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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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verbracht hatte. Sogar Hagdar hatte das begriffen. »Sie haben bestimmt ein leeres Kornlager oder einen Stall gefunden«, hatte der große Mann gesagt, als sie nach dem Fest vom Hafen zurück nach Hause gingen.
    Turvi hielt diesen Gedanken eine Weile fest, denn zum ersten Mal hatte er das Zeltlager als ein Zuhause betrachtet.
    »Da ist er!«, rief Dielan und hob Konvai über den Kopf.
    Sie drehten sich zu der Straße um, die zum Turm führte. Und dort sahen sie die langen braunen Haare zwischen all den blonden Köpfen. Turvi suchte mit den Augen die Menschenmenge im Hafen ab. Er hatte nicht gesehen, dass Tir auf dem gleichen Weg herabgekommen war, aber er erinnerte sich an seine Jugend und daran, wie wichtig es damals gewesen war, so etwas geheim zu halten. Sie ist sicher über eine Nebenstraße nach unten gegangen, dachte er und sah an den Hauswänden entlang. Und da, gleich neben einem Stapel Tonnen, erkannte er ihre schmale Gestalt. Es erschien ihm so, als habe sie jetzt eine ganz andere Ausstrahlung. Sie hatte fast nichts mehr mit der Frau gemeinsam, die er am Abend zuvor hinter all den tanzenden Menschen erblickt hatte, der Frau, der alle aus dem Weg gegangen waren. Auch jetzt stand sie für sich selbst, aber es lag etwas in ihren Augen und in der Art, wie sie ihren Schal hielt. Turvi wusste auch, dass es ihn immer so schnell berührte, wenn sich zwei junge Menschen fanden.
     
    Bran ging in die Mitte der Straße. Er hatte das Felsenvolk erblickt, als er aus dem Turm getreten war, doch er hatte ihnen nicht zugewunken. Er wusste nicht warum, aber es erschien ihm nicht richtig. Denn er spürte etwas, als er sich dem Hafen näherte. Er sah zu den bewaffneten Männern hinunter, den Frauen und Kindern. Er sah die Schiffe hinter ihnen; sie waren mit all der Takelage und den Segeln, die probehalber gehisst wurden, so lebendig. Noch immer wehte der Wind von der See, und er nahm den Geruch von Meer und Regenschauern wahr, von Wind und fremden Ländern. Doch das Stärkste war die Wolke des Abschiedes, die über dem Hafen lag. Sie lockte ihn mit all ihrem Sehnen und versprach Krieg und Tod.
    Tir konnte er nirgends sehen, aber er wusste, dass sie zur Stelle sein würde, ehe sie die Leinen lösten. Denn er musste gehen. Er konnte nicht, er wagte es nicht, jetzt umzukehren.
    Als er das Ende der Straße erreichte und in den Hafen trat, winkte Dielan ihm zu. Bran winkte zurück und ging soschnell wie möglich auf sie zu.
    »Bran!« Dielan reichte Konvai zu Gwen hinüber und kam ihm entgegen. »Wo bist du gewesen? Wir haben auf dich gewartet!«
    Bran fasste den Bruder am Arm und ging mit ihm zu den anderen zurück. Er wusste nicht, was er sagen sollten, doch Hagdar klopfte ihm auf den Rücken und sagte, was gesagt werden musste.
    »Ich weiß schon, was du getrieben hast.« Der große Mann lächelte breit. »Wie ich sehe, hat Tir nicht Nein gesagt.«
    Hagdar wandte sich an die anderen, nahm Bran in den Arm und lachte. Nur noch Velar, Nosser und ein paar der anderen hielten sich in diesem Moment zurück, während der Rest ihm auf die Schulter klopfte und ihn umarmte. Schließlich trat Turvi vor. Er hob die Hände über den Kopf.
    »Ruhe!«, rief er. »Es ist gut, dass Bran eine Frau gefunden hat, doch jetzt gibt es wichtigere Dinge, über die wir reden müssen! Seht euch um, Freunde!« Er stützte sich auf Dielan und zeigte mit seiner Krücke zu den Langschiffen und den Tirganern hinüber. »Seht, es wird Zeit für den Abschied!«
    Bran sah, wie das Lächeln von ihren Gesichtern wich. Die Frauen drückten die Kinder an sich und schlugen ihre Umhänge um sie. Jetzt begannen die Glocken erneut zu läuten. Tirgas Männer, die bislang bei ihren Familien gestanden hatten, schulterten ihre Seesäcke und ließen sie stehen. Die Frauen fuhren sich mit den Handrücken über die Augen. Irgendwo schrie ein Säugling. Wieder bemächtigte sich diese schmerzhafte Sehnsucht seiner. Wo war sie? Er musste sie sehen, bevor er fuhr.
    »Bruder.« Dielan sprach ihn an. »Du musst mir etwas versprechen.«
    Bran drehte den Schiffen den Rücken zu. Er nahm die Hand seines Bruders und hielt sie fest, während Dielan sprach:
    »Du bist mein Bruder. Wenn du blutest, ist es mein Blut, das auf das Schlachtfeld tropft. Also versprich mir, dass du nicht getötet wirst!«
    Bran nickte. »Ich verspreche es. Ich werde lebend zurückkehren.« Er hielt Dielans Hand noch eine Weile fest, bevor dieser zu Gwen zurücktrat. Da hinkte Turvi nach vorne.
    »Du musst jetzt

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