Brans Reise
Schwertern in ihren breiten Gürteln. Der schwache Wind spielte mit ihren Umhängen. Die bärtigen Köpfe zeichneten sich vor dem Himmel ab, und Bran sah, dass mit der Nacht Wolken vom Meer aufs Land gezogen waren. Sie hatten die Farbe schmutziger Leinensäcke, und er wusste, was das bedeutete. Er schlenderte auf den Platz, ging vorsichtig zwischen den betrunkenen Männern hindurch, vorbei an den Frauen, die ihn mit ihren bemalten Gesichtern anlachten, und stieg dann weiter die gepflasterte Straße empor. Als er die Treppen erklommen hatte und die Tempelgebäude vor ihm lagen, wandte er sich dem Meer zu. Dieses stille Geräusch, das nur der Winter erzeugen kann, sank wie eine Decke aus Frost über die Burg. Die Nacht, die über den Mauern lag, war nicht mehr schwarz. Sterne fielen vom Himmelszelt. Es schneite.
Es schneite heftig in dieser Nacht. Als die Hähne mühsam die Dachfirste erklommen und krähten, waren die Straßen, die Dächer und die Brustwehr bereits von einer Handbreit Schnee bedeckt. Die Wachen auf den Mauern atmeten weiß, und die Old-Myrer, die auf dem Platz außerhalb und innerhalb der Mauern wild durcheinander lagen, klagten lauthals unter ihren Pelzen.
Bald stiegen Rauchsäulen aus den Dachluken. Männer husteten, Säuglinge schrien. Türen knirschten und die ersten Frauen traten auf die Straße. Sie wickelten sich fröstelnd die Schals um den Hals, gingen in die Ställe und Verschläge und holten Eier oder Getreide aus den Säcken des Winterlagers. Dann stapften sie durch den Schnee zurück und verschwanden wieder in den Häusern.
Die Wolken verdeckten die Sonne, und der kalte Nebel, der vom Meer heraufzog, verhüllte die Mauern. Die Stille senkte sich noch einmal kurz über die Burg, als die Tirganer und Arborger ihre Grütze aßen, die Seesäcke packten und ihre Winterkleidung anzogen. Die Old-Myrer auf dem Grasplatz bürsteten den Schnee von den Pferden und legten ihre Pelzmäntel über die Tiere. Sie schlugen die Flintsteine gegen ihre Messer, entzündeten Zweige und trockenen Torf und stopften Fleisch und Brot in sich hinein.
Dann traten die Skerge aus der Tür. Sie marschierten zwischen den Sälen hindurch, und die Wachen auf den Mauern bliesen in ihre Hörner. Die Zeit für den Krieg war gekommen.
Die Männer strömten aus den Häusern. Die Tirganer traten aus dem Saal und folgten den anderen zum Tor. Die lange Reihe wurde lauthals von den Kriegern gegrüßt, die zurückblieben, um die Burg zu bewachen. Frauen, Kinder und Alte kletterten auf die Hausdächer und ließen sie hochleben, und die Flötenspieler rappelten sich in der Ecke auf, in der sie geschlafen hatten, und bliesen falsche Töne aus ihren Knochenpfeifen.
Vor dem Tor rollten die Old-Myrer ihre Felldecken zusammen. Sie traten die Feuer aus, sammelten Töpfe, Pfeilköcher und Fleischsäckchen zusammen und verschnürten all ihr Hab und Gut auf dem Rücken der Pferde. Dann saßen sie auf, hoben ihre Lanzen und ritten zum Fuß des Hügels, wo sie eine lange Reihe bildeten.
Sowohl die Arborger als auch die Tirganer hatten ihre Heere in Zehnergruppen aufgeteilt. Jeder Mann hatte seinen Tileder und sein Schiff. Alle wussten, dass sie nach unten zu den Schiffen zu gehen und ihren Platz unter Deck einzunehmen hatten, wenn die Hörner erklangen. Sie folgten dem Pfad bis zum Beginn des Nebels, drehten sich um und winkten den ihren noch einmal zu, ehe sie im Nebelmeer verschwanden. Die Old-Myrer folgten Katga und Gebrochene Lanze im Galopp über die schneebedeckten Hügel.
Langsam schloss sich das Tor. Vom Strand hallten die Geräusche von Schiffsrümpfen, die über Sand kratzten, und von eintauchenden Rudern empor.
Erst lange Zeit danach tauchten die Schiffe aus dem Nebel auf. Bran stand am Ruder von Visikals Schiff. Er war allein an Deck, und lange war er wie in seiner eigenen Welt gesegelt. Raunebel waberte über das Deck, als segelte er durch Wolken. Der Nebel hatte alle Geräusche gedämpft, und die Ruderzüge der anderen Schiffe waren nur mehr ein entferntes Flüstern. Visikal hatte in die Richtung gedeutet, die Bran als Nordwesten empfand, und seither hatte Bran nach der Dünung gesteuert. Er schnitt die herankommenden Wellen Steuerbord in spitzem Winkel, denn wie immer kam die Strömung aus den nördlichen Meeren.
Die ersten Eindrücke von Ars Kriegsflotte kamen mit dem Wind. Zu Beginn war es nur ein leichter Hauch im Nebel, und er sah Backbord eine Reihe von Schilden. Dann begann das Fall gegen den Mast zu
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