Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
Vom Netzwerk:
hätten wir einander töten können. Doch der Königssohn wollte den Zweikampf, und die Aardmänner, diese Ratten, warfen mich über Bord.«
    »Du hast mir geholfen.« Bran legte seine Hand auf die Narbe am Hals. Sie bewegte sich wie eine Schlange, wenn er sprach. »Für mich und mein Volk bist du deshalb ein Freund. Das habe ich schon als Junge gelernt.«
    »Aber wer ist dein Volk jetzt?« Nangor riss die Augen auf und zeigte auf die Männer am Feuer. »Sind das die Männer und Frauen, die dich zum Häuptling gewählt haben, oder die Tirganer, die dich zum Tileder machten? Rechne nicht damit, dass die Krieger, die dort vorne sitzen und ihre Pfeile schleifen, die gleichen Gedanken über Freunde und Feinde haben wie du. Sie sind Krieger, Eroberer. Sie kämpfen nicht um Korn oder Jagdgründe, sondern für die Ehre!«
    Bran fasste sich an die schmerzende Stirn. »Ich… ich räche Tir.«
    Nangor sah zu Boden. »Wir haben die Aardmänner bereits getötet. Die Krieger, denen wir jetzt gegenüberstehen werden, haben nichts damit zu tun. Deshalb sage ich ja, dass wir Söldner sind, du und ich. Wir kämpfen für ein fremdes Volk. Du bekommst eine Frau und ich bekomme Gold.«
    Bran stand auf. Die Übelkeit klomm in seiner Brust empor.
    »Und das mit der Sklavin… das hat mich gequält.« Nangor fasste sich wieder in den Nacken. »Sie war eine von vielen, und ich war nur… ich habe nur getan, um was sie mich gebeten haben. Alles, was ich wollte, war mein eigenes Schiff wiederzubekommen, damit ich davonsegeln und frei sein konnte. Ich wollte nicht, dass sie ihr etwas taten. Das musst du verstehen.«
    Worte, dachte Bran. So schrecklich viele Worte. Er taumelte zur Leiter und stolperte zwischen die Katzenbrüder. Sie sagten etwas zu ihm, doch er hörte es nicht. Er krabbelte an Deck, beugte sich über die Reling und erbrach sich.
     
    Es kam ihm so vor, als ob er eine Ewigkeit zwischen den Bronzeschilden gehangen hätte. Übelkeit rumorte in seinem Magen und der Speichel rann ihm von den Lippen. Als er sich endlich beruhigte, sackte er auf die Decksplanken, rollte sich auf den Rücken und atmete tief und lange. Hinter ihm amüsierten sich ein paar Männer und warfen ihm Bemerkungen über Landratten und Seekrankheit zu. Bran ließ sie lachen, denn diese plötzliche Übelkeit war nicht wie die Seekrankheit, die er bisher erlebt hatte. Es war härter, und noch immer kribbelte es in seinem ganzen Körper.
    Während er dalag, spürte er einen Hauch auf dem Gesicht. Es war ein Luftzug, ein Geruch, so schwach, dass er kaum wahrzunehmen war. Es war Wärme, salzige Wärme, die er roch. Es waren Menschen.
    Er stand auf. Das Schneetreiben war nicht mehr so dicht.
    Als das Langschiff aus den Schneewolken heraustrieb, sahen sie es alle. Das glatte Meer und die lange Reihe der Masten und Bootskörper. Wie Spinnenbeine peitschten die zweireihigen Ruder das Wasser, und die Buge der Schiffe waren weiß von Schnee und aufspritzendem Wasser.
    »Schiffe! Vandarsche Schiffe!« Die Rufe hallten über die Langschiffe. »Macht die Pfeile klar! An Deck, Männer!«
    Bran stand wie festgenagelt an Deck. Es waren so viele! Konnten es mehr sein als die Schiffe der Arer?
    »Sie müssen gewusst haben, dass wir kommen.« Visikal marschierte mit seiner Bronzeaxt in der Faust an ihm vorbei. »Gib deine Befehle, Tileder! Sie sind bald in Reichweite.«
    Die Männer kletterten durch die Luke nach oben. Bran sah sie die Bogen spannen und die Köcher am Gürtel befestigen.
    »Meine Männer verteidigen den Bug.« Kengber ging über das Deck, brüllte die Krieger an und lehnte sich über die Reling. »Verdammte Sklaventreiber. Sie müssen von dem Angriff auf Aard gehört haben.«
    »Aber wie…« Virga ließ seinen Pfeilköcher aufs Deck fallen, kniete nieder und sprach mit dünner Stimme, während er seine Pfeile einsammelte. »Wie konnten die wissen, dass wir kommen?«
    »Dieses Schiff, das an uns vorbeigefahren ist, war wohl doch kein Handelsschiff.« Tarba benetzte die Fingerspitzen und zwirbelte seinen Schnurrbart, während er der heranpflügenden Flotte aus Vandar entgegenstarrte. »Sie müssen eine Taube geschickt haben, nachdem sie uns gesehen haben.«
    »So viele…« Bran gelang es nicht, seinen Blick von den geteerten Schiffsrümpfen loszureißen. Er konnte sie jetzt hören: das Rufen der Männer, das Klirren von Pfeilen und Schwertern und das Jammern des Meeres unter den zahllosen Bugen.
    »Tileder!« Visikal packte Bran an der Schulter und schüttelte ihn

Weitere Kostenlose Bücher