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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Als sie zu den Vandarfrauen hinüberblickte, sah sie aus wie ein unwilliger, alter Hund. Inien half ihr zur Tür, nahm den Käfig vom Haken und klemmte ihn unter den Arm.
    »Bitte.« Das Mädchen stellte sich neben die alte Frau. »Du hast gesagt, du willst mich mitnehmen.«
    »Geht nach draußen.« Bran öffnete die Tür. Der Wind fegte über den Boden und ließ die Glut in der Feuerstelle auflodern. »Ich komme nach.«
    Sie taten, was er verlangt hatte. Er ging zur Feuerstelle hinüber und schloss seinen Umhang. Dann warf er sich die Decken, Wasserschläuche und Ledersäcke, die Inien ihm gegeben hatte, über den Rücken. Da erblickte er den Bogen. Er hing zusammen mit einem Köcher voller langer Jagdpfeile an der Wand über den Vandarfrauen.
    Er schlich über die Dielen, die aber dennoch bei jedem seiner Schritte knirschten. Die Vandarfrauen lagen nebeneinander an der Wand; grauschwarze Locken und faltige Gesichter ragten aus den Decken heraus. Er musste zwischen sie treten, um an den Bogen zu kommen, denn er hing hoch, als ob ihn Kinder nicht erreichen sollten. Der zahnlose Mund neben seinen Stiefeln gab Laute von sich, die ebenso knirschend klangen wie die Dielen, und einen Augenblick lang dachte er, sie gebe nur vor zu schlafen. Doch die Vandarfrauen schnarchten noch immer, als er zur Tür zurückging.
    Draußen bemerkte er, dass es zu schneien aufgehört hatte. Die Sterne hingen unbegreiflich weiß an dem schwarzen Himmel. Noch immer fegte der Wind über die Ebene, und vereinzelte Wolken jagten wie dünne Eisstreifen am Vollmond vorbei. Zwei Monde, dachte Bran. Zwei Monde waren vergangen, seit er sie verlassen hatte.
    Tigam und Inien warteten im Schutz eines Holzstapels auf ihn. Das Mädchen hatte den Vogel aus dem Käfig genommen. Sie hielt ihn sich an die Lippen, als spräche sie mit ihm.
    Bran band sich den Pfeilköcher an den Gürtel. »Wir müssen ein gutes Stück Weg hinter uns bringen, ehe es hell wird.«
    Inien hielt die Taube in den Wind. »Nis wird nach Westen fliehen«, sagte sie. »Dort gibt es einen Hof. Es wird ihr dort gut gehen, auch wenn sie mich am liebsten mag.«
    »Lass sie jetzt los.« Tigam warf sich den Holzsack über die Schulter. »Der Fremde sagt, dass wir uns beeilen müssen.«
    Inien öffnete ihre Hände. Die Taube flog nicht sofort auf, wie Bran es erwartet hatte. Sie neigte den Kopf zur Seite und sah zu Inien hinunter. Erst als sie die Hände auseinander nahm, flatterte sie mit den Flügeln. Der Wind kam aus Norden, doch der Vogel ließ sich von den Böen nach oben tragen, bis er schließlich umdrehte und nach Westen davonflog.
    Bran trat über die Schneewehe an der Hausecke. Es dauerte eine Weile, bis ihm die Frauen folgten. Als er endlich ihre Schritte im Schnee hörte, blieb er stehen und wartete, bis sie ihn eingeholt hatten.
    »Da ist Osten.« Inien zeigte mit ihrem wollenen Handschuh die Richtung an. »Etwas mehr links.«
    Tigam fasste ihr an den Arm. »Er weiß, wohin er will, Mädchen. Ärgere ihn nicht.«
    »Etwas mehr links.« Bran lächelte vor sich hin. »Richtung Osten, nach Arborg.« Er nahm Tigam den Holzsack vom Rücken und gab ihr seinen Wasserschlauch. Die alte Frau versuchte sich zu wehren, doch er kümmerte sich nicht darum. Er ließ seinen Blick über die windgepeitschten Flächen schweifen. Jetzt zweifelte er nicht mehr daran, dass er nach Hause finden würde. Denn das waren die Weiten Cernunnos’.

Zehn Schiffe nach Cogga
     
    M an sagte in diesem Winter über den Krieg, dass das Leben der Arer wie Sand durch die Finger der Skerge rann. Die Mansarer, dieses uralte Volk, das am Rand der Welt lebte, segelten mit ihren weiß gekalkten Schiffen an der Küste Vandars entlang und stellten sich auf die Seite der Vandarer. Die Skerge wussten von der Verbindung dieser zwei Völker, doch hatten sie nicht erwartet, sie beide im Krieg gegen sich zu haben. Denn die Mansarer, diese groß gewachsenen rothaarigen Menschen, waren von den Vandarern hintergangen und erniedrigt worden. Cogga, die große Insel vor der Küste Vandars, war von jeher Freihafen für Vandarer und Mansarer gewesen. Dann aber in einer Winternacht vor drei Jahrzehnten hatte die vandarsche Bevölkerung die Mansarer getötet und sich deren Häuser und Schiffe angeeignet. Niemals hatte Vandar für diese Untat gebüßt.
    Land, Vieh oder Gold. Das musste der Preis für die Freundschaft der Mansarer gewesen sein, glaubten die Arer – eine Beute, die sie gerne selbst gemacht und mit nach Arborg oder Tirga

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