Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Absicht.«
»Absicht? Erforscht ihr die Herzen der Menschen?«
»Das ist überflüssig. Du bist hier. Deine Angewohnheiten sind bekannt. Du bist schuldig. Bekennst du deine Schuld?«
»Wie kann ich etwas bekennen, das ich weder in Gedanken beabsichtigt noch tatsächlich getan habe? Kann ich die Verbrechen eines fremden Menschen bekennen?«
»Er ist verstockt, Brüder. Er hält an seinen verwerflichen Vorhaben fest. Ich bin der Ansicht, ein weiteres Verhör hat keinen Sinn. Wie lautet eure Entscheidung?«
»Schuldig«, psalmodierte der Mann ganz links.
»Schuldig.« — »Schuldig.« — »Schuldig.« Die rangniedrigeren Richter erteilten ihren Bescheid als Flüstern, Fisteln und dumpfes Quarren.
»Auch ich sage: Schuldig. D'wab-ser, löse den Käfig auf und bring den Schuldigen vor uns.«
Der Blaue Danny stellte sich aufs Handeln ein, machte sich auf Aktion gefaßt, als er spürte, wie sich die innere Beschaffenheit des Käfigs änderte. Er beobachtete, wie der Zauberer seinen Stab anders packte, sah die ins Holz eingelegten Silberstreifen, die wie mondhelles Wasser von oben bis unten verliefen, zu schimmern anfingen. Er bemerkte Bewegung im Schatten unter der Kapuze, Regungen der Lippen, hörte aber keine Äußerungen. Rings um Danny zerschmolz der Käfig. Er richtete sich auf. Während er mit der freien Hand umständliche, komplizierte, verdrehte Gebärden vollführte, kam D'wab-ser Braspa Pawbool die Stufen der Empore herab.
Danny wartete, bereit zur Abwehr, falls ihm die richtigen Maßnahmen einfielen, achtete auf den Moment, da der Mann in das Pentagramm treten würde, rechnete dann mit einer Attacke, hielt sich in Bereitschaft, um seinerseits den Stein unter Pawbools Füßen, die Luft rund um ihn, in eine Falle zu verwandeln, lauerte ...
Kein Angriff erfolgte.
Braspa Pawbool schwenkte einfach einen Arm über die Linien, löschte das Pentagramm. »Komm«, sagte er, »benimm dich nicht töricht! Komm!« Er packte Danny oberhalb des Handgelenks am Arm, zerrte daran. »Stelle dich dem Urteil wie ein Mann, nicht wie ein Kind.«
Verdutzt trat Danny einen Schritt auf ihn zu. Pawpool wechselte seinen Griff. *Zurück*, kreischte das Ahzurdan-Phasma, *weich zurück .. .!*
Die Warnung erfolgte zu spät. Der Blaue Danny spürte zwei Einstiche der doppelten Nadel des Rings an Pawbools Mittelfinger. Sein Handgelenk fing zu brennen an. Er wollte seinen Arm losreißen, doch Pawbool tippte ihm mit der Spitze des Stabs auf die Schulter; der Arm erschlaffte. »Was ... was hast du ...«
»Es braucht dich nicht zu beunruhigen. Der Zweck ist lediglich deine Bändigung. Komm mit!«
Pawbool nahm die Hand fort. Die Nadeln verschwanden aus Dannys Haut, das Brennen ließ nach, bis er es nicht mehr spürte. Nur ganz allmählich kehrten die Kräfte in den erlahmten Arm zurück. Er folgte Pawbool. Durch eine Berührung mit dem Stab hielt der Zauberer ihn auf, sobald er vor dem Prenn Ysran stand. Danny massierte sich das Handgelenk; er merkte, wie das Gift zu wirken anfing. Ein angenehmes Wohlgefühl breitete sich im Körper aus; Lethargie befiel ihn, er hatte weder Lust zum Denken noch zu irgendwelchen Taten.
Der Prenn Ysran wartete, bis Braspa Ysran die Stufen wieder erstiegen und seinen Platz neben dem äußersten rechten Stuhl eingenommen hatte; dann beugte er sich vor, bis das Licht der drei einzigen Lampen unter der Kapuze sein Kinn und die Nase sichtbar machten. »Der D'wab-ser hat dich getäuscht«, erklärte er. »Du trägst den Tod in dir, aber es ist nicht vonnöten, daß du stirbst.« Er sprach schnell und nervös; seine mit dicken Handschuhen bekleideten Fäuste umklammerten die Armlehnen des Stuhls. »Es gibt einen Weg, Angeklagter, wie du deine Schuld tilgen kannst. Wir haben ein Gegenmittel. Du vermagst es dir zu verdienen. Wird es dir innerhalb der nächsten vier Monate verabreicht, ist deine Rettung gewiß. Sonst mußt du nach Ablauf der Frist sterben.« Er räusperte sich, eine Kapuze rutschte von Seite zu Seite, als er den Kopf hin- und herbewegte, als sähe er nach irgend etwas, das er fürchtete: »Wie lautet deine Antwort?«
»Was soll ich tun?«
»Gib uns deine Zusicherung, Angeklagter. Gib uns dein Wort, daß du die Aufgabe verrichtest.« Wieder ruckte der Kopf von der einen zur anderen Seite, verrutschte gleichzeitig die Kapuze.
Danny überlegte; die ganze Angelegenheit behagte ihm nicht im geringsten, aber ihm blieb wohl kaum eine Wahl. »Wenn's mir möglich ist, will ich die Aufgabe
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