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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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gehen«, sagte der Einbeinige. »Und du musst kämpfen für ein Volk, das nicht das deine ist. Deshalb bitte ich dich, immer daran zu denken, wer du bist und dass wir dein Volk sind. Du darfst niemals vergessen, dass du einer von uns bist. Denn wenn du das tust, verlierst du dich selbst.«
    Turvi drehte sich um. Bran sah ihm nach, wie er die anderen stehen ließ und in Richtung Lager davonhumpelte. Das Felsenvolk schwieg lange, und Bran sah zu Boden, denn er vermochte ihnen nicht in die Augen zu sehen. Bald darauf verstummten die Glocken. Bran warf einen Blick über die Schulter. Die letzten Tirganer gingen über die Landgänge an Bord der Schiffe. Einige von ihnen drehten sich noch einmal um und grüßten mit flachen Händen. Auch jetzt konnte er sie nirgends erblicken.
    »Ja, ja…« Hagdar räusperte sich. »Es ist wohl an der Zeit zu gehen.«
    Der große Mann ging langsam zum Kai und hob ein Lederbündel an, das von einer Tonne verdeckt an der Mauer gelehnt hatte. Das Leder war um einen Speer gewickelt, und unter der Verschnürung hingen ein Bogen und ein Pfeilköcher.
    »Ja, wir können unseren Häuptling doch nicht alleine gehen lassen?« Hagdar klemmte sich das Bündel unter den Arm und zwinkerte den entgeisterten Gesichtern zu. Nur Linvi stand noch immer regungslos da und umarmte ihre drei Söhne, einer einen Kopf größer als der nächste.
    »Bran«, sagte sie. »Ich kann meinem Mann ja viel sagen, aber das konnte ich ihm nicht ausreden. Also versprich mir, dass du auf ihn aufpasst.« Sie trat zu dem großen Mann vor, zupfte sein Hemd zurecht und strich seine widerspenstigen Bartspitzen nach unten. »Ich will dich in einem Stück zurück und ohne Schnitte und Narben! Hast du das gehört, Hagdar!«
    Hagdar legte den linken Arm um sie, hob sie hoch, gab ihr einen Kuss und setzte sie wieder auf den Boden. Danach strich er seinen drei Söhnen durch die Haare. Er zwinkerte ihnen zu und flüsterte etwas, das Bran nicht verstehen konnte. Dann ging er langsam auf Bran zu, nahm ihn am Arm und zog ihn mit sich fort.
    »Komm Häuptling, wir müssen wieder auf See!«
     
    Bran ging mit ihm zusammen an den Schiffen entlang. Hagdar sollte Häuptling sein, dachte er. Er hatte nicht einmal Angst davor, für ein fremdes Volk in den Krieg zu ziehen.
    »Ich habe gestern Abend mit Visikal gesprochen.« Hagdar sah zu den Schiffen empor, während er sprach. »Er hat nichts gegen einen weiteren Krieger. Ich soll auf dem gleichen Schiff sein wie du. Das ist hier drüben…«
    »Ich weiß, wo das Schiff ist.« Bran konnte die Krieger an Bord des zwölften Schiffes erkennen. »Es ist das mit der gelben Flagge.«
    Sie gingen rasch an den Schiffen entlang. Die ersten Leinen wurden bereits gelöst. Die Landgänge wurden an Land gezogen, und Ruder schoben sich aus den Löchern in den Schiffsflanken. Sie schabten über die Kaimauer, fanden Halt an kleinen Vorsprüngen und begannen die Langschiffe vom Land abzustoßen.
    Die Händler standen an Deck des verankerten Zweimasters und winkten dem ersten Langschiff zum Abschied zu, als es vorbeifuhr.
    Bald darauf erreichten Bran und Hagdar das zwölfte Langschiff; es war das Einzige, dessen Landgang noch nicht heruntergezogen war.
    »Sie warten auf uns.« Hagdar sprang auf die Planke und reichte Bran die Hand. Doch Bran wandte sich von ihm ab. Er musste sie sehen. Sie konnte ihn nicht einfach so gehen lassen, ohne dass er all das gesagt hatte, für das er keine Worte hatte. Doch er konnte sie bei den Frauen und Kindern nicht erkennen, und auch bei den Männern, die zurückblieben, um die Stadt zu bewachen, sah er sie nicht. Sie war jetzt ein Traum für ihn. Wie die Geister, die im Nebel der Nacht tanzen, war sie mit Anbruch des Tages verschwunden.
    »Komm, Bran! Die Leinen werden gelöst!« Hagdar schrie ihm vom Deck aus zu.
    Ein Taubündel landete direkt neben seinen Füßen. Er senkte den Kopf und stieg den Landgang empor.
    Da sah er sie. Sie kam von Osten her an den Schiffen entlang. Der Wind umspielte mit dem Kleid ihre Arme, und so wie sie auf ihn zukam, schien er beinahe ihre Schritte zu spüren und ihr Haar, das über ihre Stirn flatterte. Eine Locke blieb in ihrem Augenwinkel hängen, und als sie sie mit der Hand wegstrich, fühlte er ihre weichen Haare zwischen seinen Fingern. Sie hatte den Kopf hoch erhoben, wie ein Jäger, der mit seiner Beute nach Hause kommt.
    Am Achterende des Schiffes blieb sie stehen. Dort konnte der Wind sie nicht finden, und ihre Haare fielen ihr ins Gesicht.

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