Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Sternenschiff gefunden. Alles in allem war es wenig Geld, doch mochte es ausreichen, um ihn durchzubringen, bis er eine Möglichkeit sah, wie sich neue Einkünfte verschaffen ließen
— wenn er damit nicht zu lange wartete. Er trat durch die Tür.
Dahinter lag eine kleine, verqualmte Räumlichkeit, erhellt durch eine Anzahl verrußter Lampen. Hinter einer Ecke führte eine Treppe nach oben, verschwand in Schatten, so rußig wie die Lampen; im Winkel gegenüber stand ein L-förmiger Schalter, der dem Jugendlichen, der hinterm Tisch ein Nickerchen machte, kaum genug Platz bot. Danny weckte ihn, bewog ihn dazu, ihm ein Zimmer zu vermieten, suchte es auf und begann über die Lage nachzudenken. Mitten im Nachdenken schlief er ein.
10 Er erwachte, schrak so schlagartig aus dem Schlaf, daß er, als er sich verwirrt aufsetzte, mit dem Kopf gegen etwas Hartes und Kaltes stieß. Er fluchte, bewegte sich daraufhin vorsichtiger. Er befand sich in einem steinernen Käfig, dem Aussehen nach aus Granit gefertigt, einem viereckigen, schweren, häßlichen Behältnis, das in einem Kuppelsaal ohne sichtbare Fenster oder Türen inmitten eines Pentagramms stand. Außer ihm war niemand anwesend. Er betastete den Stein, der keinen einzigen Spalt aufwies, nicht einmal an Verbindungsstellen. »Das Ding hat keine Klappe, wie hat man uns bloß reingesteckt?«
*C'vee mir*, antwortete das Ahzurdan-Phasma mit einem Anklang distanzierter Bewunderung in seiner insektenartigen Stimme.
Danny empfand flüchtige Belustigung, auf die Ahzurdans Entgegnung wohl auch abgezielt hatte. »Was ist das?« erkundigte er sich laut.
*Käfig. Geeignet zum Einsperren von Magiebegabten. Leuten wie uns.*
»Du meinst, es ist sinnlos, sich mit 'm Ausbruchsversuch abzuplagen?«
*Vollkommen sinnlos.*
»Was ist denn eigentlich los?«
*Ich erwarte, wir werden's bald erfahren.*
»Du weißt es nicht?«
*So wie Lio Laux habe ich diese Stadt immer gemieden. Ich hatte keine Veranlassung zu einem Besuch. Wanderzauberer sind hier nicht willkommen, ganz gleich, wie hoch ihr Rang sein mag.*
»Willkommen ist hier offenbar überhaupt niemand. Gibt's irgendein Gesetz gegen unerwünschte Zauberer?«
*Nicht daß ich eins wüßte.*
»Bei den Göttern, ich bin ja noch gar nicht so lang in der Stadt, daß ich irgendwelche Vorschriften ernsthaft verletzt haben könnte. Was soll ich denn angestellt haben? In den Kanal gespuckt, oder was?«
* Irgend etwas wird man gegen uns anzuführen haben. Wenn nicht Arfon selbst es verwirft.*
»Ich glaube, darauf sollten wir uns nicht verlassen. Ist der Käfig aus Stein gehauen oder magisch erschaffen worden?«
*Du willst wissen, ob ich ihn zerstören kann?*
»Ja.«
*Ich kann's nicht. Du kannst es.*
»Tolle Aussichten.« Beide Halbväter Dannys hatten das, was es in ihrer neuen Existenzweise zu wissen galt, so leicht wie andere Menschen das Atemholen gelernt; der Blaue Danny hatte angenommen, es sei ihm möglich, sich ähnlich mühelos Ahzurdans Zauberkünste anzueignen. Schließlich brauchte er nicht von der Pike auf zu lernen, sondern nur die Worte und Gesten seiner veränderten Psyche anzupassen. Allerdings stand er vor zwei Problemen. Erstens hatte er bisher nicht die erforderliche Zeit zur Verfügung gehabt; während der vergangenen zehn Jahre hatte er in einem künstlich ausgelösten Koma gelegen. Zweitens stellten sich Daniel Akamarinos eingefleischte Zweifel an aller Magie als starkes Hemmnis heraus. Kurzum, er entdeckte den Wahrheitsgehalt des Aphorismus: Zauberei erfordert
Willen, und rechter Wille setzt Glaube voraus. In den ersten Monaten nach dem Kampf mit Settsimaksimin, hatte Danny, während er im Sternenschiff-Leib des Angeketteten Gottes festsaß, härter gearbeitet — bevor der Gott ihn bei seiner Aufsässigkeit erwischte —, als er sich entsinnen konnte, je in einem seiner vorherigen Leben gearbeitet zu haben, sich abgemüht, um das gesamte Spektrum von Wort, Bild und Gestik anwendungsgerecht für seine neue Persönlichkeit abzuwandeln, doch war es wie ein Anrennen gegen Windmühlen, sich mit dem Widerstand des Daniel-Phasmas auseinanderzusetzen, dessen unbewußter Ablehnung — und der Mißgunst des Ahzurdan-Phasmas. Danny erlangte eine gewisse Beherrschung der Magie und damit auch wieder einige Zuversicht, blieb jedoch auf frustrierende Weise zum Hin- und Herbewegen zwischen den Realitäten außerstande, sein Halbvater Ahzurdan klammerte sich, wie immateriell er auch geworden war, hartnäckig an speziell diese
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