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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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die Träume von dem vergangenen Krieg bedrohten sie. Unter Deck auf Visikals Schiff war nur ein Mann wach. Bran hatte die Pelze um sich geschlagen und lange dagesessen und auf die Grube gestarrt, in der Hagdar gelegen hatte. Er hatte sich von den Wellen hin und her schaukeln lassen und an all die gedacht, die für immer von ihm gegangen waren, seit er die Felsenburg verlassen hatte.
    Bran lauschte den Wellen, die an den Rumpf schlugen, und dem Kreischen der Ketten. Auch wenn die Deckplanken im Frost knackten, der Winter vermochte keine Eisdecke auf das unruhige Meer zu legen. Der Hafen in Tirga wurde hingegen von der Mole geschützt, und so glaubte er, dass das Wasser dort gefroren sein musste. Er fragte sich, wo sie mit den Langschiffen festmachen sollten.
     
    Als die Sonne durch die Luke schien, schloss er seinen Umhang und kletterte an Deck. Ein Mann mit wollenem Hemd und Hut saß auf einem Stein, der am Beginn des Pfades lag. Als er Bran erblickte, stand er auf. Bran sprang in den nassen Sand hinunter und grüßte ihn. Der Mann sagte ihm, er sei gekommen, um ihn zu dem Schiff zu bringen, an dem Rian wartete.
    Der Arborger führte ihn zur Südseite der Burg. Sie gingen weiter bis zu dem Platz vor dem Tor und bogen dann nach links ab und folgten der Mauer. Der Weg führte an der Westmauer entlang und fiel dann in Richtung Abhang ab. Er schien direkt in den Abgrund zu führen, doch der Arborger winkte ihm zu. Als Bran den Felsvorsprung erreichte, entdeckte er eine breite Treppe in der Felswand. Sie erinnerte ihn an die Felsenburg, wenn man einmal von den Schiffen absah, die unten Rumpf an Rumpf auf dem Sand lagen. Die Felsen machten hier Platz für eine weite Bucht. Sie sah aus wie ein Kessel, und die einzige Öffnung zum Meer war eine schmale Kluft an der Nordwand.
    Die Schiffe lagen in zwei Reihen nebeneinander. Der Arborger führte ihn zum hintersten Schiff, das achtern im Wasser lag und ein paar Ruderlängen von der Öffnung der Bucht entfernt am Felsen vertäut war. Arborgs Skerge standen an Deck. Eine Strickleiter hing über die Reling, auf die der Arborger deutete. Bran kletterte nach oben und begrüßte die Skerge mit ausgestrecktem Arm, wie er es bei Visikal gesehen hatte.
    »Ich bin Rian«, sagte der Graubart mit der Bronzeaxt. »Und das ist Blutskalles Schiff. Wir geben es dir, denn das war sein Wunsch.«
    Die Skerge senkten den Blick und murmelten in ihre Bärte. Dann räusperte sich Rian und sah zu Bran hinüber. »Segle mit Weisheit, Mut und Liebe. Segle mit Stolz, und es wird dir seine Seele geben und eins mit dir werden.«
    »Ich werde es mit Stolz segeln.« Bran sah zur Mastspitze empor und begriff mit einem Mal, dass er mehr Reichtum besaß als jemals ein Mann des Felsenvolkes zuvor. »Ich werde es mit Weisheit und Mut segeln. Und mit Liebe.«
    »Das ist gut.« Die Skerge traten zur Reling.
    »Und noch eins musst du wissen.« Rian deutete auf den Mast.
    Bran sah die Zeichen, die in Schulterhöhe in den Mast geritzt waren.
    »Es heißt Tigam.«
     
    Am Abend, als die Flut wieder den Fuß der Felsen umspülte, lösten die Tirganer die Langschiffe von den Ketten und ruderten aufs Meer hinaus. Lange bevor Blutskalle zurückgekommen war, hatten sie in der Bucht festgemacht und gewartet. Zuerst auf die zehn Schiffe und dann auf seinen Tod. Seit vielen Tagen schon waren die Männer bereit, in See zu stechen, und jetzt wünschten die Arborger ihnen einen frischen Wind und eine sichere Überfahrt. Männer und Frauen standen dicht an dicht auf den Mauern und Felsen. Sie hielten Fackeln in den Händen, und wieder schallte das Spiel der Sackpfeifen über das Meer.
    Es war ein ungewöhnlicher Anblick, Tirgas Flotte zu dieser Tageszeit ablegen zu sehen, doch da der Himmel den ganzen Tag über wolkenlos gewesen war, hatte Visikal so entschieden. Die Tileder hatten den Befehl erhalten, nach dem Nordstern zu steuern. So würden die Langschiffe weit genug vom Land wegkommen und der westlichen Strömung vor der Küste entgehen, wenn die Ebbe einsetzte.
    Bran stand am Steuerruder und kämpfte damit, das Schiff von den Klippen fern zu halten. Die Männer hatten es soeben aus der Bucht von Arborg gestakt, und gerade, als sie die Öffnung hinter sich hatten, war eine Welle gekommen, die das Schiff an die Felswand gedrückt hatte. Nangor rettete die Schilde und legte ein Taubündel zwischen die Reling und die Felswand. Jetzt stand er im Bug und hielt nach Untiefen Ausschau. Denn flach war es auf dieser Seite der Burg,

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