wie sie sich vor allem, wenn sie zu mehreren auftraten, ziemlich überdreht benahmen und leicht dazu neigten, eine einzelne Frau als willkommenes Opfer ihrer Gelüste zu betrachten.
    Als die Fähre das andere Ufer erreicht hatte, ließ Kori die Kerle vorausreiten. Sobald sie an Land ging, lauerten sie schon auf sie. Kori veränderte ihr Äußeres, war plötzlich zwölf Fuß groß, strotzte von einzigartig häßlichen Warzen und hatte Hauer, die sich bis hinab unters Kinn bogen. Die Lümmel ergriffen unter lautem Schreckensgeschrei die Flucht. Belustigt und mit sich sehr zufrieden führte Kori die Pferdchen zwischen den kurzen Säulen hindurch, die die Fortsetzung der Seidenstraße kennzeichneten, schwang sich in den Sattel und ritt in die Richtung der Dhia Asatas, der Töchter der Sinkenden Sonne, die noch hinter einer dichten grauen Wolkenbank unsichtbar blieben.

IV. Blauer Danny
     
    Nachdem der blaue Danny in ein Komplott von Dirge Arsuidern verwickelt wurde, die ihm Gift einspritzten und ihm befahlen, als Gegenleistung für das Gegenmittel den Großen Talisman Klukesharna herbeizuschaffen, begab er sich gemeinsam mit den vom Arsuider Ystaffel mitgeschickten Helfern (zwei Dieben und einer Kurtisane) an Bord des Flußschiffs Pisgaloy, und auf die Fahrt nach Hennkensikee.
     
    1 Bei Sonnenaufgang des fünften Tages nach der Abfahrt in Dirge Arsuid umrundete das Flußschiff Pisgaloy einen langgestreckten, niedrigen, mit riesigen, tausend Jahre alten Eichen bestandenen Höhenzug und nahm Kurs auf Hennkensikee, das auf einer noch eine halbe Meile entfernten Ansammlung von Inseln im Patinkaya-See lag. Der Sonnenschein schien die Spitzdächer der Stadt zu vergolden, die Mauern verschwammen in all dem Glitzern und Gleißen, wie es das Wasser hell und hart widerspiegelte, als glänzten Schneiden. Die Pisgaloy legte sich in den Ungewissen Wind und durchpflügte den letzten Abschnitt des freien Wassers. Hennkensikee war eine abweisend in die Höhe gebaute Stadt, errichtet aus roten Ziegeln, die vor Zeitaltern aus dem Lehm an den Nordufern des Sees geformt worden waren; die Öfen, in denen man sie damals brannte, hatte man nach getanem Werk aufgegeben, sie bildeten heute im benachbarten Gelände Gruben, aus deren Rändern durch Dornengestrüpp und Nesseln zersplitterte Balken aufragten; in ihrer Umgebung suchten die Stadthexen vorzugsweise nach Kräutern, weil sie die zehnfache Wirkungskraft andernorts gefundener Kräuter besaßen. In jenen Tagen, als in den Brennöfen noch die Feuer brausten, packte die Göttin Coquoquin eigenhändig an, nahm die Ziegel und mauerte Hennkensikees Wälle, den hohen Ringwall und die Spitztürme an deren Innenseiten, schichtete die Lagen zu einem höchst verwickelten, vielfältig wechselnden Gesamtmuster auf, das den Eindruck erweckte, auf den Mauerflächen fände ein aufs feinste abgestimmter Tanz verschiedener Einzelmuster statt, unkenntlich aus größerer Entfernung, aber aus geringerem Abstand ein Genuß fürs Auge und auch für die Fingerspitzen. Die Göttin hatte eine Stadt der Feinheiten erbaut und ihrem Schutz unterstellt, mit Springbrünnlein in versteckten Innenhöfen, die man nur durch eine ganze Reihe von Torbogen erspähen konnte, oder nur hörte und nie

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